Dr Genitiv oder Genetiv isch dr 2. Fall in dr klassische Grammatik. In dr dytsche Grammatik sait mer em au Wesfall.

Im dr maischte modärne alemannische Dialäkt git s nume wenig gängigi Genitivforme. Ganz im Siide, v. a. in e Dail Walliser Gmaine un in Siidwalser Gmaine z Italie het sich no bis in s 20. Jh. e lääbige Genitiv ghalte.

Sprochligi Funktione vum Genitiv

In dr latynische Grammatik wäre unter anderem die Funktione vum Genitiv unterschide:

Genitiv bi heggschtalemannische Dialäkt

Genitiv z Tärbinu

D Elisa Wipf hed in iire Dissertation vù 1910 Die Mundart von Visperterminen Genitivfoorme im Dialäkt vù Tärbinu aagee. Laider hed si nid bschriibe, wie ùn in welene Fäl dr Genitiv bruuchd wird. Di ainzig Informazion, wù si dooderzue gid, isch: Alle vier Kasus sind in freier syntaktischer Verwendung im Sg. wie im Plur. erhalten. (Wipf 1908, S. 119).

Was ùffald, isch as d Deklinazion im Tärbiner Dialäkt no groosi Äänligkaid hed mid dr Deklinazion im Aldhoochdydsch.

Kasus Ahd. Tärbinu
Sg. Pl. Sg. Pl.
Nom. tag taga Tag Taga
Gen. tages tago Tagsch Tago
Dat. tage tagun Tag Tagu(n)
Akk. tag taga Tag Taga

Ane 2000 isch in zwai Hefder e Wèèrderbuech vù Tärbinu erschiine mid ere chùùrze grammatische Yylaidig vù dr Fides Zimmermann-Heinzmann: Die Mundart von Visperterminen, wie sie im Jahre 2000 von der älteren Generation gesprochen wurde. In dääre grammatische Skizze bschrybd d Zimmermann-Heinzmann d Deklinazion im Tärbiner Dialäkt, wien er 90 Joor noo dr Dissertation vù dr Elisa Wipf gschwäzd wird.

In dr maischde Fäl wird dr Genitiv nimi bruuchd. Vyyl wird er no bruuchd wie in vyyle alemanische Dialäkt bi Näme ùn Verwandschafdsbezaichnige: ds Vattersch Hüüs, ds Peeter-Marisch Büobu, der Greetu Leo. Doodeerbyy wird der Genitiv aliwyyl vooraagschdeld.

Weenig bruuchd wääre anderi Genitiv: ds Tagsch, ds Jaarsch. Weschschi Hüüs? Der ald Genitiv Plural ùf -o (z. B. Tago) isch faschd verschwùnde.

Genitiv im Leetschntaal

Dr Walter Henzen hed in syym Artikel Der Genitiv im heutigen Wallis d Forme ùn dr Gebruuch vùm Genitiv im Leetschntaal bschriibe. Dää Artikel isch ane 1932 erschiine ùn basierd ùf dr Schbrooch Ändi 1920er / Aafangs 1930er Joor.

Genitivbildig

schdaarchi Maskulina ùn Neutra

Sg.: ts Tagsch (dt. des Tages), ts Hirtsch (dt. des Hirten), ts Jaarsch (dt. des Jahres)
Pl.: Tagu, Hirtu, Jaaru

schdaarchi Feminina

Sg.: tr Zaal (dt. der Zahl), tr Hand (dt. der Hand), tr Heeji (dt. der Höhe)
Pl.: Zaalu, Hendu, Heejinu

schwachi Maskulina

Sg.: ts Hasen (dt. des Hasen)
Pl.: Hasu

schwachi Feminina

Sg.: tr Zungu (dt. der Zunge)
Pl. -u: Zungu

schdaarchi Adjektiv

Gen. Sg. m./n.: guäts Muätsch (dt. guten Mutes)
Gen. Sg. f. ùn Pl.: zweiär Jaaru (dt. zweier Jahre), kwaltteetigerwiis (dt. gewälttätigerweise)

schdaarchi Adjektiv

ts aalten Pfarärsch (dt. des alten Pfarrers), ts chleini Hansch (dt. des kleinen Hans), dr maarmu Liitu (dt. der armein Leute)

miinä (dt. mein), diinä (dt. dein), schiinä (dt. sein), ira (dt. ihr Sg.), iischä (dt. unser), eiwä (dt. euer), iru (dt. ihr Pl.)

