Thea von Harbou (1928)

Thea Gabriele von Harbou (* 27. Dezember 1888 in Tauperlitz, heute zu Döhlau; † 1. Juli 1954 in Berlin-Charlottenburg) war eine deutsche Theaterschauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Schriftstellerin. Sie schrieb die Drehbücher zu einigen der bekanntesten deutschen Stummfilme – so zum Beispiel zu dem Klassiker Metropolis von Fritz Lang, mit dem sie auch einige Jahre verheiratet war. Zweimal führte sie auch selbst Regie. Harbou zählt neben Leni Riefenstahl zu den prägenden, aber wegen ihrer Unterstützung des Nationalsozialismus auch umstrittenen Frauen des frühen deutschen Films.

Leben

Fritz Lang und Thea von Harbou in ihrer Berliner Wohnung, Fotografie von Waldemar Titzenthaler, 1923 oder 1924
Gedenkstein im Geburtsort Tauperlitz

Thea von Harbou wurde als Tochter des Rittergutsbesitzers Baron Theodor von Harbou (1848–1913) und dessen Frau Clotilde Constance, geb. d'Alinge (1857–1938), in Tauperlitz (Kreis Hof) geboren.[1] Ihr älterer Bruder war der Standfotograf und Schauspieler Horst von Harbou. Thea von Harbou unternahm ihre ersten literarischen und schauspielerischen Gehversuche schon in früher Jugend im Luisenstift[2] in Niederlößnitz bei Dresden[3]. Im Laufe der Jahrzehnte wurde sie eine der bekanntesten Unterhaltungsschriftstellerinnen des späten Kaiserreiches und der Weimarer Republik. Ihre Schauspielkarriere führte sie unter anderem an Theater in Aachen, Chemnitz, Düsseldorf und München.

Sie begann ihre Arbeit beim Film als Drehbuchautorin nach dem Ersten Weltkrieg und entwickelte sich schnell zur bedeutendsten Vertreterin ihrer Branche. Sie schrieb für Joe May, Carl Theodor Dreyer, Arthur von Gerlach, Friedrich Wilhelm Murnau und Fritz Lang. Von 1914 bis 1921 war sie mit dem Schauspieler Rudolf Klein-Rogge verheiratet. Bereits 1918 trennte sie sich von ihm, unterstützte ihn jedoch weiterhin durch die Beschaffung von Engagements in ihren Filmen. Klein-Rogge übernahm die Hauptrolle in dem Zweiteiler Dr. Mabuse, der Spieler (1921), zu dem Harbou das Drehbuch verfasste. Am 26. August 1922 heiratete Harbou Fritz Lang, den Regisseur dieses Films, den sie 1919 durch ihre Drehbuchtätigkeit kennengelernt hatte, und schrieb von nun an alle seine Drehbücher bis zu dessen Emigration 1933. Als weitere, auch heute noch bekannte, gemeinsame Filmprojekte sind der Zweiteiler Die Nibelungen (1924) oder M (1931) zu nennen. Im Gedächtnis bleibt Thea von Harbou vor allem durch den Film Metropolis, für den sie parallel zu ihrem gleichnamigen Roman das Drehbuch verfasste.

Die Arbeitsgemeinschaft zwischen Fritz Lang und Thea von Harbou hielt zwar bis zum Jahr 1933, die Ehe brach aber viel früher auseinander. Ein Auslöser für die Trennung war die Liaison von Fritz Lang mit der Schauspielerin Gerda Maurus. Zudem lernte Thea von Harbou beim Schnitt des Films Das Testament des Dr. Mabuse den Inder Ayi Tendulkar kennen, mit dem sie in den folgenden Jahren zusammenlebte. Die Scheidung von Lang und Harbou erfolgte im April 1933. Harbou führte 1933 und 1934 bei zwei Filmen Regie (Verfilmung von Gerhart Hauptmanns Drama Hanneles Himmelfahrt[4] und des Films Elisabeth und der Narr[5]), kehrte jedoch zu ihrem eigentlichen Metier zurück. In der Zeit des Nationalsozialismus war sie eine vielbeschäftigte Autorin. Anfang 1933, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, wurde sie Vorsitzende des offiziellen, gleichgeschalteten Verbandes deutscher Tonfilmautoren. Am 8. Januar 1940 beantragte sie die Aufnahme in die NSDAP und wurde zum 1. April desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 8.015.334).[6][7] Rolf Italiaander berichtet in seinem Tagebucheintrag vom 19. April 1945, wie er sie am Bahnhof Zoo antrifft, unter dem Parteiabzeichen ein Kriegsverdienstkreuz tragend. Sie sei zu diesem Zeitpunkt noch voller Siegeszuversicht gewesen. „Diese Dame ist jedenfalls ihrem Führer noch immer verfallen.“[8] Im Zuge der Entnazifizierung war sie 1945 kurz im Lager Staumühle interniert; hier soll sie Theateraufführungen für die Insassen geleitet haben.[9] Ab 1948 war Harbou in Deutschland wieder für den Film im Bereich Synchronisation ausländischer Filme tätig.

