Stiftung PWG zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen der Stadt Zürich
Rechtsform: öffentlich-rechtliche Anstalt
Zweck: Preisgünstige Wohn- und Gewerberäume erhalten und schaffen
Vorsitz: Ueli Keller
Geschäftsführung: Andreas Gysi
Bestehen: 5. September 1990
Stifter: Stadt Zürich
Mitarbeiterzahl: 32 (ca. 25 Vollzeitstellen)
Sitz: Zürich
Website: www.pwg.ch

Die Stiftung PWG zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen der Stadt Zürich ist eine gemeinnützige, öffentlich-rechtliche Stiftung der Stadt Zürich mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie bezweckt, in der Stadt Zürich preisgünstige Wohn- und Gewerberäume zu erhalten und zu schaffen.

Die Stiftung PWG bewirtschaftet in 179 Liegenschaften über 2000 Wohnungen und 324 Gewerberäume mit einem Anlagewert von etwa 999,9 Millionen Schweizer Franken. Die Häuser bleiben im Bestand der Stiftung PWG (kein Verkauf, keine Spekulation). Beim Kauf einer Liegenschaft kann die ansässige Mieterschaft zu den gleichen Konditionen bleiben.

Stiftungszweck

Die Tätigkeiten der Stiftung PWG umfassen das Erwerben, Vermieten, Unterhalten, Erneuern und Erstellen von Liegenschaften. Der Wohn- und Gewerberaum, den die Stiftung erwirbt oder baut, soll preisgünstig sein.

Die Mietzinse richten sich dabei nach der Lage und dem Objekt (Altbau, Neubau, Komfort etc.). Die Stiftung PWG will nicht einer begrenzten Bevölkerungsgruppe sehr tiefe, sondern immer mehr Wohnungssuchenden erschwingliche Mietzinse ermöglichen. Die Mieten der Stiftung PWG liegen einen Drittel unter dem Marktdurchschnitt, wie das Beratungsunternehmen Wüest Partner regelmässig bestätigt.[1]

Das Tätigkeitsgebiet ist auf die Stadt Zürich beschränkt.

Geschichte

Wohngenossenschaften setzten sich im Abstimmungskampf mit einem Plakat für die Gründung der Stiftung PWG ein.

Zur Gründung der Stiftung PWG führte eine Volksinitiative. Diese war eine Reaktion der Sozialdemokratischen Partei (SP) auf den aufgeheizten Immobilienmarkt, welcher das Angebot verknappte und für steigende Mieten sorgte. Die Initiative wurde am 20. Januar 1982 eingereicht und verlangte die Einrichtung einer Stiftung mit einem Kapital von 50 Mio. Schweizer Franken zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen. Die erworbenen oder neu erstellten Liegenschaften sollten so dauerhaft der Spekulation entzogen werden.

Der Gemeinderat überwies die Volksinitiative am 7. April 1982 dem Stadtrat zu Bericht und Antrag. In der Folge beschloss der Gemeinderat auf Antrag des Stadtrates am 30. Januar 1985, den Stimmberechtigten die Ablehnung der Initiative zu empfehlen. Das Zürcher Stimmvolk jedoch nahm die Initiative am 9. Juni 1985 mit einem Ja-Stimmenanteil von 51,1 % an (50 331 Ja gegen 48 178 Nein).

Aus bürgerlichen Kreise erhob sich daraufhin Widerstand gegen das Abstimmungsergebnis. Mehrere Stimmberechtigte legten am 26. Juni 1985 Beschwerde beim Bezirksrat gegen das Abstimmungsergebnis ein und verlangten die Aufhebung des Volksentscheids. Im Wesentlichen monierten sie, die Stiftung stehe im Widerspruch zur Gemeindeordnung, zu den kantonalen Vorschriften über den Gemeindehaushalt, zur Handels- und Gewerbefreiheit sowie zum Gesetz über die Förderung des Wohnungsbaus.[2]

Der Bezirksrat hiess die Beschwerde gut, worauf die SP der Stadt Zürich an den Regierungsrat gelangte. Nachdem dessen Gutachter zum gleichen Schluss gekommen war, zog die SP den Fall weiter ans Bundesgericht. Mit Urteil vom 14. Dezember 1988 hob dieses Gericht den Beschluss des Regierungsrates auf und wies die Sache zum Neuentscheid zurück. Dieser wurde am 16. August 1989 gefällt, was bedeutete, dass das Ergebnis der Volksabstimmung vom 9. Juni 1985 gültig war.[3]

Nach dem jahrelangen juristischen Prozess beschliesst der Gemeinderat am 7. Februar 1990 die Errichtung und den Erlass des Stiftungsstatutes und wählt am 18. April die ersten 19 Mitglieder des Stiftungsrates, inklusive des Präsidenten Andi Hoppler. Am 5. September gleichen Jahres erfolgte der Eintrag ins Handelsregister.[4]

Am 22. Mai 1991 erwarb die Stiftung PWG mit der Kornhausstrasse 30 die erste Liegenschaft.