Verwändig

Genitiv abhängig vù Substantiv

Dr Genitivus possessivus isch im Leetschntaal no frèi bruuchd woore. dr Wiibu Rekck (dt. die Röcke der Frauen) schdood nääbe t Wiiburrekch. In dr Bruid Huis (dt. im Haus der Braut) isch e gweenligi Foorm.

Attributivi Schdelig

Dr attributiv verwänded Genitiv wird aliwyyl voraagschdeld.
Sg.:
ts Poilisch Acher (dt. Pauls Acker)
in ts Etri Martisch Chälder (dt. in Onkel Martins Keller)
eiws Vatersch Vater (dt. der Vater eures Vaters)
iischär Muätär Huislichi (dt. die Sparsamkeit unserer Mutter)
ts Näglisch Schalla (dt. die Glocke der “Nägli” (Kuhname))
tr Loonzun Gand (dt. der Schutt der Lonza)
E fleeti Stuba isch dr Elprinu Stulz. (dt. eine saubere Stube ist der Stolz der Älplerinnen.)
Dits isch den dr Hirtärrun Aarbeit. (dt. Dies gehört zur Arbeit der Hirten.)
ts Luikchasch än Techter (dt. eine Tochter des Lukas)
Schiindra än Etru (dt. eine Onkel seiner Frau)
Pl.:
riichär Liitu Vee (dt. das Vieh reicher Leute)
selichär aarmer Liitu Chind (dt. die Kinder solcher armer Leute)
iischär än Geis (dt. eine unserer Ziegen)

Prädikativi Schdelig

Sg.:
Siid iär ts Tokchtoorsch? (dt. Seid Ihr (die Kinder) des Doktors)
Was ts Etri Stäffäsch ischt, chunt taana imbriin (dt. Was dem Onkel Stephan gehört, kommt auf der anderen Seite herunter.)
Dischi isch ts Muilsch (dt. Dieses (Halfter) ist das des Maulesels)
Dits isch ira (dt. Dieses ist ihres.)
Pl.:
Dits Holz isch dr Sigigu. (dt. Dieses Holz ist der Familie Siegen)
Dischi Weid isch iru. (dt. Diese Weide ist ihre.)

Dr Genitivus partitivus chùnd v. a. nääbe Pronomina ùn Adjektiv voor, zem Dail au nääbe Substantiv, doo aber sogar noogschdeld.

Welschin isch dä Huät? – Äsch ischt irun einä. (dt. Wessen ist dieser Hut? – Es ist einer der ihren.)
Dischä Leerch isch nuch der bessrun einä. (dt. Diese Lärche ist noch eine der besseren.)

Vyyl mool wird dr Genitivus partitivus aber au ùmschriibe mid em Dativ.

dr weegschtun ä Leerch (dt. eine der schönsten Lärchen) schdood nääbe: van weegschtän ä Leerch.
äs Kchiilo däschin (dt. eine Kilo dessen) schdood nääbe: äs Kchiilo van däm.

Anderi Foorme vùm Genitiv sin im Leetschntaaler Dialäkt säldener.

