Als Zahlungsverfahren werden im Zahlungsverkehr alle Formen und Prozesse der Übertragung von Eigentumsrechten an Zahlungsmitteln bezeichnet.[1]

Allgemeines

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Die Zahlungsmittel wechseln bei ihrer Übertragung vom Zahlungspflichtigen zum Zahlungsempfänger. Alternativ wird auch von Bezahlverfahren oder Zahlungssystemen gesprochen. Eine einheitliche Verwendung dieser Begriffe hat sich bislang noch nicht durchgesetzt. Das Spektrum der Zahlungsverfahren reicht von der einfachen Barzahlung an der Kasse bis hin zu elektronischen Lösungen (z. B. Mobile Payment).

Klassifizierung von Zahlungsverfahren

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Zahlungsverfahren können nach unterschiedlichen Kriterien klassifiziert werden. Häufig wird beispielsweise zwischen klassischen und elektronischen Zahlungsverfahren unterschieden. Klassische Zahlungsverfahren sind demnach die Nachnahme, der (Papier-)Scheck und die Überweisung, die entweder vor Lieferung (Vorauskasse) oder nach Lieferung (Zahlung per Rechnung) erfolgen kann. Zu den elektronischen Zahlungsverfahren werden die Verfahren gezählt, bei denen die Zahlung unmittelbar über elektronische Medien freigegeben werden kann (z. B. Kreditkarten- und Lastschriftzahlungen).

Unklar ist jedoch, wie die Überweisung per Onlinebanking in diese Klassifikation einzuordnen ist. Im Unterschied zur beleghaften Überweisung wird die Zahlung zwar über elektronische Medien freigegeben, allerdings kann die Freigabe nicht unmittelbar erfolgen. Stattdessen muss der Zahlungspflichtige sich zunächst in das Onlinebanking seiner Bank einloggen und dann die Überweisungsdaten manuell eingeben. Bei dem auf dem Onlinebanking basierenden Zahlungsverfahren giropay entfallen einige dieser Zwischenschritte, weshalb es eindeutig zu den elektronischen Zahlungsverfahren gezählt werden kann.

Eine weitere Unterteilung unterscheidet nach dem Zahlungszeitpunkt: „Pay before“ bedeutet Zahlung vor dem Lieferzeitpunkt, „pay now“ Zahlung zum Lieferzeitpunkt und „pay later“ Zahlung nach dem Lieferzeitpunkt. Eine eindeutige Zuordnung ist jedoch auch nach dieser Systematisierung nicht für jedes Zahlungsverfahren möglich. Wird eine über ein Mobiltelefon initiierte Zahlung über die abgerechneten Telefoneinheiten in Rechnung gestellt, so kann dies einerseits über die monatliche Telefonrechnung geschehen, was für eine Einstufung als „pay later“ sprechen würde. Es könnte sich andererseits jedoch auch um eine Prepaidkarte handeln, das Verfahren wäre dann der Kategorie „pay before“ zuzuordnen.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verzichtet daher auf die genannten Klassifizierungen und unterscheidet zwischen originären und abgeleiteten Zahlungsverfahren:[2]

Verlässlichkeit

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Die Verlässlichkeit von Zahlungssystemen in einer Volkswirtschaft ist von Liquidität, Finalität, Transaktionsrisiko und systemischem Risiko abhängig.[3]

Auswahl von Zahlungsverfahren

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Die Bedeutung des Angebots bargeldloser Zahlungsverfahren hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Zum einen verzeichnet das EuroHandelsinstitut einen starken Anstieg bei den bargeldlosen Zahlungen im stationären Handel.[8] Zum anderen nutzen immer mehr Händler das Internet als Vertriebsweg und sind hierfür auf geeignete Verfahren zur bargeldlosen Bezahlung der Waren und Dienstleistungen angewiesen.

