Wechselkurs des Euro zum US-Dollar seit Bestehen des Euros

Der Wechselkurs (oder Devisenkurs; englisch exchange rate) ist in der Außenwirtschaft und im Finanzwesen der Preis einer Währung, ausgedrückt in einer anderen Währung.

Allgemeines

Devisenkurs ist der Preis einer ausländischen Währungseinheit in Inlandswährung, während der Preis einer inländischen Währungseinheit in Fremdwährung Wechselkurs genannt wird.[1] Devisen- und Wechselkurs werden deshalb häufig voneinander unterschieden und nicht als Synonyme gebraucht, denn der Devisenkurs zeigt an, was Devisen in einem Staat kosten und nicht, was die Inlandswährung in Devisen kostet.[2] Der Wechselkurs ist der Kehrwert des Devisenkurses :[3]

.

Diese Unterscheidung lässt sich auch historisch begründen, denn früher wurden Wechsel zwischen zwei Ländern gehandelt, wobei die Wechsel eines Landes einen Kurswert in der Währung des anderen Landes hatten.[4] Helmut Lipfert zufolge stammt die Bezeichnung der Devisenkurse als Wechselkurse aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, als der internationale Devisenhandel weitgehend ein Handel mit Fremdwährungswechseln war.[5]

Der Wechselkurs setzt voraus, dass mindestens zwei Währungen miteinander verglichen werden. Der Vergleich erfolgt insbesondere durch Anleger, Exporteure und Importeure, Investoren, Manager, Spekulanten, Unternehmern oder aus statistischen Gründen für Zeitreihenanalysen, um Entscheidungen treffen zu können. Wird der Wechselkurs über die jeweiligen Wechselkurse zu einer Drittwährung ermittelt, liegt ein Kreuzkurs (englisch cross rate) vor.[6]

Der Wechselkurs ist volkswirtschaftlich sehr bedeutsam, da er unter anderem die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Währungsraumes beeinflusst (siehe Wechselkursmechanismus).

Arten

Allgemein wird unterschieden zwischen nominellem und realem Wechselkurs und zwischen festen und flexiblen Wechselkursen:

Eine bedeutende Rolle spielen Wechselkurse bei Kreditinstituten, Versicherern und Unternehmen mit Außenhandel. Für sie besteht durch Wechselkursänderungen ein Risiko (Wechselkursunsicherheit), wenn Forderungen oder Verbindlichkeiten in Fremdwährung denominiert sind.

Bilaterale und effektive Wechselkurse

Vom bilateralen Wechselkurs spricht man, wenn sich der Wechselkurs auf zwei Währungen bezieht. Betrachtet man dagegen den Wechselkurs zwischen einer Währung und einem Währungskorb, dann spricht man vom effektiven (oder auch multilateralen) Wechselkurs. Der Währungskorb wird aus den Währungen der wichtigsten Handelspartner gebildet. Der effektive Wechselkurs wird bestimmt, indem der Durchschnitt aus allen bilateralen Wechselkursen im Währungskorb gebildet wird, dabei wird jeder bilaterale Wechselkurs mit dem Anteil des jeweiligen Landes am Außenhandel gewichtet. Wird mit der Exportquote gewichtet, so spricht man vom Exportwechselkurs, wird dagegen mit der Importquote gewichtet, dann spricht man vom Importwechselkurs. Meistens wird der Durchschnitt aus dem Export- und Importanteil gebildet, in diesem Fall wird der effektive Wechselkurs als Außenwert der Währung bezeichnet.

Der effektive Wechselkurs ist von Bedeutung, weil Wechselkurse aus Unternehmenssicht vor allem wichtige Indikatoren für die eigene Wettbewerbsfähigkeit sind. Allerdings kann ein Wechselkurs per Definition immer nur genau zwei Volkswirtschaften miteinander vergleichen. Dies reduziert seine Aussagekraft. Um zu einer grundsätzlicheren Erkenntnis über die Wettbewerbsfähigkeit eines Staates zu kommen, müssten demnach auch alle anderen für Ex- und Importe wichtigen Wechselkurse berücksichtigt werden – dies leistet der effektive Wechselkurs.

