Vine Deloria junior (* 26. März 1933 in Martin, South Dakota; † 13. November 2005 in Golden, Colorado) war ein indianischer Rechts- und Politikwissenschaftler, Autor und Aktivist in den USA. In seinem bekanntesten Werk Custer Died for Your Sins („Custer starb für eure Sünden“) aus dem Jahr 1969 kritisiert er die Behandlung der Indianer durch die US-Regierungen und Ethnologen.

Leben

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Deloria wuchs als Angehöriger der Yankton-Dakota in der Standing Rock Reservation auf. Er entstammte einer Familie, die eng mit der Episkopalkirche verbunden war.[1] Nach Abschluss seines Theologie-Studiums an der Iowa State University schloss er 1964 bis 1967 ein Studium der Rechtswissenschaft an der University of Colorado at Boulder an. Er hoffte zu dieser Zeit, als Anwalt seinem Volk besser helfen zu können, schlug aber später eine berufliche Laufbahn im Bereich der universitären Lehre ein.

Schon während seiner Ausbildung war Deloria Aktivist für die Rechte der Indianer. Er veröffentlichte eine Reihe hochbeachteter Bücher über die Rechte, die politische Geschichte und die Kosmologien der Indianer. Er war Mitglied verschiedener indianischer Organisationen, Vorstandsmitglied des National Museum of the American Indian sowie Direktor des National Congress of American Indians (NCAI) und erhielt im Jahr 2002 den Wallace Stegner Award[2] des Center of the American West.[3] An verschiedenen Universitäten unterrichtete er Politikwissenschaft und Geschichte.

Vine Delorias Buch God is Red (1973) hatte einen bedeutenden Einfluss auf die jüngere Geschichte der nordamerikanischen Indianer. In seinem Buch verglich er das Christentum mit den (vielfältigen) indianischen Religionen: Letztere würden vor allem auf einer engen spirituellen Verbindung mit heiligen Orten der jeweiligen Ethnien beruhen, während das Christentum sich in erster Linie auf bestimmte historische Ereignissen beziehe. Daraus ergebe sich für den Christen ein „Zwang zum Glauben“, da sich diese Ereignisse nicht mehr persönlich erfahren ließen, wohingegen „der Indianer“ an seinen heiligen Stätten jederzeit Kontakt zur transzendenten Welt aufnehmen könne. Überdies kritisierte er den Anspruch der Allgemeingültigkeit der christlichen Offenbarung „sich die Erde untertan zu machen“. Tatsächlich spielen historische Ereignisse beziehungsweise die „Zeit an sich“ im Gegensatz zu gegenwärtigen heiligen „lebendigen“ Naturerscheinungen in nahezu allen ethnischen Religionen nur eine untergeordnete Rolle. Das Ziel seines Vergleiches war die Stärkung der in den 1960er Jahren entstehenden Rolle der Indianer als „Hüter der Mutter Erde“. Dies wurde von der Umweltbewegung und dem American Indian Movement begeistert aufgenommen und diente fortan als Argument für spirituell begründete Landrechtsforderungen wie etwa die Rückgabe der heiligen Black Hills an die Lakota oder den Kampf der Apachen gegen ein Observatorium auf dem Mount Graham. Solche Bestrebungen führten schließlich zum American Indian Religious Freedom Act, der zumindest die rechtliche Grundlage schuf, sowohl traditionelle Kulte als auch damit verbundene heilige Orte besser zu schützen. Die panindianische Bewegung führt Delorias Buch überdies gern als Beleg für die universelle Mutter-Erde-Vorstellung der nordamerikanischen Indianer an, obwohl diese Vergöttlichung der Erde kein altüberliefertes Motiv der indianischen Religionen ist.[1]

Im letzten Jahrzehnt seines Lebens widmete Deloria sich wieder verstärkt Angriffen auf die Wissenschaft – insbesondere die Paläoanthropologie[4] – aus nativem Blickwinkel. So wandte er sich 1995 vehement gegen den wissenschaftlichen Konsens zur rezenten, endglazialen Erstbesiedlung Nordamerikas via Beringstraße, und bestritt entschieden die These, die nordamerikanische Megafauna sei durch die Vorfahren der heutigen Native Americans ausgerottet worden.[5] In seinem letzten größeren, 2002 erschienenen, Werk[6] legte er schließlich eine kritisch-ablehnende Betrachtung sowohl der Evolutionstheorie als auch des christlichen Kreationismus vor.[7]

Bibliographie

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Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b Christian F. Feest: Beseelte Welten – Die Religionen der Indianer Nordamerikas. In: Kleine Bibliothek der Religionen, Bd. 9, Herder, Freiburg / Basel / Wien 1998, ISBN 3-451-23849-7. S. 36–39, 57–59.
  2. Siehe dazu: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 25. September 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.centerwest.org (abgerufen: 4. September 2011)
  3. Quelle: University of Colorado at Boulder (NewsCenter): "Vine Deloria Jr., Renowned Author And American Indian Leader, Dies At 72 (Memento vom 6. Juni 2011 im Internet Archive)", Nov. 14, 2005 (abgerufen: 4. September 2011)
  4. Siehe dazu z. B.: Thomas Biolsi & Larry J. Zimmerman (Hrsg.): "Indians and Anthropologists: Vine Deloria, JR., and the Critique of Anthropology", University of Arizona Press, 1997
  5. Vine Deloria Jr.: "Red earth, white lies: Native Americans and the myth of scientific fact", New York (Scibner), 1995
  6. Vine Deloria Jr.: "Evolution, Creationism, and other modern myths - A Critical Inquiry", Golden/Colorado (Fulcrum Publishing), 2002
  7. Siehe dazu auch: Vine Deloria, Steve Pavlik, Daniel R. Wildcat: "Destroying dogma: Vine Deloria, Jr. and his influence on American society", Golden/Colorado, 2006
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Vine Deloria junior (Memento vom 1. Juli 2010 im Internet Archive) aus der freien Enzyklopädie Indianer-Wiki (Memento vom 18. März 2010 im Internet Archive) und steht unter Creative Commons by-sa 3.0. Im Indianer-Wiki war eine Liste der Autoren (Memento vom 1. Juli 2007 im Internet Archive) verfügbar.

Personendaten
NAME Deloria, Vine junior
KURZBESCHREIBUNG indianischer Autor und Aktivist
GEBURTSDATUM 26. März 1933
GEBURTSORT Martin, South Dakota
STERBEDATUM 13. November 2005
STERBEORT Golden, Colorado