Die Stiftung weist seit der Betriebsaufnahme 1991 ein konstantes Wachstum aus. Sie hat bisher jährlich bis zu elf Liegenschaften erworben, häufig in Konkurrenz zu anderen Kaufinteressenten. Aufgrund ihrer sozialen Vermietungspraxis geniesst sie besondere Sympathie bei Liegenschaftenverkäufern, denen es ein Anliegen ist, dass die bestehenden Mietverhältnisse unverändert fortbestehen.

Erster Geschäftsführer wurde Ende 1991 Andi Richiger. Anfang 1996 übernahm Adrian Rehmann die Leitung der Geschäftsstelle. Seine 14-jährige Tätigkeit war geprägt von einer Ausdehnung des Liegenschaftenbestandes und der Professionalisierung der Geschäftsstelle. Mitte 2010 übergab er die Geschäftsführung Jürg Steiner.

Im Februar 2013 gab Gründungsmitglied Andi Hoppler seinen Rücktritt als Präsident der Stiftung PWG bekannt. Der Rechtsanwalt hatte diese Funktion seit der Gründung der Stiftung ausgeübt. Zu seinem Nachfolger wählte der Zürcher Gemeinderat Ueli Keller. Im Juli 2013 trat der ETH-Architekt, der über grosse Erfahrung im gemeinnützigen Wohnungsbau und als Politiker im Zürcher Gemeinde- und Kantonsrat verfügt, das Amt an.

Im ersten Vierteljahrhundert ihrer Tätigkeit verdreifachte sie das Stiftungskapital nahezu (147 Mio. Fr.): Ende 2015 bewirtschaftete die hauseigene Verwaltung 133 Liegenschaften mit 1557 Wohnungen und 299 Gewerberäumen (36'985 m2). «Die Stiftung PWG gehört zur Stadt Zürich wie die ETH, der Zoo, das Sechseläuten und die Luxemburgerli», sagte Stadtrat Daniel Leupi in seiner Ansprache anlässlich der Jubiläumsfeier 2015.

Am 26. August 2020 veröffentlichte die Stiftung PWG im Zürcher Salis Verlag das Buch «Kauft Häuser, so viele ihr könnt!». Es widmet sich Fragen der Stadtentwicklung und arbeitet die Geschichte der Stiftung PWG auf. Das inhaltliche Konzept stammt von der Autorin Gina Bucher, dem PWG-Kommunikationsverantwortlichen Kornel Ringli und Marco Walser, der mit seinem Atelier «Elektrosmog» auch für die Grafik verantwortlich war.

Anlässlich des 30. Geburtstages 2020 schrieb die Stiftung PWG einen Fotowettbewerb unter der Mieterschaft aus, an dem sich 202 Mieterinnen und Mieter beteiligten. Aus dem gleichen Anlass installierte sie bei 30 Liegenschaften insgesamt 50 sogenannte Bienenhotels. Die Nisthilfen für Wildbienen sollen einen Beitrag leisten zur Biodiversität. Als weiteres Jubiläumsprojekt kennzeichnet die Stiftung PWG ihre Liegenschaften mit einer Plakette aus Stahl und Emaille. Gestaltet wurde sie von «m—d—buero» nach einem Wettbewerb unter drei Ateliers. Der im September vorgesehene Anlass zum 30. Jubiläum konnte aufgrund der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) verhängten Massnahmen gegen die Covid-19-Pandemie nicht stattfinden. Stattdessen schenkte die Stiftung PWG den geladenen Gästen Gutscheine für ein Restaurant in einer PWG-Liegenschaft. Ende 2020 bewirtschaftete sie 159 Liegenschaften mit 1919 Wohnungen und 320 Gewerberäumen.

Ende Januar 2021 tätigte die Stiftung PWG das grösste Erwerbsgeschäft ihrer Geschichte. Von der SRG SSR kaufte sie in Zürich-Seebach an der Schärenmoosstrasse 115, 117 eine Büroliegenschaft und wird diese in den nächsten Jahren zu preisgünstigem Wohnraum umnutzen.

Am 1. April 2022 übernahm Andreas Gysi die Geschäftsführung. Er löste Jürg Steiner ab, der in Pension ging. Während seiner Zeit als Geschäftsführer erwarb die Stiftung weiterhin regelmässig Liegenschaften, die Bautätigkeit nahm indessen an Fahrt auf.

