Retinopathia centralis serosa im OCT-Bild – die dunkle pyramidenähnliche Figur in der Bildmitte stellt die Flüssigkeitsansammlung unter der Netzhaut dar, die die Sehgrube anhebt.
Darunter findet sich eine verdickte Aderhaut (abgegrenzt durch weiße Pfeilspitzen).
Klassifikation nach ICD-10
H35.7 Abhebung von Netzhautschichten
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Als Retinopathia centralis serosa (RCS), auch zentrale seröse Netzhautschädigung oder Chorioretinopathia centralis serosa (CRCS), veraltet Morbus Kitahara, wird eine Erkrankung der Netzhaut (Retina) des Auges bezeichnet, bei der sich Flüssigkeit aus den Blutgefäßen der Aderhaut (Choroidea) unter Schichten der Netzhaut ansammelt und sie dadurch örtlich begrenzt vom Pigmentepithel abhebt.

Die im Bereich der zentralen Sehgrube (Fovea centralis) angesammelte seröse Flüssigkeit trennt die Netzhautschicht der lichtempfindlichen Sinneszellen (Sehzellen) von dem sie ernährenden Pigmentepithel und der Aderhaut. Da hierunter die Versorgung der Netzhaut mit Nährstoffen und Sauerstoff, aber auch der Abbau der biochemischen Produkte des Sehzyklus leiden, können die Zapfen ihre Funktion als Photorezeptoren nicht mehr vollständig erfüllen. Dies zeigt sich dem Betroffenen als ein zentraler grau-schwarzer Fleck (Zentralskotom) im Gesichtsfeld. Daneben können Lageverhältnisse der Netzhaut durch die lokale Anhebung so verändert werden, dass Bilder – wie das eines Amsler-Gitters – verzerrt wahrgenommen werden (Metamorphopsie).

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen akuter und chronischer Form der Erkrankung. Eine Spontanheilung wird innerhalb von 4 Monaten bei 68 %, innerhalb von 6 Monaten bei 84 % der Patienten beobachtet. Im Falle einer Chronifizierung ist eine Behandlung mit Medikamenten, verschiedenen Lasertechniken und intravitrealen Injektionen möglich.[1]

Im Unterschied zum früheren Begriff der Retinopathia centralis serosa berücksichtigt der heutige Begriff der Chorioretinopathia centralis serosa die maßgebliche Mitbeteiligung der Aderhaut (Choroidea).[1] Wegen der charakteristischen Aderhautverdickung wird die Chorioretinopathia centralis serosa zum Spektrum der Pachychoroidalen Erkrankungen gezählt, innerhalb dessen sie als Stadium II von vieren eingestuft werden kann.[2]

Epidemiologie

Die Chorioretinopathia centralis serosa tritt mit einer Häufigkeit von 1:10.000 auf. Sie betrifft besonders häufig Männer im jungen und mittleren Alter (30–50 Jahre). Männer erkranken sechsmal häufiger als Frauen. Das Auftreten der Retinopathia centralis serosa steht oft in Zusammenhang mit geistigem oder körperlichem Stress. Die RCS ist die vierthäufigste nichtoperative Netzhauterkrankung.[3] Sie wird gelegentlich als Managerkrankheit des Auges bezeichnet.[4][5]

Symptome

Typische Symptome bei Retinopathia centralis serosa sind[1]:

Die Symptome sind je nach Ausdehnung und Lage der Netzhautanhebung unterschiedlich. Bei einem Leck im Bereich der zentralen Netzhaut (Makula) ergeben sich starke Verzerrungen. Bei Lecks, die außerhalb der Makula auftreten, werden manchmal nur kleine exzentrisch gelegene, schillernd farbige Flecken bzw. Ringe wahrgenommen. Besonders auffällig können diese beim Blinzeln und im Halbdunkel sein, vor Tabellen am Bildschirm und bei der Betrachtung weißer Flächen. Bei der Arbeit mit Tabellen erkennt man auch leicht die Verzerrung von geraden Linien zu Wellen und Verwerfungen. Man hat anfangs meist nur das Gefühl einer leichten Blendung – diese aber ist nur einseitig und vergeht nicht innerhalb von Minuten, wie man das sonst gewöhnt ist.

Risikofaktoren

Da die Chorioretinopathia centralis serosa zu den Pachychoroidalen Erkrankungen gezählt wird[2][6], gelten Faktoren, die die Aderhautdicke erhöhen und die Funktionstüchtigkeit des retinalen Pigmentepithels beeinträchtigen, zu den Ursachen der Erkrankung. Als Risikofaktoren wurden beschrieben[1]:

Diagnostik

Bei der Augenhintergrundspiegelung kann die flache, zentrale Netzhautabhebung gesehen werden. Zusätzlich werden verschiedene bildgebende Untersuchungen durchgeführt, um die Diagnose zu sichern und den Verlauf einschätzen zu können[1]. Hierzu gehören:

Therapie

Die Therapie der Chorioretinopathia centralis serosa unterteilt sich aufgrund der spontanen Heilungstendenz in akute und chronische Formen[1].

Akut

Ab Erstdiagnose gerechnet werden Spontanheilungsraten von 68 % innerhalb von vier Monaten, 84 % innerhalb von 6 Monaten berichtet.[1] Fachgesellschaften empfehlen deshalb, eine Therapie in den meisten Fällen erst nach 4 Monaten einzuleiten[1]. Eine frühere Therapieeinleitung ist allerdings nach Rücksprache mit einem Augenarzt aufgrund persönlicher Umstände, z. B. ausgeprägtem Leidensdruck oder dem Wunsch nach zügiger Abheilung möglich. Eine Ausnahme stellt weiterhin das Vorliegen einer choroidalen Neovaskularisation bei Erstdiagnose dar; in diesem Fall kann eine zügige anti-VEGF Therapie sinnvoll sein.

