Verbreitungsgebiete der Tai-Kadai-Sprachen.
  • Kadai/Kra
  • Kam–Sui
  • 
  • Hlai
  • Tai-Sprachen:
  • Nördliche Tai
  • Zentrale Tai
  • Südwestliche Tai
  • Die Tai-Kadai-Sprachen (auch Kra-Dai-Sprachen)[1] sind eine Sprachfamilie von über 90 in Südostasien und im südlichen und zentralen China verbreiteten Sprachen mit annähernd 100 Millionen Sprechern.[2] Tai-Kadai wird üblicherweise in die drei Hauptzweige Hlai, Kadai und Kam-Tai gegliedert.

    Klassifikation

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    Die Tai-Kadai-Sprachen gliedern sich gemäß der üblichen Klassifikation in die drei sehr ungleich großen Hauptzweige Hlai (oder Li), Kadai (auch Kra oder Geyang genannt) und Kam-Tai (oder Zhuang-Dong). Dabei machen die Kam-Tai-Sprachen etwa 99 % der Gesamtsprecherzahl aus und gliedern sich ihrerseits in die Zweige Kam-Sui und Tai sowie die beiden Einzelsprachen Lakkia und Ong-Be.[3]

    Tai-Kadai (insgesamt 93–96 Sprachen, 81 Mio. Sprecher)

    Diese verbreitete Klassifikation wird von manchen Autoren kritisiert. Stattdessen wird vorgeschlagen, die Sprachenfamilie in zwei Hauptzweige, den nördlichen und den südlichen einzuteilen. Erstgenannter würde demnach die Kra- und Kam-Sui-Sprachen (die mit Lakkia den nordöstlichen Teilzweig bilden), letzterer die Hlai- und Tai-Sprachen (die mit Ong Be den Be-Tai-Zweig bilden) beinhalten.[4][5]

    Wichtige Tai-Kadai-Sprachen

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    Die folgende Liste enthält alle Tai-Kadai-Sprachen mit mehr als einer Million Sprechern und ist nach Sprecherzahl sortiert. Angegeben ist die Sprecherzahl, falls bekannt die Zahl inklusive der Zweitsprecher (S2), und die Zuordnung zu der jeweiligen Unterfamilie des Tai-Kadai.

    Der unten angegebene Weblink enthält sämtliche Tai-Kadai-Sprachen mit ihren aktuellen Sprecherzahlen und ihrer genetischen Klassifikation.

    Verwandtschaft mit anderen Sprachfamilien

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    Früher wurde von chinesischen Linguisten angenommen, dass die Tai-Kadai-Sprachen eine Untergruppe der sinotibetischen Sprachen bilden. Diese Ansicht gilt heute als widerlegt.[6]

    Der Linguist Paul K. Benedict stellte 1942 die Theorie auf, dass das Tai-Kadai (oder Daic) mit dem Austronesischen verwandt sei und mit ihm zusammen die sogenannte Austro-Tai-Sprachfamilie bilde.[7] Aktuelle Vertreter dieser Theorie sind u. a. Laurent Sagart und Weera Ostapirat.[8][6][9][10] Der Ursprung des Proto-Daic, einer Sprache einer Reis anbauenden Bevölkerung, liegt nach Blench[11] in Taiwan, von wo aus die Verbreitung über Südchina erfolgte. Einer anderen Ansicht nach liegt der gemeinsame Ursprung des Austronesischen und der Tai-Kadai-Sprachen im südöstlichen China.

    Der Linguist Alexander Vovin zeigt mit seiner Rekonstruktion und Analyse des Proto-Tai-Kadai und Altjapanischen, dass beide einen gemeinsamen Ursprung im südöstlichen China haben und Ähnlichkeiten auch zu den austronesischen Sprachen existieren.[12]

    Typologische Bemerkungen

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    Die Tai-Kadai-Sprachen sind Tonsprachen mit drei bis neun kontrastierenden Tönen. Sie sind in der Regel monosyllabisch (einsilbige Wörter) und besitzen kaum Morphologie (Deklination, Konjugation). Die meisten Tai-Kadai-Sprachen haben die Satzstruktur SVO (Subjekt-Verb-Objekt), in Ausnahmefällen auch SOV. Attribute und andere nominale Ergänzungen stehen hinter dem Nomen, das sie näher beschreiben.

    Für Proto-Tai-Kadai können zweisilbige Wortstämme rekonstruiert werden. Die Reduktion zu einsilbigen Formen ist eine rezente Entwicklung in den heutigen Einzelsprachen.[13]

    Literatur

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    Einzelnachweise

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    1. Yongxian Luo: Sino-Tai and Tai-Kadai. Another look. In: The Tai-Kadai Languages. 2008, S. 9–28, auf S. 14.
    2. Yongxian Luo: Kra-Dai Languages. Abgerufen am 24. September 2018 (englisch).
    3. Anthony Diller: Introduction. In: The Tai-Kadai Languages. Routledge, London/New York 2008, S. 7.
    4. Weera Ostapirat: Kra–Dai and Austronesian. Notes on phonological correspondences and vocabulary distribution. In: The Peopling of East Asia. Putting Together Archaeology, Linguistics and Genetics. RoutledgeCurzon, London/New York 2005, S. 107–131.
    5. Peter K. Norquest: A Phonological Reconstruction of Proto-Hlai. Dissertation, University of Arizona, 2007.
    6. a b Ostapirat, Weera. (2005). "Kra–Dai and Austronesian: Notes on phonological correspondences and vocabulary distribution", pp. 107–131 in Sagart, Laurent, Blench, Roger & Sanchez-Mazas, Alicia (eds.), The Peopling of East Asia: Putting Together Archaeology, Linguistics and Genetics.London/New York: Routledge-Curzon.
    7. Benedict, Paul K. (1942). "Thai, Kadai and Indonesian: a new alignment in south east Asia." American Anthropologist 44.576-601.
    8. Sagart, Laurent. 2004. The higher phylogeny of Austronesian and the position of Tai–Kadai.Oceanic Linguistics 43. 411–440
    9. Gerhard Jäger: Support for linguistic macrofamilies from weighted sequence alignment. In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Band 112, Nr. 41, 13. Oktober 2015, S. 12752–12757, doi:10.1073/pnas.1500331112, PMID 26403857, PMC 4611657 (freier Volltext).
    10. Reid, LA (2006). "Austro-Tai Hypotheses". Pp. 740–741 in Keith Brown (editor in chief), The Encyclopedia of Language and Linguistics, 2nd edition
    11. Blench 2008
    12. Alexander Vovin: Out of Southern China? (academia.edu [abgerufen am 26. Juli 2018]).
    13. Weera Ostapirat: Reconstructing Disyllabic Kra-Dai. Paper presented at the 28th Annual Meeting of the Southeast Asian Linguistics Society, held May 17–19, 2018 in Kaohsiung, Taiwan.