Genitivus subjectivus

ts Pfarärsch Inzug (dt. der Einzug des Pfarrers)
ts Pfarärsch Bredig (dt. die Predigt des Pfarrers)

Genitvus objectivus

zweiär Taksch Milch (dt. die Milch zweier Tage)
ts Summersch Nutz (dt. der Milchertrag eines Sommers)

Eendeer foormelhafd chùnd dr Genitvus qualitatis voor:

Där Meinung bin den iich ... (dt. Ich bin denn der Meinung ...)
Ich bin där Hoffnung (dt. Ich bin der Hoffung)

Aarg sälde isch dr Genitvus locativus.

an allä Siitun dr Chilchu (dt. an allen Seiten der Kirche), maischd mid Dativ ùmschriibe: an allä Siitun van dr Chilchu.


Genitiv abhängig vù Adjektiv, Pronomina, Adverbie

Dr Genitivus partibus chùnd v. a. hinder appas (dt. etwas) bzw. äswas (dt. irgendein) voor.

appas Guätsch (dt. etwas Gutes)
appas Schees (dt. etwas Schönes)
äswas Gäldsch (dt. irgendeine Menge Geld)
äswas Aarbeitersch (dt. irgendein Arbeiter)
äswas Tiärsch (dt. irgendein Tier)
äswas Buäbusch (dt. irgendwelche Jungen)

Au voor oder hinder Zaalwèèrder oder Quantideedsadjektiv chaa dr Genitivus partibus schdoo.

Ich han dru drii. (dt. Ich habe deren drei.)
därun eini (dt. deren eine)
Miär ässen deru viil. (dt. Wir essen deren viel.)
Schi heind gnuäg discher Cheibu. (dt. Sie haben genug von diesen Kerlen.)
Däru hei miär summi verchoift. (dt. Deren haben wir einige verkauft.)

Eender feschdi Foormle sin Uusrief wie Was Cheibsch!, Was Tiifelsch!, Was Dräkchsch! oder Phrase wie nid der Ziit haan (dt. keine Zeit haben)

ich bin schin sicher. (dt. Ich bin seiner sicher.)
Däschi bin ich froo. (dt. Dessen bin ich froh.)
Präposizione mid Genitiv

D Präposizion wäge wird no vyyl mid Genitiv bruuchd.

wägen diinä (dt. wegen deiner)
wägen miinä (dt. wegen meiner)
wägen ts Poilisch (dt. wegen Pauls)
wägen ts Bachsch (dt. wegen des Baches)

S gid aber au d Verwändig vùm Dativ bi dr Präposizion wäge.

wägen däschin (dt. wegen dessen) schdood nääbe wägen däm (dt. wegen dem).


Genitiv abhängig vù Adjektiv, Pronomina, Adverbie

Dr Genitivus partitivus chaa nääbe jeedem transitive Verb schdoo.

Miär kseen schin al Taag. (dt. Wir sehen seiner (ihn) jeden Tag.)
Welder den däru Steinu. (dt. Wollt ihr von diesen Steinen?)

Dr Genitivus partitivus schdood obligatorisch bim Verb.

Verbe mid obligatorischem Genitiv sin z. B.: achtu (auf jemanden achten), waartä (dt. auf jemanden warten), lachä (dt. über jemanden lachen), bigäärn (dt. begehren).

Reflexivi Verbe mid obligatorischem Genitiv sin z. B. ärwern (dt. sich erwehren), bigää (dt. sich begeben)


Frèii Genitivfoorme

Foormelhafdi frèii Foorme als Satzadverbie sin z. B. äs Taksch (dt. eines Tages), eis Jaarsch (dt. eines Jahres), niemaalu (dt. niemals).

Genitiv bi dr Südwalser

In dr Siidwalser Dialäkt z Italie sin no lääbigi Genitiv erhalde.

Genitivforme in andere alemannische Dialäkt

Au in andre alemannische Dialäkt git s no Forme mit eme ächte Genitiv, Biispiil:

Bi Nämme vu Persone (Vornämme) und gwüssne Personebizeichnige wie Muetter, Vatter, Pfarrer:

Bi Bezeichnunge vu dr ganze Familiä:

Anderi Genitivrelikt:

Ersatzkonschtruktione

In dr maischte alemannische Dialäkt wäre Verhältnis, wu in z. B. in dr dytsche Sproch mit eme Genitiv uusdruckt wäre, mit andere Konstriktione bildet.