Insbesondere im elektronischen Handel wird ein geeignetes Angebot von Zahlungsverfahren (Elektronisches Geld) immer mehr zum Erfolgsfaktor. Häufig werden Käufe abgebrochen, wenn nicht das geeignete Zahlungsverfahren zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Auswahl von Zahlungsverfahren an Bedeutung. Die Auswahl von Zahlungsverfahren hat sich an der Eignung für das vorliegende Zahlungsszenario, an den Anforderungen des Zahlungspflichtigen sowie den Anforderungen des Zahlungsempfängers zu orientieren.

Zahlungsszenarien

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Zahlungsszenarien werden nach dem Einsatzszenario, der Betragshöhe, der Herkunft der Kunden und der Häufigkeit der Zahlung unterschieden.

Kategorisierung nach dem Einsatzszenario

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Kategorisierung nach der Betragshöhe

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Kategorisierung nach der Herkunft der Kunden

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Bei ausländischen Kunden ist darauf zu achten, dass die angebotenen Zahlungsverfahren auch im Ausland verfügbar sind. Dies ist zum Beispiel bei der Lastschrift im Europäischen Zahlungsraum (SEPA) eingeführt worden.

Kategorisierung nach der Häufigkeit der Zahlung

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Bei wiederkehrend genutzten Leistungen nehmen Kunden vermutlich einen höheren einmaligen Registrierungsaufwand in Kauf als bei selten genutzten Leistungen. Auch das Risiko für den Händler nimmt ab, wenn bereits positive Erfahrungen über das Zahlungsverhalten eines Kunden vorliegen. Für den Einzug regelmäßig wiederkehrender Forderungen ist insbesondere das Lastschriftverfahren gut geeignet.

Anforderungen des Zahlungspflichtigen

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Aus Sicht des Zahlungspflichtigen ist eine möglichst sichere Zahlungsabwicklung gewünscht. Zu den weiteren Anforderungen zählen ein geringer Installations- und Registrierungsaufwand, geringe Kosten sowie eine hohe Anzahl an Akzeptanzstellen.

Anforderungen des Zahlungsempfängers

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Wie Befragungen[9] zeigen, spielt für Händler insbesondere die unmittelbare und sofortige Nutzbarkeit eines Zahlungsverfahrens (Verbreitung/Akzeptanz durch den Kunden) eine sehr wichtige Rolle. Weitere wichtige Anforderungen sind ein wirksamer Schutz vor Zahlungsausfällen, geringe Kosten und die Unterstützung durchgängiger Prozesse.

Spezifische Probleme von Zahlungsverfahren

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Aus den skizzierten Anforderungen der Zahlungspflichtigen und der Zahlungsempfänger resultieren zwei grundlegende Probleme bei der Gestaltung von Zahlungsverfahren. Zum einen führt die Forderung nach einer hohen Anzahl an Akzeptanzstellen bzw. nach hoher Verbreitung auf Kundenseite zu einem Henne-Ei-Problem. Zum anderen ergibt sich aus der beiderseitigen Forderung nach Sicherheit speziell im Fernabsatz ein Problem, da eine Zug-um-Zug-Erfüllung bei Fernabsatzgeschäften nicht möglich ist.

Das Henne-Ei-Problem

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Das Henne-Ei-Problem (auch als Netzwerkeffekt oder Pinguin-Effekt bezeichnet) ist die Ursache dafür, dass sich neue Zahlungsverfahren nur sehr schwer durchsetzen. So werden die Kunden die Anfangsaufwände (z. B. Registrierung) für ein neues Zahlungsverfahren nur dann tragen, wenn es von vielen Händlern akzeptiert wird. Die Händler integrieren ein neues Zahlungsverfahren wiederum nur, wenn es von ausreichend vielen Kunden genutzt wird. Somit kommt es zu einer Situation des gegenseitigen Abwartens und folglich zu keiner Verbreitung des Zahlungsverfahrens, solange keine kritische Masse an Nutzern erreicht ist.