Ihre Schriften Gold im Feuer (1916), Adrian Drost und sein Land (1937) und Aufblühender Lotos (1941) wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[10] Der Lotos-Roman zielte auf eine Unterstützung der nationalsozialistischen Indienpolitik gegen Großbritannien.

Ehrengrab von Thea von Harbou auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend

Am 26. Juni 1954 nahm Thea von Harbou an einer nächtlichen Aufführung des Films Der müde Tod (1921) teil, der auf einem ihrer Drehbücher basierte und im Rahmen der Berlinale gezeigt wurde, und sprach dort über das Werk. Beim Verlassen des Filmtheaters stürzte sie und zog sich so schwere innere Verletzungen zu, dass sie fünf Tage später im Alter von 65 Jahren in einem Berliner Krankenhaus verstarb.[11] Die bereits vorgesehene Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an sie kam so nicht mehr zustande.[12]

Die Beisetzung erfolgte auf dem landeseigenen Friedhof Heerstraße im heutigen Ortsteil Berlin-Westend.[13] Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Thea von Harbou (Grablage: 6-H-10) seit 1980 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde 2001 um die übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[14]

Werke (Auswahl)

Regie

Drehbücher

Belletristik

Literatur

Monographien
Lexika

Einzelnachweise

  1. Vgl. Glenzdorfs Internationales Film-Lexikon. Biographisches Handbuch für das gesamte Filmwesen, Bd. 1: A-Heck, Bad Münder (Deister) 1960, S. 598.
  2. Thea von Harbou im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. Eine „Niederlößnitzer Perle!“ (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive).
  4. Hanneles Himmelfahrt. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 5. Juli 2021.
  5. Elisabeth und der Narr. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 5. Juli 2021.
  6. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/13520911
  7. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 215–216.
  8. Rolf Italiaander, Arnold Bauer, Herbert Krafft: Berlins Stunde Null 1945. Droste, Düsseldorf 1979, ISBN 3-7700-0549-X, S. 16.
  9. Walter Steinecke: Auf der Insel Staumühle. Abraxas-Verlag, Lemgo 1955, S. 74 f.
  10. Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone: Liste der auszusondernden Literatur. 2., Nachtrag. Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948, S. 104–134, Nr. 2881.
  11. Thea von Harbou gestorben. In: Hamburger Abendblatt. Freitag, 2. Juli 1954, S. 6. Abgerufen am 11. November 2019.
  12. Trauer im „Dreimäderlhaus“. In: Hamburger Abendblatt. Sonnabend/Sonntag, 3./4. Juli 1954, S. 16. Abgerufen am 11. November 2019.
  13. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1. S. 487.
  14. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018) (PDF, 413 kB), S. 30. Abgerufen am 11. November 2019. Vorlage – zur Kenntnisnahme – über die Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten namhafter und verdienter Persönlichkeiten als Ehrengrabstätten Berlins (PDF, 158 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 14/1607 vom 1. November 2001, S. 3. Aufgerufen am 11. November 2019.
  15. eine romanhafte Unterstützung der zu dieser Zeit angepeilten NS-Indienpolitik, gegen den britischen Kolonialismus. Zu dieser Zeit waren die Deutschen der Ansicht, dass nicht nur Persien, wegen der "Arier", zu ihrem Machtbereich gehört, sondern auch das anschließende Indien. Erst dahinter sollte dann die japanische Machtsphäre bei der Neuaufteilung der Welt beginnen