Walther Ziesemer

Walther Ziesemer (* 7. Juni 1882 in Löbau in Westpreußen; † 14. September 1951 in Marburg[1]) war ein deutscher Germanist, Diplomatiker und Sprachforscher.

Leben

Ziesemer studierte ab 1900 an der Universität Leipzig Germanistik und hörte bei Eduard Sievers. 1901 wechselte er an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Dort prägten ihn Gustav Roethe, Andreas Heusler und Erich Schmidt. 1906 wurde er in Berlin zum Dr. phil. promoviert.[2] Im Jahr darauf bestand er das Staatsexamen. Als Seminarkandidat ging er ins heimatliche Marienburg. Dort begann er, sich mit den Urkunden des Deutschen Ordens zu befassen. Anschließend war er in Danzig Gymnasiallehrer. 1911 kam er als Oberlehrer nach Königsberg i. Pr. Noch im selben Jahr habilitierte er sich an der Albertus-Universität für Deutsche Philologie. Er wurde 1918 zum apl. Professor und 1922 zum o. Professor für Deutsche Philologie, Deutsche Volkskunde und Heimatkunde des deutschen Ostens ernannt. „Obwohl er in Königsberg immer im Schatten stärker nach außen wirkender Kollegen stand, lehnte er ehrenvolle Rufe an andere Universitäten ab; denn er wusste wohl selbst am besten, wie tief er im ostpreußischen Heimatboden, in der geistigen Welt dieser Landschaft und ihrer Tradition, ihrem eigenwilligen Menschentum und ihrer Sprache verwurzelt war.“ Er blieb in Königsberg bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.[3]

1933 wurde er Mitglied des Nationalsozialistischen Lehrerbundes. Er unterschrieb 1934 den Wahlaufruf Deutsche Wissenschaftler hinter Adolf Hitler. Am 1. Mai 1937 trat er in die NSDAP und den NSV ein. Ab 1938 hatte er Verbindungen zur Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe.[4] Nach der Flucht aus Ostpreußen lebte er in Marburg. Dort starb er nach dem Tod seiner Frau und seines Freundes Anton Kippenberg einsam und unverwurzelt im Alter von 69 Jahren. Sein Grab auf dem Marburger Hauptfriedhof an der Ockershäuser Allee ist erhalten.

Wirken

Ziesemer war Mitglied der Königsberger Gelehrten Gesellschaft. Im Jahr der Königsberger Kant-Feier (1924) war er an der ersten Gesamtausgabe von Simon Dachs Werken beteiligt. In vielen kleineren Beiträgen befasste er sich mit Johann Georg Hamann und Johann Gottfried Herder. „Immer weiter und tiefer drang Ziesemer in die Sprach- und Literaturgeschichte des deutschen Ostens ein, stets jedoch überzeugt, daß diese nie für sich zu betrachten sei, sondern immer nur im lebendigen Zusammenhang mit der gesamtdeutschen Entwicklung. Ostpreußens Anteil an der Geschichte der deutschen Sprache und Dichtung und am deutschen Geistesleben insgesamt vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart zu ergründen und herauszustellen, das war eines seiner Hauptanliegen.“ Seine Arbeiten zur deutschen Romantik, vor allem über Joseph von Eichendorff, sowie seine Ausgabe der Werke von Friedrich de la Motte Fouqué standen unter dem Zeichen der Marienburg.[5] Ihre Wiederherstellung gründete im Gedankengut der Romantik. Begonnen wurde sie durch tätige Anteilnahme und Förderung durch Eichendorff und Max von Schenkendorf. Am letzten Bauabschnitt hatte Ziesemer selbst noch beratend teilgehabt. Zu Ziesemers Schülern zählen Karl Ruprecht, Erhard Riemann und Helmut Motekat. Kurz vor seinem Tod vollendete er mit Karl Helm die erweiterte Neubearbeitung von Die Literatur des Deutschen Ritterordens (1928). Sie ist auch eine kleine Studie über die geistesgeschichtliche Bedeutung der Marienburg.[6] Am Ende heißt es:

„Aber die Hoffnung, daß das, was deutsche Arbeit gesät hat, nicht restlos in Trümmern ersticken kann, die soll man uns nicht verargen oder rauben wollen. Das Leben geht weiter trotz tausendfältigem Tod; grüner Efeu über den Trümmern vergangener Größe predigt täglich neu die Wahrheit des Dichterwortes: Über den Schutt der Zeit geht immergrün die Zeit dahin.“

Walther Ziesemer

Werke

Quellen der Ordenszeit

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 915 Nr. 5783, S. 162 (Digitalisat).
  2. Dissertation: Nicolaus von Jeroschin und seine Quelle (Kapitel I und II.).
  3. Nachruf von Helmut Motekat (1953/1982)
  4. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 683.
  5. Eichendorff und die Marienburg (Vortrag 1920)
  6. Schriftenreihe des Göttinger Arbeitskreises, Nr. 13 (1951)