Wolf Middendorff (auch: Wolfgang Middendorf; * 6. Juni 1916 in Bielefeld; † 29. Juli 1999 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Jurist. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen und publizistischen Tätigkeit war die Kriminologie.

Leben

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Middendorff wuchs in Bielefeld auf, wo seine Eltern ein Juweliergeschäft betrieben. Im Herbst 1931 trat er dem Nationalsozialistischen Schülerbund bei, später auch der Hitlerjugend, in der er bis 1935 zum Scharführer aufstieg.[1] 1934 zog die Familie nach Freiburg-Günterstal um. Middendorf wurde 1935 Mitglied der NSDAP und machte 1936 sein Abitur. Anschließend absolvierte er ein halbes Jahr Reichsarbeitsdienst und zwei Jahre Wehrdienst an der Flak. Ab 1938 studierte er Jura und wurde nach dem 2. Semester wieder zum Wehrdienst an der Flak einberufen, den er bis auf ein Semester Jura 1941/42 bis Kriegsende 1945 ableistete.

Nachdem er im August 1945 aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, heiratete er Dorothea Aring und schrieb sich 1945/46 wieder an der Universität Freiburg ein. Er schloss 1947 die erste Staatsprüfung ab. Um seine Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst zu erhalten, fälschte er den Entnazifizierungsfragebogen. Dabei spielte er seine HJ-Karriere herunter und verschwieg seine NSDAP-Mitgliedschaft.[1] 1950 schloss er das zweite juristisches Staatsexamen ab. Er promovierte über die Jugendkriminalität nach dem Krieg in Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

Ab 1954 war er Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in den Bereichen Jugendkriminalität, historische Kriminologie und Verkehrskriminologie. Von 1955 bis zu seiner Pensionierung 1981 war er als Richter am Amtsgericht Freiburg für Verkehrsdelikte zuständig. 1966 lehrte er als Gastprofessor an der New York University. 1976 wurde er Honorarprofessor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Sein Versuch, 1959 mit Soziologie des Verbrechens. Erscheinungen und Wandlungen des asozialen Verhaltens eine Kriminalsoziologie zu formulieren, blieb laut René König in Ansätzen stecken, weil er wiederholt auf überkommene kriminologische Sichtweisen zurückfiel.[2]

Wolf Middendorfs Rolle in den nationalsozialistischen Organisationen trug ihm auch nach seinem Tod erhebliche öffentliche Kritik ein, insbesondere weil er nach dem Krieg teilweise sogar als kritischer Beobachter und „Held“ hingestellt worden war.[3]

Middendorffs Nachlass wird seit 1999/2000 im Staatsarchiv Freiburg aufbewahrt.[4]

Schriften (Auswahl)

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Hörspiel

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Markus Wolter: Am Synagogenstein. Ein Foto, ein Jurastudent und die Progromnacht gegen die Juden - Wolf Middendorff und der 10. November 1938 in Freiburg. In: Badische Zeitung. 24. Februar 2018. (alemannia-judaica.de, pdf).
  2. René König: Wolf Middendorf: Soziologie des Verbrechens. In: Aldo Legnaro, Fritz Sack (Hrsg.): Materialien zur Kriminalsoziologie (= René König Schriften. Ausgabe letzter Hand. Nr. 13). Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2020, ISBN 978-3-658-28214-1, S. 69–73, doi:10.1007/978-3-658-28215-8_10 (springer.com [abgerufen am 7. März 2023]).
  3. Markus Wolter: Am Synagogenstein. Ein Foto, ein Jurastudent und die Pogromnacht gegen die Juden – Wolf Middendorf und der 10. November 1938 in Freiburg. In: Badische Zeitung. 24. Februar 2018 (alemannia-judaica.de [PDF; abgerufen am 7. März 2023]).
  4. Anja Steeger: Biografie von Wolf Middendorff im Landesarchiv Baden-Württemberg, Mai 2013.
  5. René König: Wolf Middendorf: Soziologie des Verbrechens. Rezension. In: A. Legnaro, F. Sack (Hrsg.): Materialien zur Kriminalsoziologie. René König Schriften. (= Ausgabe letzter Hand. Band 13). Springer VS, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-658-28214-1, S. 69–73 doi:10.1007/978-3-658-28215-8_10
  6. ARD-Hörspieldatenbank
Personendaten
NAME Middendorff, Wolf
ALTERNATIVNAMEN Middendorff, Wolfgang
KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist
GEBURTSDATUM 6. Juni 1916
GEBURTSORT Bielefeld
STERBEDATUM 29. Juli 1999
STERBEORT Freiburg im Breisgau