Genitiv-Ersatz bi Sache

Dr Genitiv bi Sache wird in dr maischte alemannische Dialäkt mit Hilf vu dr Preposizioon vo (au vu oder vun) uusdruckt (Preposizionalkonschtrukzioon).

Oberrhiinalemannisch
Kaiserstuehl
Hochditsch
d Ägsblusjoon vum Raümschiff die Explosion des Raumschiffs
d Diäfi vu-n-ere Frejndschaft die Tiefe einer Freundschaft
s Zämmezelle vu gliche Brich das Zusammenzählen gleicher Brüche

Ganz ähnlig gohts aü in andere alemannische Dialäkt.

Genitiv-Ersatz bi Persone

Wänn dr Bsitzer e Person isch (z. B. dr Ruedi), ka dr Genitiv-Ersatz au mit Hilf vu dr Präposition vu bildet wäre: Der Götti vom Ruedi. Am beliäbteste isch aber e Ersatzkonstruktion mit Possessivpronome un Dativ: Em Ruedi sy Götti.

Oberrhiinalemannisch
Kaiserstuehl
Bärndütsch Züridütsch Schwebisch
im Määr si Iiwilligung em Ruedi sy Götti em Vatter sys Graab mei'm Soo' seine Kamerada
(in) dr Zahnärzti ihre Dechterli em Meieli syner luschtige Züpfli vom Maa synere Syte em Hans seine Schua
(in) däm si Gsicht der Mueter ihre Huet weleren ihre Maa? sei'ra Frao ihr Bäsle

(Määr = Burgemeischter; Züpfli = Zepfli)

D Ersatzkonschtruktion mit Dativ wird sältener aü bi Diärer (bsunders Hüüsdiärer mit „Familiäaschluss“) agwändet, Züri: eme Pfau si Fädere, der Chatz iri Auge, Kaiserstuehl: im Katzebissili si Kerbli. In dr Luzärndütsch Grammatik wird dä Genitiversatz as „Genitiv von Lebewesen“ bezeichnet.

Genitiv im Änglische

Im Änglisch kunnt dr ächt Genitiv (säxischer Genitiv) fascht ellai im Zämmehang mit Persoone, Familie und gwisse Dier vor: Peter’s car (im Peter si Aüto oder s Peters Aüto), Miller’s cat (s Millers Katz), my dog’s leg is broken (s Bai vu mym Hund isch broche). Andersch as im Dyytsch kunnt er au i Uusdrick vu dr Zyt vor: today’s newspaper (d Zytig vu hitt), next saturday’s party (s Fäscht vum neggschte Samstig), a three-week’s journey (e Rais, wo dryy Wuche goot).

S Aposchdroff isch aigetli e Fäälinterpretazioon; me het gmaint, Peter’s house syg gchyrzt us Peter his house; aso wie im Alemannisch: em Peter sys Huus.

Genitiv im Tirkische

Aü im Tirkische spiilt dr Genitiv e enormi Roll:

Aigetli isch das aber ekai Genitiv, sunder en Anenanderraiig vu Suffix. Uf Hochditsch nogmacht haisst das: „Hauses-unseres der-Vorderseite-seiner ein Teil dreckig-ist.“ = „Ein Teil des Vorplatzes unseres Hauses ist dreckig.“ = Vor unserem Hüüs ischs in einem Ecke dräckig.

Literatür

verschiideni Dialäkt

Alli alemannische Biispiil obe sin üs däne Grammatike, numme d Obwaldner Biispiil üs

högschtalemannischi Dialäkt

D Biispiil us em Wallis un vo dr Südwalser sin us:

Weblink

Die Mundart von Visperterminen, wie sie im Jahre 2000 von der älteren Generation gesprochen wurde