Bernhard Aschner (* 27. Januar 1883 in Wien; † 9. März 1960 in New York City) war ein österreichischer Gynäkologe und Geburtshelfer, Endokrinologe und Medizinhistoriker.

Leben und Wirken

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Die Volksschule und das Gymnasium besuchte Aschner in Wien. Ebenfalls in seiner Heimatstadt studierte er Medizin. Bereits als Student arbeitete Aschner im Anatomischen Institut, wo er von 1903 bis 1907 als Demonstrator tätig war; nach der Approbation war er Volontär in der Medizinischen Universitätsklinik in Wien. 1907 wurde er promoviert. 1907/08 war Aschner „Operationszögling“ an der I. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien. 1908 beschrieb Aschner den okulokardialen Reflex. Von 1908 bis 1912 war er Assistent an der I. Universitätsfrauenklinik in Wien. 1912 trat er aus dem Judentum aus.[1] Militärdienst leistete er als Assistenzarzt im k. u. k. Dragonerregiment Nr. 3 in Wien. Ab 1913 war Aschner Assistent in der Universitätsfrauenklinik Halle, im Februar 1914 habilitierte er sich hier für das Fach Gynäkologie und Geburtshilfe.

Wissenschaftlich befasste sich Aschner mit der neuen Frage der Hormone, unter anderem legte er Studien über die Bedeutung der interstitiellen Eierstockdrüse und die Hirnanhangsdrüse (Hypophysis cerebri) vor. Aschner vermutete 1912, dass ein vegetatives Zentrum, ein „Menstruationszentrum“ im Zwischenhirn, einigen Einfluss auf die Genitalsphäre ausübe. Von einem Sexualzentrum im Gehirn spricht Aschner erst 1918.[2]

Kriegsdienst leistete er im Ersten Weltkrieg als Regimentsarzt in Reservespitälern der k. u. k. Armee, ausgezeichnet wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz-Josephs-Ordens. 1918 habilitierte sich Aschner an die Universität Wien um. Neben seiner dortigen Tätigkeit als Privatdozent leitete er das Frauenambulatorium am Allgemeinen Krankenhaus.

Noch in den 1930er Jahren behandelte Aschner schizophrene Patienten mit „Aderlaß, Emmenagoga, Brechmittel, Abführmittel, Schwitzbäder, Hydrotherapie und tonisierender Diät“.[3]

Nach dem deutschen Einmarsch und der Annexion Österreichs verlor er wegen seiner jüdischen Herkunft die Lehrbefugnis und emigrierte in die Vereinigten Staaten von Amerika. Er eröffnete eine Praxis in New York und leitete eine Arthritis-Ambulanz an der Stuyvesant Policlinc, später am Lebanon-Hospital. 1945 wurde Aschner eingebürgert. Wissenschaftlich profilierte sich Aschner zunächst auf dem Gebiet der Inneren Sekretion (Endokrinologie), dann als Medizinhistoriker. Zwischen 1926 und 1932 veröffentlichte er eine vierbändige Übersetzung des Paracelsus (Reprint 1975–1984). Bei der Behandlung von Rheuma und Arthrose bevorzugte er historische, humoralpathologische Methoden, seine Schriften erreichten hohe Auflagen und werden bis heute aktualisiert neu herausgegeben („Die neue Aschner-Fibel: Praxis der Humoralmedizin und der ausleitenden Verfahren“, 2001; „Lehrbuch der Konstitutionstherapie“, 10. Auflage 2000). Aschner war Mitherausgeber der „Zeitschrift für biologische Heilweisen“. 1957 erhielt er den Wilhelm-Hufeland-Preis.

Familie

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Sein Vater, Samuel Aschner (ca. 1849–1917), war Inhaber einer Hemden- und Unterwäschefabrik in Wien. Seine Mutter war Paula bzw. Pauline geb. Blaustern (1853–1924). Bernhard Aschner hatte vier Brüder. Zwei seiner Brüder, der Ingenieur Emil Aschner (geb. 1884) und Richard Aschner (geb. 1886), sowie Richards Ehefrau Alice geb. Zimbler wurden 1941 vom NS-Regime in Prag verhaftet, in das Ghetto Litzmannstadt verschleppt und in der Folge ermordet.[4][5][6][7][8][9] Stolpersteine im Prager Stadtviertel Bubeneč erinnern an ihr Schicksal.

Veröffentlichungen

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Anna L. Staudacher: "… meldet den Austritt aus dem mosaischen Glauben". 18000 Austritte aus dem Judentum in Wien, 1868–1914: Namen – Quellen – Daten. Peter Lang, Frankfurt/M. u. a. 2009, ISBN 978-3-631-55832-4, S. 28.
  2. Aschner, Bernhard: Die Blutdrüsenerkrankungen des Weibes und ihre Beziehungen zur Gynäkologie und Geburtshilfe J. F. Bergmann, Wiesbaden 1918
  3. Hans Bangen: Geschichte der medikamentösen Therapie der Schizophrenie. Berlin 1992, ISBN 3-927408-82-4. S. 37
  4. holocaust.cz: EMIL ASCHNER, abgerufen am 8. Juni 2017 (mit einem Porträt)
  5. Emil Aschner in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
  6. holocaust.cz: RICHARD ASCHNER, abgerufen am 26. Mai 2017 (mit einem Porträt)
  7. Richard Aschner in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
  8. holocaust.cz: ALICE ASCHNEROVÁ, abgerufen am 8. Juni 2017 (mit einem Porträt)
  9. Alice Aschner in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
Personendaten
NAME Aschner, Bernhard
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Arzt
GEBURTSDATUM 27. Januar 1883
GEBURTSORT Wien
STERBEDATUM 9. März 1960
STERBEORT New York City