Die Europäische Zentralbank (EZB) berechnet den effektiven Außenwert des Euro gegenüber den Währungen von 23 Haupthandelspartnern (die sog. EWK-23-Gruppe). Bedeutsam sind dabei jedoch v. a. der US-Dollar, das britische Pfund und der japanische Yen, die derzeit gemeinsam über 55 Prozent des gesamten effektiven Wechselkurses des Euro ausmachen. Obwohl die Währungen, die nicht zur EWK-23-Gruppe zählen, eine relativ unwichtige Rolle spielen, bestimmt die EZB auch den effektiven Wechselkurs für die 42 wichtigsten Handelspartner, die sogenannte EWK-42-Gruppe.

Mengen- und Preisnotierung

Die Mengennotierung (englisch indirect quotation), der Wechselkurs im engeren Sinne, gibt den Preis einer Einheit der inländischen Währung in Geldeinheiten der ausländischen Währung an (am Beispiel von Europa und den USA aus europäischer Sicht: Dollar je Euro). Dagegen gibt die Preisnotierung (englisch direct quotation) oder der „Devisenkurs“ den Preis einer Einheit der ausländischen Währung in Einheiten der inländischen Währung an (Euro je Dollar aus europäischer Sicht). Die Preisnotierung ist somit definitionsgemäß der Kehrwert der Mengennotierung.

In der Eurozone, Großbritannien, Australien und Neuseeland wird heute mehrheitlich die Mengennotierung verwendet, während ansonsten die Preisnotierung üblich ist, insbesondere auch in der Schweiz. In der Eurozone war bis zu der Euroeinführung auch die Preisnotierung üblich.[12]

Der Wechselkurs in Mengennotierung wird durch

berechnet, in Preisnotierung (Devisenkurs) lautet sie

.

Wechselkursrisiko

Das Wechselkursrisiko ist ein spezifisches Kursrisiko, das von dem Wirtschaftssubjekt zu tragen ist, welches mit einer Fremdwährung als Zahlungsempfänger oder Zahlungspflichtiger konfrontiert ist. Es beruht auf der Unsicherheit über zukünftige Marktentwicklungen des Wechselkurses und kommt in der Wahrscheinlichkeitsverteilung zukünftiger Ungewissheit über die Wechselkurse zum Ausdruck.[13] Hiergegen kann sich der Risikoträger durch Sicherungsgeschäfte wie insbesondere Devisentermingeschäfte, Devisenoptionsgeschäfte oder Währungsswaps absichern.

Wechselkursbildung

Ein Wechselkurs bildet sich bei flexiblen Wechselkursen am Devisenmarkt aus Devisenangebot und Devisennachfrage der betrachteten Währung. Bedeutende Einflussfaktoren sind Direktinvestitionen, unterschiedliche Preisniveaus, Spekulation, Zahlungsströme (Exporteure verkaufen ihre Devisen als Devisenangebot, was als Geldangebot auf dem heimischen Geldmarkt erscheint, Importeure entwickeln Devisennachfrage, was Geldnachfrage erzeugt) oder Zinsdifferenzen der Zinsniveaus zwischen Inland und Ausland. Wichtig sind auch nicht-monetäre psychologische Faktoren (wie politische oder Finanzkrisen, Handelskriege, Handelsstreitigkeiten, Kriege oder die Veröffentlichung von Marktdaten, volkswirtschaftlichen Kennzahlen).[14]

Technisch ist der Wechselkurs der Kassakurs eines Kassageschäfts, wenn zwischen Geschäftsabschluss und Erfüllung höchstens zwei Handelstage liegen. Bei einem Terminkurs aus einem Devisentermingeschäft ist der Zeitraum länger als zwei Handelstage (ein Monat bis zwei Jahre). Der Kassakurs unterteilt sich aus Sicht eines Kreditinstituts in den Geldkurs, zu dem Devisen von Kunden angekauft werden und den Briefkurs, zu dem sie verkauft werden. Zwischen dem Geld- und Briefkurs liegt als arithmetisches Mittel der Mittelkurs, von dem mit festgelegten Kursspannen der Geld- und Briefkurs ermittelt wird. Das gilt auch für Sorten, dem Bargeld in Fremdwährung, die von Kreditinstituten und Wechselstuben gehandelt werden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ermittelt seit Januar 1999 täglich an Handelstagen Referenzkurse der wichtigsten Währungen, die bei Finanzkontrakten oder sonstigen Verträgen zugrunde gelegt werden können.[15] Diese Referenzkurse ersetzen die Devisenkurse der im Dezember 1998 abgeschafften Devisenbörsen. Weitere Referenzwerte für Devisen sind die so genannten „EuroFX“,[16] bei denen insgesamt 17 Institute gegen 13 Uhr die Mittelkurse ihrer Wechselkurse festlegen und bei Reuters veröffentlichen; das Verfahren wurde kartellrechtlich als Widerspruchskartell genehmigt.[17]

