Pseudoenzyme sind Varianten von Enzymen ohne Enzymaktivität.
Pseudoenzyme enthalten Mutationen, die zu einem Verlust der katalytischen Aktivität führt. Sie kommen in allen Reichen des Lebens vor.[1] Bioinformatischen Genomanalysen lassen vermuten, dass Pseudoenzyme in allen Enzymfamilien vorkommen. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Regulation diverser metabolischer Prozesse, sowie in der Regulation von Signaltransduktionskaskaden.[2][1][3] Die am besten untersuchten und daher bestverstandenen Pseudoenzyme in Bezug auf Struktur und biologische Funktion sind die Pseudokinasen, Pseudoesterasen und Pseudophosphatasen. Etwa 10 % der Proteinkinasen des Menschen und der Mäuse sind Pseudoenzyme.[4] Beim Menschen sind etwa 60 Pseudoproteinkinasen bekannt.[5]
Unterschiede in der Sequenz von Enzymen und deren inaktiven Homologen wurden bereits früh festgestellt und untersucht.[6] Manche der früheren Arbeiten bezeichneten Pseudoenzyme auch als „Prozyme“.[7] Pseudoenzyme wurden in verschiedenen Enzymfamilien gefunden wie etwa Proteasen,[8] Proteinkinasen,[9][10][11][12][13][14] Phosphatasen[15][16] und Ubiquitin-modifizierenden Enzymen.[17][18] Eine Rolle der Pseudoenzyme als sog. „pseudo scaffolds“ wurde ebenfalls diskutiert.[19]
Das Zytomegalievirus verwendet ein Pseudoenzym zur Inaktivierung von RIG-I und somit als Virulenzfaktor.[20]
Typ | Funktion | Beispiele[1] |
---|---|---|
Pseudokinasen | Allosterische Regulation der entsprechenden Proteinkinase | STRADα reguliert LKB1, Raf reguliert JAK1-3 und TYK2 an ihren C-terminalen Tyrosinkinase-Proteindomänen über seine KSR1/2-Domäne |
Pseudokinasen | Allosterische Regulation anderer Enzyme | VRK3 reguliert VHR |
Pseudokinasen | Protein-Protein-Interaktion | MLKL pseudokinase reguliert die Exposition der Vier-Helix-bundle-Proteindomäne und die Bindung von HSP90:Cdc37 |
Pseudokinasen | Gerüstprotein von Signalkomplexen | Tribbles reguliert die Bindung von (C/EBPα) an die E3 Ubiquitin ligase COP1 |
Pseudo-Histidinkinasen | Protein-Protein-Interaktion | Caulobacter sp. DivL bindet phosphoryliertes DivK, wodurch DivL die Kinase CckA im Zellzyklus hemmt |
Pseudophosphatasen | kompetitive Hemmung | EGG-4/EGG-5 reguliert MBK-2, STYX konkurriert mit DUSP4 um Bindung an ERK1/2 |
Pseudophosphatasen | Allosterische Hemmung von Phosphatasen | MTMR13 bindet und aktiviert MTMR2 |
Pseudophosphatasen | Regulation des Proteintransports | STYX bindet ERK1/2 im Zellkern |
Pseudophosphatasen | Regulation von Signalkomplexen | STYX bindet FBXW7 zur Hemmung seiner Bindung an den SCF-Ubiquitinligase-Komplex |
Pseudoproteasen | Allosterische Regulation von Proteasen | cFLIP hemmt Caspase-8 |
Pseudoproteasen | Proteintransport | iRhom-Proteine |
Pseudodeubiquitinasen (pseudoDUB) | Allosterische Regulation der DUB | KIAA0157 bildet einen Komplex mit DUB und BRCC36 |
Pseudoligasen (pseudo-Ubiquitin E2) | Allosterische Regulation der E2-Ligasen | Mms2 bindet Ubc13 und reguliert Bindungen an K63 |
Pseudoenzyme werden als therapeutische Zielstrukturen untersucht.[21][22][5]
Das Feld der Pseudoenzyme ist noch jung. Die erste Konferenz zum Thema Pseudoenzyme fand im Jahre 2016 in Liverpool statt[23] und wurde durch die Biochemical Society gesponsert. Die Konferenz war ein Erfolg, weshalb eine zweite Konferenz im Mai 2018 stattfinden und durch EMBO (European Molecular Biology Organisation) gesponsert wird.[24]