Geschäftstätigkeit

Die Stiftung vermietet ihre Wohn- und Gewerberäume nach ökologischen (Belegungsvorschriften), ökonomischen (Einkommen und Vermögen) und sozialen (Notfälle, Quartierbezug etc.) Kriterien. «Eine soziale Durchmischung wird angestrebt und eine intakte/gute Nachbarschaft ist uns wichtig», heisst es ausserdem im Leitbild. Als Minimalbelegung pro Wohnung gilt die Regel «Anzahl Bewohnende» plus eins gleich «Anzahl Zimmer».

Die Stiftung PWG ist keine Genossenschaft, denn zur Miete eines Wohn- oder Gewerbeobjektes müssen keine Anteilscheine gezeichnet werden. Es wird keine Warteliste geführt. Über freie Mietobjekte informieren die Website der Stiftung PWG und die stadtzürcher Tagespresse.

Grössere Bauprojekte

Die Stiftung konzipiert Neubauten sowie Umnutzungs- und Erneuerungsprojekte. Dazu heisst es in ihrem Leitbild: «Wir bauen und renovieren nachhaltig, ohne Luxus, mit umweltverträglichen Materialien und Betriebssystemen.» Seit jeher hat die Stiftung PWG ihre Bau- und Planungsaufträge in Architekturwettbewerben vergeben.

Zusätzliche Projekte

Seit 2010 beherbergt die Stiftung PWG wechselnde Autorinnen und Autoren aus dem Ausland.

Aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens lancierte die Stiftung PWG zusammen mit dem Literaturhaus Zürich im Herbst 2010 das Projekt «Writers in Residence». Qualifizierte Stipendiaten können sich jeweils für ein halbes Jahr in der Stadt Zürich intensiv auf ihre Schreibtätigkeit konzentrieren. Nachdem das Projekt vorerst bis Ende 2015 befristet war, wurde es bis auf Weiteres verlängert.

Im Auftrag der Stadt Zürich betrieb die Stiftung PWG ab November 2012 Aproprio, die Beratungsstelle für kaufwillige Mietende der Stadt Zürich. Im ersten Betriebsjahr fanden 17 Beratungen statt. In einem Fall konnte die Mieterschaft ihr Wohnhaus als Genossenschaft erwerben.[7] Nachdem der Gemeinderat am 11. Dezember 2013 die Jahrestranche 2014 von 150’000 Franken für die Beratungsstelle aus dem Budget strich, musste der Betrieb per Ende 2013 eingestellt werden. Ein dreijähriger Pilotbetrieb hätte Bedarf und Nutzen der Beratungsstelle zeigen sollen.[8]

Organisation

Stiftungsrat (19 Mitglieder) und Präsident werden vom Gemeinderat der Stadt Zürich nach Parteienproporz für eine jeweils vierjährige Amtsperiode gewählt. Der vom Stiftungsrat gewählte fünfköpfige Ausschuss führt die Stiftung und deren Geschäftsstelle zusammen mit dem Geschäftsführer. Die Geschäftsstelle bewirtschaftet und entwickelt den Liegenschaftenbestand der Stiftung PWG. Die Stiftung ist verpflichtet, Budget und Jahresrechnung dem Gemeinderat zur Abnahme zu unterbreiten.

Einzelnachweise

  1. Adi Kälin: «Die Stadt Zürich will den Häuserkauf weiter verbilligen», in: Neue Zürcher Zeitung, 24. Februar 2012, S. 15. (Online-Zugriff, 5. April 2013)
  2. Vgl. Neue Zürcher Zeitung: «Erhaltung preisgünstiger Wohn- und Gewerberäume. Errichtung einer öffentlichrechtlichen Stiftung», 8. Januar 1990, S. 24.
  3. Vgl. Neue Zürcher Zeitung: «Erhaltung preisgünstiger Wohn- und Gewerberäume. Errichtung einer öffentlichrechtlichen Stiftung», 8. Januar 1990, S. 24.
  4. Nicole Soland, Interview mit Andi Hoppler: «Faire Mieten – und es rentiert», in: P.S., 21. März 2013, S. 10.
  5. http://markthalle.im-viadukt.ch/
  6. Wohnungsknappheit in Zürich – Warum sich Büros nicht so einfach in Wohnraum umwandeln lassen. Abgerufen am 29. März 2023.
  7. Adi Kälin: Wie aus Mietern Hausbesitzer werden. In: nzz.ch. 10. September 2013, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  8. Adi Kälin: «Rasches Ende für ‹Aproprio›», in: Neue Zürcher Zeitung, 16. Januar 2014, S. 17.