Rupert Riedl

Rupert Riedl (* 22. Februar 1925 in Wien; † 18. September 2005 ebenda) war ein österreichischer Zoologe. Riedl wurde vor allem bekannt für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Meeresforschung (Biologie der Meereshöhlen, Fauna und Flora des Mittelmeers) sowie zur Systemtheorie der Evolution und zur Evolutionären Erkenntnistheorie. In seinem späteren Leben beschäftigte er sich auch mit Gesellschafts- und Umweltfragen. Er war Gründungspräsident des Club of Vienna.

Leben

Von September bis Dezember 1943 war Riedl als Assistent des Meeresforschers Hans Hass an der Universität Wien tätig.[1] 1945 begann Rupert Riedl, Sohn des Bildhauers Josef Franz Riedl, ein Studium der Bildenden Künste, Medizin, Anthropologie und Zoologie an der Universität Wien und promovierte 1951 im Fach Zoologie. 1956 wurde er Dozent für vergleichende Anatomie und Systematik und vier Jahre später erlangte er seine Habilitation und Professur am Zoologischen Institut der Universität Wien. Seine Tätigkeit führte ihn in die USA, wo er 1968 Full Professor und Research Professor of Marine Sciences an der University of North Carolina in Chapel Hill wurde.

Zurückgekehrt war Rupert Riedl ab 1971 Vorstand des Zoologischen Institutes Wien und i. V. Vorstand des Institutes für Humanbiologie, beide an der Universität Wien sowie Gastprofessor an der University of North Carolina.

Von 1983 bis 1990 fungierte Rupert Riedl als Vorstand des Instituts für Zoologie und Anthropologie an der Universität Wien. In dieser Zeit produzierte er mit dem österreichischen Fernsehen ORF fünf Dokumentarfilme mit dem Titel „Die Gärten des Poseidon: wie lebt und stirbt das Mittelmeer“. Er war auch Mitbegründer des Konrad-Lorenz-Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung am ehemaligen Wohnsitz von Konrad Lorenz in Altenberg im Jahre 1989. Er wurde danach auch Vorstandsvorsitzender des Altenberger Instituts und Herausgeber der Zeitschrift Evolution and Cognition. Ab 1999 nahm er diese Funktion nur noch als Ehrenpräsident wahr.

Gleichzeitig gründete Rupert Riedl analog zum Club of Rome den Club of Vienna, der sich mit interdisziplinären wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigt. Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 1995 hielt Rupert Riedl noch bis kurz vor seinem Tod Lehrveranstaltungen an der Universität ab. In seinen Vorlesungen war die Evolution ein wichtiges Thema. Dabei kritisierte er die Faktoren Darwins als unzureichend; die Mutation bezeichnete er als „blinden Konstrukteur“, die Selektion als „kurzsichtigen Opportunisten“.[2] Riedl vermutete eine Art Vorselektion bereits im Bereich der Gene (da die Selektion im Bereich der Phäne viel zu aufwendig wäre und daher die „Ordnung des Lebendigen“ niemals zustande gebracht haben könnte). Insgesamt betrachtete er das Naturgeschehen und insbesondere die evolutionäre Entwicklung von Organismen als ein System von vernetzten Beziehungen:

„Die Strategie der Genesis, so behaupte ich, kennt Ursachen-Verknüpfungen in Form von Ketten nur im kleineren und nur Netze von Ursachen im ganzen. Und kein Ding in der realen Welt erklärt sich allein aus einer Richtung, jedes aus einem System von Wirkungen, deren selber es eine ist.“[3]

Anlässlich seines 80. Geburtstags erschienen neben einer Zusammenfassung seines wissenschaftlichen Werks sein Weltbild Meine Sicht der Welt und seine Autobiographie Neugierde und Staunen.

Hoimar von Ditfurth (1921–1989) attestiert Riedl, die dritte kopernikanische Wende eingeleitet zu haben durch die Evolutionäre Erkenntnistheorie, wie er sie vertritt: „Für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug.“[4][5][6]

1985 erhielt er die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold und den Donauland-Preis, 1994 den Preis der Stadt Wien, 2000 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien und 2001 die Alexander-Kowalewski-Medaille. 1993 wurde er Ehrenpräsident des Forums österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz und 1987 korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien.[7]

Riedl wurde am Neustifter Friedhof in Wien bestattet.

Forschungsreisen

Rupert Riedl unternahm mehrere Forschungsreisen. Darunter von:

Seine Forschungsarbeiten in North Carolina befassten sich vorwiegend mit dem Sandlückensystem der Küsten, dem Mesopsammon, dessen ökologische Bedeutung Riedl in den Vordergrund stellte. Dabei wurden viele neue Arten, speziell aus dem Stamm der Kiefermündchen (Gnathostomulida) entdeckt.

Werke

Einzelbelege

  1. Michael Jung: Schritte ins Niemandsland. Neue Einblicke in das Leben und Werk des Naturforschers Hans Hass. Hamburg, 2019, S. 101
  2. Franz Stuhlhofer: Charles Darwin. Weltreise zum Agnostizismus. Berneck 1988, S. 14.
  3. Rupert Riedl: Die Strategie der Genesis. München/Zürich 1976, S. 21.
  4. Hoimar von Ditfurth, An der Grenze zwischen Geist und Biologie, Spiegel 1979, Nr. 40
  5. Die erste kopernikanische Wende hat den Menschen an den Rand der Welt gestellt und die zweite kopernikanische Wende durch Charles Darwin (1809–1882) hat den Menschen ins Tierreich gestellt. (Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, München 1982, S. 242)
  6. Konrad Lorenz (1965), Darwin hat recht gesehen
  7. Auszeichnungen von Riedl, rupertriedl.org