Wechselkurstheorien

Die Wechselkurstheorien versuchen als Teilbereiche der monetären Außenwirtschaftstheorie, das Verhalten von Wechselkursen zu erklären.[18] Generell wird unterschieden zwischen Bestandsgrößen- und Stromgrößen-orientierten Ansätzen:

Wechselkursänderungen

Grundsätzlich entstehen Wechselkursänderungen durch Angebots- und Nachfrageverhalten der Marktteilnehmer. Der Wechselkurs stellt sich dort ein, wo sich Angebot und Nachfrage nach einer Währung treffen. Als Marktteilnehmer treten dabei sowohl Großanleger (z. B. Zentralbanken, internationale Großbanken und Großunternehmen) als auch Kleinanleger auf.

Wechselkursänderungen haben eine große gesamtwirtschaftliche Bedeutung und spielen daher auch im Rahmen der Währungs- und Wirtschaftspolitik eine bedeutende Rolle. Aus der Betrachtung der Wechselkursänderungen im Zeitverlauf kann darauf geschlossen werden, wie die Marktteilnehmer die Entwicklung einer Volkswirtschaft einschätzen.

Da sich der Wechselkurs auf einem sehr liquiden und oft volatilen Markt bildet, schwanken Wechselkurse in Systemen flexibler Wechselkurse erfahrungsgemäß sehr stark. Das Maß für die Schwankungsintensität eines Wechselkurses bezeichnet man als Wechselkursvolatilität. Große Wechselkursänderungen treten zumeist im Rahmen genereller Finanz- oder Wirtschaftskrisen auf.

Mathematische Darstellung

Formal lässt sich die prozentuale Änderung des Wechselkurses () wie folgt berechnen:

.

Bei einer Darstellung des Wechselkurses in Mengennotierung bedeuten positive Änderungsraten eine Aufwertung der Inlandswährung, negative Änderungsraten dagegen eine Abwertung (Devaluation). Es verhält sich genau umgekehrt, wenn der Wechselkurs in Preisnotierung (Devisenkurs) dargestellt wird, dann entsprechen positive Änderungsraten einer Abwertung und negative einer Aufwertung der Inlandswährung.

Auslöser von Wechselkursänderungen

Sind die Gründe bekannt, aus denen ein Angebots- oder Nachfrageüberhang entstanden ist, dann ist auch bekannt, wie die Marktteilnehmer (bzw. bei einem Festkurssystem die Regierung) die Entwicklung einer Volkswirtschaft einschätzen. Die wichtigsten Auslöser können sein:

Auswirkungen von Wechselkursänderungen

Änderungen des Wechselkurses (besonders gegenüber wichtigen Handelspartnern) sind bedeutsame Einflussgrößen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eines Landes und oftmals auch die seiner Handelspartner. Die Auswirkungen sind sehr vielfältig, ihre volle Entwicklung erreichen sie erst über einen längeren Zeitraum. Die wichtigsten Auswirkungen sind:

Rechtsfragen

Der Wechselkurs ist auch ein Rechtsbegriff. Bei der Immobilienfinanzierung (Immobiliar-Verbraucherdarlehen) in Fremdwährung hat der Kreditgeber den Kreditnehmer gemäß § 493 Abs. 4 BGB unverzüglich zu informieren, wenn der Wert des noch zu zahlenden Restbetrags oder der Wert der regelmäßigen Tilgungsraten in der Landeswährung des Kreditnehmers um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Wert steigt, der bei Zugrundelegung des Wechselkurses bei Vertragsabschluss gegeben wäre. Nach § 503 Abs. 1 BGB kann der Kreditnehmer die Umwandlung eines Darlehens in die Landeswährung des Kreditnehmers verlangen, wenn der Kredit nicht auf die Währung eines EU-Mitgliedstaats lautet, in dem der Kreditnehmer bei Vertragsschluss seinen Wohnsitz hat (beispielsweise Kredite in Schweizer Franken). Diese besondere rechtliche Regelung betrifft Fremdwährungsschulden, die aus Sicht des Kreditgebers neben dem Kreditrisiko auch ein Währungsrisiko beinhalten.

