Ab 1972 lebte Krechel als freie Schriftstellerin in Köln und Darmstadt und seit 1978 im FrankfurterWestend. Seit dem Ende der 1990er Jahre lebt und arbeitet sie in Berlin.
Die Autorin war Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und wurde im November 2020 zu dessen Ehrenpräsidentin gewählt.[4] Auf der Mitgliederversammlung im Mai 2022 in Gotha erklärte sie im Zuge des Konflikts um PEN-Präsident Deniz Yücel, dass sie ihr Amt als Ehrenpräsidentin ruhen lassen werde. Wenig später gehörte sie mit Yücel, ihrem Mann Herbert Wiesner, Eva Menasse und anderen zu den Mitgründern des PEN Berlin.[5] Aus dem deutschen PEN mit Sitz in Darmstadt trat sie im Folgenden aus.[6]
Anfang Januar 2022 wurde bekannt, dass Krechel „den ersten Teil ihres künstlerischen Vorlasses an das Archiv der Akademie der Künste übergeben“ hat.[10]
Ursula Krechel lebt mit ihrem Mann Herbert Wiesner, dem langjährigen Leiter des Berliner Literaturhauses, in Berlin.[11]
Die Unmöglichkeit einer Emanzipation ist Thema von Erika, dem ersten Bühnenstück von Ursula Krechel, mit dem sie 1974 auf sich aufmerksam machte. Die im Milieu des rheinischen Kleinbürgertums spielende Handlung schildert den – schließlich abgebrochenen – Ausbruchsversuch der jungen Frau aus einer als bedrückend empfundenen Welt, einer einengenden Ehe und der beruflichen Aussichtslosigkeit.[12] Es wurde im Landestheater Castrop-Rauxel uraufgeführt.[13] 1976 erschien bei Luchterhand das Buch Selbsterfahrung und Fremdbestimmung. Bericht aus der neuen Frauenbewegung, in dem sie die politische und gesellschaftliche Position der Frauenbewegung seit 1968 definiert. Das Buch erreichte bis 1983 zahlreiche Auflagen.
2008 und 2012 fanden zwei Romane besonderen Zuspruch, die beide das Exil thematisieren. In dem 2008 erschienenen Roman Shanghai fern von wo beschreibt sie das Schicksal einiger der achtzehntausend Juden, die seit 1938 eines der letzten visumfreien Schlupflöcher nutzen und so im fernen fremden Shanghaier Ghetto überleben konnten. Der Roman verfolgt aber auch die Rückkehr von Exilanten nach Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und zeigt die Unbarmherzigkeit, mit der man von Amts wegen mit den Rückkehrern umging.
Krechels 2012 erschienener Roman Landgericht erhielt den Deutschen Buchpreis. Im Mittelpunkt des Romans steht der jüdische Richter Dr. Richard Kornitzer,[14] der 1947 aus dem Exil in Havanna nach Deutschland zu seiner versprengten Familie zurückkehrt „und zerbricht, als er in der Enge Nachkriegsdeutschlands den Kampf um die Wiederherstellung seiner Würde verliert“.[15] Reales Vorbild für diese Romanfigur ist der Richter Robert Michaelis.[16] 2017 erschien in Deutschland unter dem Titel Landgericht. Geschichte einer Familie eine zweiteilige Fernsehverfilmung mit Ronald Zehrfeld und Johanna Wokalek in den Hauptrollen. Im Kontext der Beschreibung von Kornitzers Exil in Havanna enthält Landgericht auch eine eindringliche Beschreibung der dort existierenden deutschsprachigen Exilgemeinde. Zu deren Mitgliedern, die von Krechel porträtiert werden, zählen beispielsweise Fritz Lamm, Hans und Lisa Fittko, Emma Kann, Julius Deutsch und Boris Goldenberg.
Zusammen mit dem Roman Geisterbahn, 2018 erschienen, entstand so eine Trilogie der Ausgegrenzten, auch eine Geschichte der Verdrängung aus der frühen Bundesrepublik. Der Roman umfasst fast 100 Jahre deutscher Geschichte in einem Panorama aus Ursula Krechels Heimatstadt Trier. Im Mittelpunkt steht eine Sinti-Familie.[17]
Erika. Theaterstück. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1973.
Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein. Theaterstück für Kinder. In: Marion Victor (Hg.): Spielplatz. Bd. 10. Frankfurt/M. (Verlag der Autoren) 1997. S. 127–135.
Aus der Sonne. Theaterstück. Frankfurt/M. (Verlag der Autoren) 1985.
Sitzen Bleiben Gehen. Theaterstück. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1990.
Liebes Stück. Theaterstück. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2003.
Information und Wertung: Untersuchungen zum theater- und filmkritischen Werk von Herbert Ihering. Dissertation. Köln 1972.
Selbsterfahrung und Fremdbestimmung. Luchterhand, Darmstadt 1975, ISBN 3-472-61205-3.
Lesarten. Gedichte, Lieder, Balladen. Ausgewählt und kommentiert von Ursula Krechel. Darmstadt, Neuwied (Luchterhand) 1982. (= Sammlung Luchterhand 346). Erweiterte Neuausgabe unter dem Titel Lesarten: von der Geburt des Gedichts aus dem Nichts: Frankfurt/M. (Luchterhand) 1991. (=Sammlung Luchterhand 950).
Mit dem Körper des Vaters spielen. Essays. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-11716-5.
In Zukunft schreiben. Handbuch für alle, die schreiben wollen. Jung und Jung, Salzburg 2003, ISBN 3-902144-66-1.
Stark und leise. Pionierinnen. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2015, ISBN 978-3-99027-071-4.
Gehen. Träumen. Sehen. Unter Bäumen. Essays. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2022, ISBN 978-3-99027-261-9.
Christine Arendt: Zwischen Fiktion und Zitat: Darstellung von Migration und Remigration in Ursula Krechels Roman „Landgericht“ (2012). In: Wirkendes Wort (2022), H. 2, S. 315–332.
Beth Bjorklund: Rohschnitt. Gedicht in sechzig Sequenzen. Ursula Krechel. In: World Literature Today 58 (1984), H. 2, S. 261.
Wilhelm Genazino: Der Stellungkrieg des Normalen. Laudatio auf Ursula Krechel zur Verleihung des Kunstpreises Rheinland-Pfalz. In: Im Rampenlicht verborgen. Hg. v. Siegfried Gauch u. a. Frankfurt, Brandes & Apsel 2010 (= Jahrbuch für Literatur, Band 16), S. 166–172.
Gabriele Heppner: Annäherungen – die Darstellung von Vertreibung, Verfolgung und Vernichtung in den Romanen „Die Bestandsaufnahme“ von Gila Lustiger; „Shanghai fern von wo“ von Ursula Krechel. Klagenfurt, Alpen-Adria-Univ., Dipl.-Arb., 2013.
Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Band 7, Berlin/Boston, Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-022049-0, S. 35.
Ursula Mahlendorf: Zweite Natur. Szenen eines Romans. Ursula Krechel. In: World Literature Today 56 (1982), H. 2, S. 327.
Charlotte Melin: Improved Versions. Feminist Poetics and recent work by Ulla Hahn and Ursula Krechel. In: Studies in 20th & 21st Century Literature 21 (1997), H. 1.
Ilse Picaper: Sie wollte Zeugin sein. Zu Ursula Krechel, „Landgericht“. In: GermanicaOpenAIRE. CeGes Université Charles-de-Gaulle Lille-III, 20. Februar 2017; Germanica.
Ernestine Schlant: Sizilianer des Gefühls. Ursula Krechel. In: World Literature Today 68 (1994), H. 2, S. 362.
Rita Terras: Der Übergriff. Ursula Krechel. In: World Literature Today 76 (2002), H. 2, S. 200.
Rita Terras: Landläufiges Wunder. Ursula Krechel. In: World Literature Today 70 (1996), H. 2, S. 394–395.
Heinrich Vormweg: Zu Ursula Krechels „Einladung ins Ungewisse“. In: Liebesgedichte der Gegenwart. Hg. v. Hiltrud Gnüg. Stuttgart, Reclam 2003, S. 113–117.
Henrike Walter: Märchen, Mythen und Montage. Ursula Krechels Roman „Shanghai fern von wo“ als Mosaik von Bedeutung. In: Exil 30 (2010), H. 2, S. 21–33.
Andrew Williams: Stimmen aus dem harten Kern. Ursula Krechel. In: World Literature Today 80 (2006), H. 5, S. 73.