Die Tabula Imperii Romani (TIR) ist ein Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, eine archäologische Karte des Römischen Reichs auf 56 Blättern im Maßstab 1:1.000.000 zu erstellen. Kartengrundlage ist die Ausgabe der Internationalen Weltkarte, der auch die Blattzählung folgt.

Geschichte und Aufgabe

Das Projekt wurde 1928 von Osbert Crawford, einem Pionier in der Nutzung und Auswertung von Luftbildern für die Archäologie, vorgeschlagen. Es hatte zunächst einen international besetzten Ständigen Rat, dem Crawford als Mitarbeiter des Ordnance Survey für Großbritannien, Gerhard Bersu für Deutschland, Henri Seyrig für Frankreich und Giuseppe Lugli für Italien angehörten. Lugli hatte bereits 1923 in Italien ein großes archäologisches Kartenwerk angestoßen, das schließlich unter dem Namen Forma Italiae seit 1926 in einzelnen Bänden erschien und den italienischen Beitrag der Forma Orbis Romani darstellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Vorhaben auf Vorschlag Luglis und der Unione Accademica Nazionale unter die Schirmherrschaft der Union Académique Internationale (UAI) gestellt, die zu diesem Zeitpunkt bereits für die Forma Orbis Romani – das die Tabula Imperii Romani ergänzende Projekt in kleinerem Maßstab – verantwortlich war. In der UAI hat es seit 1957 den Status der Projektkategorie A.

Das Kartenwerk stellt antike Städte und Orte, Straßen, Militärlager, Tempel, Theater, Aquädukte, Minen und weiteres dar. Ortsbezeichnungen werden in lateinischer oder griechischer Fassung wiedergegeben. Sind antike Namen für einen Fundort unbekannt, sollen die gängigen modernen Namen des Orts in Klammern angegeben werden. Geländereliefs werden durch Höhenlinien und Schattierungen zum Ausdruck gebracht, Höhenpunkte werden vereinzelt angegeben. Zu folgen ist hierbei den Vorgaben der Internationalen Weltkarte. Ziel der Kartenerstellung ist es, das Verständnis der Geschichte, Archäologie und wirtschaftlichen Verflechtungen der antiken Welt zu vertiefen. Die Karten werden ergänzt durch umfassende Indices, die historische und bibliographische Angaben zu jedem auf einer Karte dargestellten Ort umfassen. Ausgeführt werden die Kartenarbeiten auf den Blättern der Internationalen Weltkarte des jeweiligen Gebietes. Im Kartenmaterial selbst werden daher keine antiken oder modernen Grenzziehungen als Rahmen des Kartenausschnitts zugrunde gelegt, auch werden keine antiken geographischen Gegebenheiten berücksichtigt. Ziel ist es nicht, einen historischen Atlas zu erstellen, sondern eine archäologische Karte. Da die Blätter immer wieder länderübergreifend geschnitten sind, ist oft ein hohes Maß an übernationaler oder internationaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit gefordert.

Das Kartenwerk

Im Jahr 1931 wurden in Paris die ersten Bände in vorläufiger Form präsentiert: N-30 (Edinburgh), K-33 (Rom), K-29 (Porto) und K-30 (Madrid). Es folgten die weiteren vorläufigen Bände K-32 (Florenz), J-32 (Tunis) und J-33 (Palermo). Erst 1934 wurden mit O-30 (Aberdeen), H-35 (Alexandria), H-36 (Kairo), G-36 (Assuan) und F-36 (Wadi Halfa) erste Bände veröffentlicht, die zu ihrer Zeit als vollständig angesehen wurden. Doch bestanden weiterhin Probleme, das Material in eine endgültige und verbindliche Form zu bringen, was durch den großen Maßstab und Schwächen in der internationalen Zusammenarbeit begründet war.

Von 1938 bis 1940 wurden mit L-31 (Lyon), N-30 (Edinburgh; eine Überarbeitung des Jahres 1939) und M-32 (Mogontiacum) drei weitere Bände vorgelegt, von denen der Mainz gewidmete und durch die Römisch-Germanische Kommission herausgegebene Band zum ersten Mal eine vollständigere Darstellung der verzeichneten Orte präsentierte, formal folgten aber auch die übrigen Bände nun den Vorgaben. Während des Zweiten Weltkriegs ruhten international die Arbeiten an dem Projekt. Gefördert und finanziert von der Society of Antiquaries of London wurden 1954 die Bände H/I-33 Leptis Magna und H/I-34 Kyrene, 1958 eine Überarbeitung des Bandes G-36 (Assuan) vorgelegt. 1955 folgte Band M-33 (Prag), 1961 der erste unter Giuseppe Lugli als Direktor des Projekts erarbeitete Band L-33 (Triest). Dieser Band war für die weitere formale Gestaltung der Reihe maßgebend.