Gemäß § 651f Abs. 1 Nr. 2c BGB darf der Reiseveranstalter den Reisepreis einseitig erhöhen, wenn sich unter anderem nach Vertragsschluss die für die betreffende Pauschalreise geltenden Wechselkurse ändern. Hierdurch kann der Reiseveranstalter sein Währungsrisiko auf den Reisenden überwälzen.

Beim Girovertrag über Bankkonten werden gemäß § 675g Abs. 3 BGB Änderungen von Wechselkursen unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung wirksam, soweit dies im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbart wurde und die Änderungen auf den dort vereinbarten Referenzwechselkursen beruhen.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Verlag Dr. Th. Gabler (Hrsg.), Gablers Wirtschafts-Lexikon, Band 6, 1984, Sp. 2168
  2. Dieter Pentzek, Der Freie Wechselkurs: Theoretische Untersuchung der Möglichkeit eines Überganges zu einem neuen Wechselkurssystem, 1963, S. 9
  3. Claus Köhler/Gerhard Merk, Geldwirtschaft, Band 2: Zahlungsbilanz und Wechselkurs, 1979, S. 36
  4. Dieter Pentzek, Der Freie Wechselkurs: Theoretische Untersuchung der Möglichkeit eines Überganges zu einem neuen Wechselkurssystem, 1963, S. 10
  5. Helmut Lipfert, Einführung in die Währungspolitik, 1973, S. 5 FN 3
  6. Ulrich Becker, Lexikon Terminhandel, 1994, S. 370
  7. Thorsten Hadeler (Hrsg.), Gabler Volkswirtschafts-Lexikon, 1997, S. 1256
  8. Lars Tvede, Psychologie des Börsenhandels, 1991, S. 159
  9. Verlag Dr. Th. Gabler (Hrsg.), Gablers Wirtschafts-Lexikon, Band 6, 1984, Sp. 2168
  10. Thomas Plümper (Hrsg.), Lexikon der Internationalen Wirtschaftsbeziehungen, 1996, S. 44
  11. Verlag Dr. Th. Gabler (Hrsg.), Gablers Wirtschafts-Lexikon, Band 6, 1984, Sp. 2168
  12. Glossar – Wechselkurs (Memento vom 9. Oktober 2013 im Internet Archive) auf der Website der Deutschen Bundesbank
  13. Wolfgang Breuer/Thilo Schweizer (Hrsg.), Gabler Lexikon Corporate Finance, 2003, S. 578
  14. Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), Kompakt-Lexikon Wirtschaftstheorie, 2013, S. 466
  15. Deutsche Bundesbank, Devisenkurse, Euro-Referenzkurse, Gold, abgerufen am 16. November 2020
  16. EuroFX ist der Kurzname für die tägliche Ermittlung von Referenzkursen der wichtigsten internationalen Währungen gegenüber dem Euro.
  17. BT-Drs. 14/1139 vom 25. Juni 1999, Bericht des Bundeskartellamts über seine Tätigkeit in den Jahren 1997/98 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet, S. 157
  18. Thorsten Hadeler (Hrsg.), Gabler Volkswirtschafts-Lexikon, 1997, S. 1260 ff.
  19. Rüdiger Dornbusch, Expectations and Exchange Rate Dynamics, in: Journal of Political Economy Vol. 84, 1976, S. 1161–1176
  20. Ulrich van Suntum, Die unsichtbare Hand, 2005, S. 242
  21. Stephen J. Turnovsky, The Asset Market Approach to Exchange Rate Determination: Some Short - Run, Stability and Steady - State Properties, in: Journal of Macroeconomics vol. 3, 1981, S. 1–32
  22. Hisao Kanamori/Yutaka Kosai, Japanische Wirtschaft, 1997, S. 414
  23. Gerhard Schmitt-Rink/Dieter Bender, Makroökonomie geschlossener und offener Volkswirtschaften, 1992, S. 330
  24. Stanley W Black, International Money Markets and Flexible Exchange Rates, in: Princeton Studies in International Finance vol. 32, 1973
  25. William H Branson, Asset Markets and Relative Prices in Exchange Rate Determination, in: Sozialwissenschaftliche Annalen, Band 1, 1977, S. 69–89