Bei circa 50 % der Patienten kann ein Wiederauftreten der Erkrankung im Verlauf beobachtet werden. In diesen Fällen, sogenannten Rezidiven, kann eine zügige Therapie sinnvoll sein.

Chronisch

Bei chronischer Retinopathia centralis serosa besteht bisher keine Standardtherapie (Übersicht: Cochrane Review[7]). Allerdings konnte für viele therapeutische Ansätze mittels Medikamenten, Laser und intravitrealen anti-VEGF Injektionen (Ranibizumab, Aflibercept, Bevacizumab) eine Wirksamkeit nachgewiesen werden.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Professional Association of German Ophthalmologists (Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V., BVA), German Society of Ophthalmology (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V., DOG), German Retina Society e. V. (Retinologische Gesellschaft e. V., RG): Statement of the Professional Association of German Ophthalmologists (BVA), the German Society of Ophthalmology (DOG) and the German Retina Society (RG) on central serous chorioretinopathy: Situation January 2018. In: Der Ophthalmologe. Band 116, S1, Februar 2019, ISSN 0941-293X, S. 10–20, doi:10.1007/s00347-018-0809-7 (springer.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  2. a b Jakob Siedlecki, Benedikt Schworm, Siegfried G. Priglinger: The Pachychoroid Disease Spectrum—and the Need for a Uniform Classification System. In: Ophthalmology Retina. Band 3, Nr. 12, Dezember 2019, S. 1013–1015, doi:10.1016/j.oret.2019.08.002 (elsevier.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  3. Peter Wiedemann: RCS-Therapie mit Kaltlicht-Laser. In: Der Augenspiegel. 2. Februar 2015.
  4. Managerkrankheit des Auges: Sehstörungen durch Stress. In: pharmazeutische-zeitung.de. 28. August 2014, abgerufen am 16. März 2024.
  5. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-44-2014/managerkrankheit-des-auges
  6. Chui Ming Gemmy Cheung, Won Ki Lee, Hideki Koizumi, Kunal Dansingani, Timothy Y. Y. Lai: Pachychoroid disease. In: Eye. Band 33, Nr. 1, Januar 2019, ISSN 0950-222X, S. 14–33, doi:10.1038/s41433-018-0158-4, PMID 29995841, PMC 6328576 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  7. M. Salehi, A. S. Wenick, H. A. Law, J. R. Evans, P. Gehlbach: Interventions for central serous chorioretinopathy: a network meta-analysis. In: Cochrane Database Syst Rev. Band 22, Nr. 12, 2015, S. CD011841, doi:10.1002/14651858.CD011841.pub2.
  8. Elodie Bousquet, Talal Beydoun, Pierre-Raphaël Rothschild, Ciara Bergin, Min Zhao: SPIRONOLACTONE FOR NONRESOLVING CENTRAL SEROUS CHORIORETINOPATHY: A Randomized Controlled Crossover Study. In: Retina. Band 35, Nr. 12, Dezember 2015, ISSN 0275-004X, S. 2505–2515, doi:10.1097/IAE.0000000000000614, PMID 26017871, PMC 4697359 (freier Volltext) – (lww.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  9. T. R. Herold, K. Prause, A. Wolf, W. J. Mayer, M. W. Ulbig: Spironolactone in the treatment of central serous chorioretinopathy – a case series. In: Graefe's Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology. Band 252, Nr. 12, Dezember 2014, ISSN 0721-832X, S. 1985–1991, doi:10.1007/s00417-014-2780-6 (springer.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  10. Andrew Lotery, Sobha Sivaprasad, Abby O'Connell, Rosie A Harris, Lucy Culliford: Eplerenone for chronic central serous chorioretinopathy in patients with active, previously untreated disease for more than 4 months (VICI): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. In: The Lancet. Band 395, Nr. 10220, Januar 2020, S. 294–303, doi:10.1016/S0140-6736(19)32981-2 (elsevier.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  11. Edward H. Wood, Peter A. Karth, Steven R. Sanislo, Darius M. Moshfeghi, Daniel V. Palanker: NONDAMAGING RETINAL LASER THERAPY FOR TREATMENT OF CENTRAL SEROUS CHORIORETINOPATHY: What is the Evidence? In: Retina. Band 37, Nr. 6, Juni 2017, ISSN 0275-004X, S. 1021–1033, doi:10.1097/IAE.0000000000001386 (lww.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  12. a b Elon H.C. van Dijk, Sascha Fauser, Myrte B. Breukink, Rocio Blanco-Garavito, Joannes M.M. Groenewoud: Half-Dose Photodynamic Therapy versus High-Density Subthreshold Micropulse Laser Treatment in Patients with Chronic Central Serous Chorioretinopathy. In: Ophthalmology. Band 125, Nr. 10, Oktober 2018, S. 1547–1555, doi:10.1016/j.ophtha.2018.04.021 (elsevier.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  13. Benedikt Schworm, Nikolaus Luft, Leonie F. Keidel, Felix Hagenau, Christoph Kern: Response of neovascular central serous chorioretinopathy to an extended upload of anti-VEGF agents. In: Graefe's Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology. 28. Februar 2020, ISSN 0721-832X, doi:10.1007/s00417-020-04623-w (springer.com [abgerufen am 17. März 2020]).