1965 änderte sich mit dem einen Teil Rumäniens betreffenden Band L-35 (Drobeta – Rotula – Sucidava) zwischenzeitlich das äußere Schema, da das Blatt komplett die Dacia Inferior umfasste, von daher Teile der Blätter K/L-34/35 abdeckte und ein historisches Gebiet anstelle der Internationalen Blatteinteilung berücksichtigte. Doch schloss ein Jahr später Band L-32 (MediolanumAventicumBrigantium) formal wieder am Triester Band und damit an der vorgesehenen Blatteinteilung an. Die 1968 und 1969 erschienenen, von Ion I. Russu betreuten Bände L-34 (AquincumSarmizegetusaSirmium) Ungarns und insbesondere der zweite Teil zu L-35 (Romula – DurostorumTomis) Rumäniens folgten weiterhin den Projektvorgaben und den italienischen Vorbildern.

Mit dem vorläufigen Band M-31 (Lutetia – Atuatuca – Ulpia Noviomagus) (Paris) wurden 1975 erstmals Detailkarten dem Werk hinzugefügt, was 1976 durch die Slowenische Akademie der Wissenschaften und Künste für K-34 (NaissusDyrrhachiumScupi – Serica – Thessalonike) aufgegriffen wurde. Allerdings wurde der französische Band zu Blatt M-31 nicht auf Grundlage der Internationalen Weltkarte erstellt. Bis zum Beginn der 1980er Jahre waren damit noch nicht die Hälfte der vorgesehenen Bände fertiggestellt, und von den veröffentlichten hatten viele noch einen vorläufigen Charakter. Zudem traten immer wieder Abweichungen von den selbstgesetzten Vorgaben des Projekts auf. 1981 starb John Bryan Ward-Perkins, der 1967 die Leitung des Projekts von Lugli übernommen hatte. Seine Nachfolge trat der rumänische Historiker Emil Condurachi an. 1983 erschien der umfassende Band M-30 (London) der British Academy in Großbritannien, der auch den auf dem Territorium Großbritanniens liegenden Teil zum „Paris“ benannten Blatt M-31 (Condate – Glenum – Londinium – Lutetia) enthielt.

1987 erschien unter dem Titel „Britannia Septentrionalis“ ein von der British Academy herausgegebener Sammelband, der die Blätter N-30 (Edinburgh) und O-30 (Aberdeen) sowie Teile der Blätter N-29, N-31 und O-29 umfasste. Damit hatten Autoren und Herausgeber nicht nur die Vorgaben und Kriterien zur Einheitlichkeit des Kartenwerks, sondern auch die Einteilung der Internationalen Weltkarte erneut ignoriert. Begründet hatten die Autoren ihr Vorgehen im Vorwort des Bandes mit dem Wunsch, den durch Großbritannien abzudeckenden Teil möglichst schnell abzuschließen. 1988 wurde Gianfilippo Carettoni Leiter des Projekts; seit seinem Tod 1991 leitet Paolo Sommella das Projekt als Präsident der Kommission. Seine ersten Amtshandlungen waren die Erstellung einer neuen Liste der Mitglieder der verschiedenen beteiligten Akademien und die Definition der großen Linien der Zusammenarbeit, um die Internationalität des Unternehmens wiederzubeleben.

Noch im gleichen Jahr erschien mit K-29 (ConimbrigaBracaraLucusAsturica) nach Jahren des Stillstands ein neuer Band, der zugleich eine Neuerung brachte, da zum ersten Mal ein System zur elektronischen Datenverwaltung eingesetzt wurde. Auch für die folgenden Bände der iberischen Halbinsel – K-30 (Caesaraugusta – Clunia) für Madrid 1993, J-29 (EmeritaScallabisPax IuliaGades) für Lissabon 1995 und K/J-31 (Östliche Pyrenäen – Balearen, Tarraco – Balearen) 1997 – wurden die Daten elektronisch erfasst und verarbeitet. Bereits 1994 war ein Band ohne Blattnummer zu Iudaea et Palaestina der Israelischen Akademie der Wissenschaften erschienen. Dieser Band umfasste inhaltlich auch die byzantinischen Kirchen in Palästina sowie die Synagogen Israels in römischer und byzantinischer Zeit. 1995 legte Griechenland mit Philippi einen Teil des Blattes K-35,1 (Istanbul) vor. An dem 2002 herausgegebenen Band M-34 (Krakau), der Teile Polens, der Slowakei, der Ukraine und Weißrusslands abdeckt, arbeiteten ganz im ursprünglichen Geist des Projektes fünf Nationen zusammen. Im Jahr 2002 wurde mit Band J-30 (Valencia) das Kartenwerk für die iberische Halbinsel abgeschlossen. 2006 erschien als bislang letzter Band K-32 (Florenz), der Teilen Italiens und Frankreichs gewidmet ist. Eine endgültige Publikation des Blattes K-33 (Rom) zu Italien und Kroatien ist in Vorbereitung.

Index der bisher erschienenen Blätter

Literatur