Klassifikation nach ICD-10
Q78.8 Sonstige näher bezeichnete Osteochondrodysplasien

Osteopoikilie

ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Williams-Beuren-Syndrom

Das Williams-Beuren-Syndrom (WBS), auch bekannt unter den Synonymen Williams-Syndrom, Fanconi-Schlesinger-Syndrom, idiopathische Hyperkalzämie oder Elfin-face-Syndrom, ist eine genetisch bedingte Besonderheit, deren Ursache in einer Deletion auf dem Chromosom 7 liegt und die somit zu den Mikrodeletionssyndromen (Chromosom-7q-Syndrom) zählt.

Geschichte

Das Syndrom wurde nach dem neuseeländschen Kardiologen J. C. P. Williams und dem Göttinger Kardiologen Alois J. Beuren benannt. In der medizinischen Literatur wurde es 1961 von Williams u. a. und 1962 von Beuren u. a. erstmals ausführlich beschrieben, wobei auch Hinweise vorliegen, dass bereits John Langdon-Down, der das nach ihm benannte Down-Syndrom (Trisomie 21) 1866 und das Prader-Willi-Syndrom erstmals unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten beschrieb, eine Beschreibung des WBS vornahm:

„Ich habe Kinder mit charakteristischen Wangenknochen, vorstehenden Augen, geschwollenen Lippen und straffer Haut in meiner Fürsorge gehabt. Sie hatten wolliges Haar.“[1]

Die chronische idiopathische Hyperkalzämie, zu deren schwerer Verlaufsform das WBS gehört, wurde erstmals 1952 von Guido Fanconi, Bernard Schlesinger u. a. beschrieben.

Ursache

Seit 1993 ist bekannt, dass die Ursache des WBS eine Veränderung von mindestens 20 Genen auf dem langen Arm des Chromosoms der Nummer 7 ist: Bei 97 von 100 Menschen mit dem Syndrom lässt sich eine Deletion (= Stückverlust) im Bereich 7q11.23 nachweisen, was als Contiguous-gene-Syndrom (= Verlust mehrerer benachbarter Gene auf einem Chromosomenabschnitt) bezeichnet wird. Dies entsteht durch spontane Mutation und wirkt sich dahingehend aus, dass es unter anderem Störungen des Elastin-Gens hervorruft, das für die Bildung von Bindegewebe mitverantwortlich ist. Unmittelbar benachbarte Deletionen führen zum Mikrodeletionssyndrom_7q11.23,_distal.

Häufigkeit

Die Auftretenshäufigkeit des WBS liegt bei etwa 1:20.000 bis 1:7.500. Die Mikrodeletion und damit das WBS tritt in den meisten Fällen sporadisch auf; es gibt jedoch gelegentlich Eltern-Kind-Übertragungen, die einem autosomal-dominanten Erbgang folgen.[2]

Diagnose

Die Diagnose des WBS wird durch eine molekularzytogenetische Untersuchung von einigen Millilitern mit Heparin versetzten Vollbluts gestellt. Mittels des FISH-Tests mit Elastin-Sonde / Chromosom 7q11.23 spezifischer Sonde kann die betreffende Genbesonderheit auf dem Chromosom 7 nachgewiesen werden.

Vorgeburtlich ist die Diagnosestellung theoretisch möglich, wenngleich der entsprechende Test (Analyse von kindlichen Zellen, die meist aus dem Fruchtwasser gewonnen werden) nicht routinemäßig angewandt wird und auch bei Anwendung des Tests nicht routinemäßig nach dieser Besonderheit gesucht wird. Von daher wird ein WBS vorgeburtlich im Rahmen von Pränataldiagnostik nur selten festgestellt.

Generell wird die Diagnose nachgeburtlich oft erst vergleichsweise spät gestellt, teilweise erst im Kindergarten- oder Grundschulalter. Möglicherweise liegt dies daran, dass die Besonderheit und ihre Symptomatik vergleichsweise unbekannt sind, da sie eher selten vorkommen.

Symptome

Mit der Zeit sind verschiedene Merkmale beschrieben worden, die häufig bei Menschen mit WBS auftreten. Nicht alle Menschen weisen alle Merkmale auf beziehungsweise nicht alle Merkmale sind in gleich starker Ausprägung festzustellen:

Sonstige Merkmale

Therapie

Ein WBS ist nicht ursächlich heilbar. Die häufigsten Therapiemethoden, durch die Kinder mit WBS in ihrer Entwicklung gut gefördert werden können, sind heilpädagogische Frühförderung, Krankengymnastik und Ergotherapie. Auch Logopädie wird zur Behandlung der frühkindlichen Trink-/Saugstörung empfohlen. Besonders die musikalische Begabung und die Sprachgewandtheit sollten fördernd unterstützt werden.

Wichtig sind regelmäßige Blutdruckkontrollen (auch schon im Kindesalter), eine gründliche Zahnpflege sowie die Kontrolle des Gehörs und gegebenenfalls des Schielens.

Ein besonderes Augenmerk muss sowohl auf den Kalziumgehalt des Blutes und eine eventuell nötige Diät gelegt werden. In diesem Zusammenhang sollte sehr vorsichtig mit Vitamin D umgegangen werden, da Patienten mit Williams-Beuren-Syndrom eine veränderte Regulation des Vitamin-D-Stoffwechsels haben. Gegebenenfalls sind im Bereich des Herzens und der Nieren Korrekturoperationen notwendig. Im höheren Alter ist die Behandlung einer eventuell auftretenden Skoliose wichtig.

Trivia

Der kanadische Spielfilm Gabrielle – (K)eine ganz normale Liebe (2013) handelt von einer jungen Frau mit WBS. Hauptdarsteller sind Gabrielle Marion-Rivard und Alexandre Landry.

Literatur

Einzelnachweise

  1. zitiert nach Marga Hogenboom, 2003, S. 45
  2. Rost, Imma: Williams-Beuren-Syndrom (WBNS)