Schweizerhaus in Klein-Glienicke (Potsdam)

Der Schweizerstil (auch: Schweizerhaus-Stil, Schweizer Holzstil, Laubsägelistil oder Chaletstil) ist eine architektonische Richtung des Historismus und beschreibt Gebäude im – angeblichen – Stil alpenländischer Bauernhäuser. In Österreich ist die Bezeichnung Heimatstil üblich, die aber in einem umfassenderen Sinn für jede an traditionelle Bauformen angelehnte historistische Architektur gebraucht wird.

Beschreibung

Der Schweizerstil ist insbesondere durch flachgeneigte und weit vorkragende Dächer sowie durch Brettschnitzereien an Dächern, Balkonen und Austritten in Form von Brettschnitzereien charakterisiert.[1] Die Fenster liegen optisch auf verzierten Holzkonsolen auf. Der Schweizer Giebel, ein dem Giebel vorgesetzter Schwebegiebel, ist ebenfalls ein typisches Gestaltungselement.

Historische Einordnung

Beliebt war dieser Baustil im 19. Jahrhundert bis in die Belle Epoque zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Österreich-Ungarn und Skandinavien. Eine regelrechte Schweizbegeisterung hatte mit dem romantischen Ideal der Naturverbundenheit im späten 18. Jahrhundert ganz Europa erfasst. Das einfache Leben des Bergbauern wurde – unter anderem durch Denker wie Jean-Jacques Rousseau – mythologisiert, Natur mit Wahrheit gleichgesetzt. Der Schweizerstil sollte ein Gegenbild zur aufkommenden Industrialisierung darstellen.[2]

Die ersten Schweizerhäuser wurden als typisches Staffage-Element in den Landschaftsgärten errichtet und dienten meist als Wohnhaus für Gärtner oder Parkwächter. Später traten sie in Stadtlage wie zum Beispiel in Dresden auf. Anfang des 19. Jahrhunderts gelangte der Stil auch in die Schweiz selbst und wurde dort für Villen und später bevorzugt für Bahnhöfe und Hotels verwendet.

Auch namhafte Architekten wie Karl Friedrich Schinkel bauten im Schweizer Stil. Dieser hatte 1811 auf einer Reise alpenländische Architekturstudien betrieben und 1829 für die Pfaueninsel ein Schweizerhaus mit Personalwohnungen entworfen.

Verbreitung fand der Schweizerstil über Vorlagenwerke. Die Mode des Schweizerhauses ebbte Anfang des 20. Jahrhunderts ab.

Andere Bezeichnungen für den Schweizerstil

Der Schweizerstil ist ebenso unter den Begriffen „Holzstil“, „Laubsäge-Architektur“, „Laubsägeli-Architektur“, „Chalet Suisse“ oder „Swiss Cottage“ bekannt. Der Begriff „Chalet“ steht ebenfalls für einen weit über die Schweiz hinaus verbreiteten Baustil, verlangt aber eine ausschließlich in Holz gestaltete Fassade.

Beispiele

Heute finden sich viele Villen im Schweizerstil im Raum Dresden, in Erholungsorten der deutschen Mittelgebirge wie beispielsweise im Harz, in Nordböhmen und in süddeutschen Großstädten. Auch in den von der Bäderarchitektur geprägten Ostseebädern wie Binz und Heringsdorf gibt es Beispiele von Villen im Schweizer Chaletstil – diese Bauten stammen oft aus der Fertigung der Aktiengesellschaft Wolgaster Holzbau.[3]

Bildergalerien

Bekannte Architekten

Literatur

Einzelnachweise

  1. Volker Helas (Bearb.): Stadt Radebeul. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Große Kreisstadt Radebeul (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen). Sax-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3, S. 342.
  2. Beatrice Härig: Was sind … Schweizerhäuser? In: Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Hrsg.): Monumente. 27. Jg. 5 / Oktober 2017. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2017, S. 58–59.
  3. Vgl. dazu Hans-Ulrich Bauer: Holzhäuser aus Wolgast. Ikonen der Bäderarchitektur. Heringsdorf 2010 und 2011.