Das Problem der Risikoallokation im Fernabsatz

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Im Fernabsatz ist aufgrund der Transportzeit der Ware keine Zug-um-Zug-Erfüllung wie im Präsenzhandel möglich. Daher muss entweder der Käufer (Vorauskasse) oder der Verkäufer (Warenverkauf auf Rechnung) in Vorleistung gehen. Aus dieser einseitigen Risikoallokation entsteht zwangsläufig das Risiko, dass entweder der Käufer Gefahr läuft, dass eine per Vorauskasse bezahlte Ware nicht geliefert und der bereits bezahlte Betrag nicht mehr erstattet wird (Vorauszahlungsbetrug), oder der Verkäufer geht ein Zahlungsrisiko ein. Dies besteht beispielsweise darin, dass trotz ordnungsmäßiger Lieferung eine Rechnung nicht beglichen oder eine Zahlung per Lastschrift oder Zahlungskarte wieder zurückgegeben wird. Daher werden diese Zahlungsverfahren häufig mit zusätzlichen Maßnahmen zur Absicherung von Zahlungsrisiken kombiniert, z. B. Adressprüfungen, Negativlistenprüfungen oder Bonitäts-Scorings.

Zahlung per Vorauskasse steht beim Handel im elektronischen Handel auf Platz 1 der Beliebtheit; beim Umsatz erreicht Vorkasse Platz 3.[10]

Zahlungsinstrumente

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Zahlungsinstrumente sind technische Instrumente des Zahlungsverkehrs, die einem Zahlungspflichtigen zur Verfügung stehen, um Zahlungsmittel zu übertragen. Je nach dem eingesetzten Zahlungsmittel gibt es Barzahlungen (Bargeld wie bei Hawala), halbbare Zahlungen (Barscheck oder Bareinzahlung auf ein Konto) oder bargeldlose Zahlung (Überweisungen, Echtzeitüberweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen).[11]

Siehe auch

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Literatur

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Commons: Zahlungsverfahren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kimmo Soramäki/Benjamin Hanssens: E-payments: what are they and what makes them different? (Memento vom 11. Juli 2007 im Internet Archive), S. 5
  2. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Modul „Sichere Zahlungsverfahren für E-Government“ des E-Government-Handbuchs (Memento vom 17. Januar 2012 im Internet Archive), S. 6 (PDF; 1,2 MB)
  3. Jane Kaufman Winn, Clash of the Titans: Regulating the Competition between Established and Emerging Electronic Payment Systems, in: Berkeley Technology Law Journal vol. 14/675, März 1999, S. 678 ff.
  4. Markus B. Hofer/Hans-Helmut Kotz/Diethard B. Simmert (Hrsg.), Geld- und Wirtschaftspolitik in gesellschaftlicher Verantwortung, 2004, S. 163
  5. Markus B. Hofer/Hans-Helmut Kotz/Diethard B. Simmert (Hrsg.), Geld- und Wirtschaftspolitik in gesellschaftlicher Verantwortung, 2004, S. 164
  6. Jane Kaufman Winn, Clash of the Titans: Regulating the Competition between Established and Emerging Electronic Payment Systems, in: Berkeley Technology Law Journal vol. 14/675, März 1999, S. 679
  7. Innovative Bezahlmethoden im Handel, Handelskammer Hamburg 
  8. Hauptverband des Deutschen Einzelhandels: @1@2Vorlage:Toter Link/www.einzelhandel.deEHI-Jahreserhebung zu Zahlungssystemen (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2020. Suche in Webarchiven)
  9. Ernst Stahl/Markus Breitschaft/Thomas Krabichler/Georg Wittmann: Wohin geht die Reise im eCommerce? – Ergebnisse einer Händlerbefragung im Rahmen des Projekts eCommerce-Leitfaden, S. 24
  10. Zahlungsverfahren aus Sicht der Händler (PDF; 1,2 MB)
  11. Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), 250 Keywords Bankwirtschaft, 2016, S. 191 f.