Hilbert Meyer 2006

Hilbert Lühr Meyer (* 2. Oktober 1941 in Lauenburg i. Pom.) ist ein deutscher Pädagoge. Von 1975 bis zu seiner Emeritierung im Oktober 2009 war er Professor für Schulpädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Werdegang und Leben

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Hilbert Meyer wurde, zehn Minuten nach seinem eineiigen Zwillingsbruder Meinert Meyer (der bis zu seinem Tode am 9. November 2018 Emeritus der Universität Hamburg[1] war), am 2. Oktober 1941 als viertes von sechs Kindern in Lauenburg/Pommern geboren. Meyers Eltern stammten aus dem Freistaat Oldenburg; der Vater, 1904 in eine „kaisertreue“ Marinefamilie geboren und 1936 bei Erich Rothacker promoviert, war jedoch als Dozent an die Lauenburger Grenzlandhochschule berufen worden. Vater Meyer wurde nach Kriegsende 1947 Studienrat an der Oberschule Westerstede, 1950 Schulrat des Landkreises Ammerland und 1956 schließlich Professor für Schulpädagogik an der Pädagogischen Hochschule für Landwirtschaftslehrer (aufgelöst 1969) in Wilhelmshaven.[2]

Bis zu seinem 19. Lebensjahr lebte Meyer in Westerstede; von 1948 bis 1952 besuchte er die dortige Volksschule, von 1952 bis 1961 die Oberschule der Kreisstadt.[2] Nachdem er „mit Ach und Krach“ das Abitur geschafft hatte, holte er 1962 sein Graecum an der Kirchlichen Hochschule Bethel bei Bielefeld nach. Dann nahm er an der Pädagogischen Hochschule Oldenburg ein Lehramtsstudium für Volksschulen mit Hauptfach Deutsch und den Nebenfächern Englisch, Religion, Geschichte und Mathematik auf, das er 1964 mit dem 1. Staatsexamen und der Abschlussarbeit Das Verhältnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in Schleiermachers Begriff der Erziehung unter Betreuung von Werner Loch und Herwig Blankertz abschloss.[3]

Nach drei Jahren im Schuldienst folgte Meyer für ein Promotionsstudium seinem akademischen Vater Blankertz an die Freie Universität Berlin, wo er gemeinsam mit Frank Achtenhagen und Adolf Kell einen HiWi-Job ausfüllte, und schließlich 1969 an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Da sein Lehramtsabschluss nicht für die anvisierte Stelle als Wissenschaftlicher Assistent anerkannt wurde, legte er im Februar 1970 zunächst den Magister Artium in den Fächern Erziehungswissenschaft, Philosophie und Geschichte mit der Magisterarbeit Die didaktische Konzeption der Pariser „Ecole Polytechnique“ während der Französischen Revolution ab und 1972 schließlich den Dr. phil. mit der Dissertation Das Deduktionsproblem in der Curriculumforschung. Beide Arbeiten wurden von Blankertz betreut, Zweitgutachter der Dissertation war Willi Oelmüller.[3]

Nachdem Hilbert Meyer ab April 1972 Wissenschaftlicher Angestellter des nordrhein-westfälischen Kultusministers zur Mitarbeit in der Wissenschaftlichen Begleitung des Schulversuchs Kollegschule, abermals unter Blankertz’ Leitung, gewesen war, übernahm er im Februar 1975 schließlich eine Professur (A4, später C4) an der Universität Oldenburg, zu der die PH Oldenburg gerade ausgebaut worden war.[3]

Neben Herwig Blankertz, dem Meyer bis zu dessen frühen Tod im Jahr 1983 verbunden geblieben war, nahm über die Unterrichtsmethodik der Bielefelder Theodor Schulze, ein Studienfreund Blankertz' und ebenso wie dieser ein Schüler Erich Wenigers, die Rolle von Meyers „akademischem Onkel“[4] ein, mit dem ihn auch eine Vorliebe für Jütland verbindet.

Lehren

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Bekannt wurde Meyer vor allem durch Studienbücher zur Didaktik und Schulpädagogik, die besonders im Vorbereitungsdienst Verwendung finden, sowie durch eine handlungsorientierte Inszenierung seiner Vorlesungen. Er gilt als Befürworter der in den 1970er Jahren in Oldenburg zeitweilig umgesetzten Einphasigen Lehrerausbildung und hat verschiedene reformpädagogische Projekte wie „Arbeitsstelle Schulreform“, „Oldenburger Teamforschung“ und „Forschungswerkstatt für Schulentwicklung und Lehrerbildung“ dort unterstützt bzw. aufgebaut. Meyer ist Gründungsmitglied des bildungswissenschaftlich-fachdidaktischen Promotionsprogramms Prodid und arbeitet auch am Nachfolgeprogramm Prozesse fachdidaktischer Strukturierung mit.

Handlungsorientierter Unterricht

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Hilbert Meyer vertritt einen handlungsorientierten Unterricht mit folgender Definition:

Definition Nr. 19: Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden.[5]
Definition Nr. 25: Handlungsprodukte sind die veröffentlichungsfähigen materiellen und geistigen Ergebnisse der Unterrichtsarbeit.[6]

Perspektive – Hauptfach Informatik

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Auf der INFOS 2017 in Oldenburg[7] trug Hilbert Meyer am 14. September 2017 zu Unterrichtsqualität in der digitalen Welt[8] vor und forderte die Einführung des Pflichtfachs – ja des Hauptfachs Informatik in der Sekundarstufe I.[9] Darüber hinaus forderte er, dass die Informatikfachdidaktik eine bildungstheoretische Grundlage für das 21. Jahrhundert aufrichtet.

Trivia

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Lolationsstrategien

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In seine Publikationen hat Meyer regelmäßig einen Nonsensabschnitt zu „Lolationsstrategien“ eingefügt: „Sie können in jedem meiner Bücher seit 1987 einen kurzen Abschnitt über Lolationsstrategien finden, aber noch nie hat jemand nachgefragt. In der Enzyklopädie Erziehungswissenschaft von 1986 kommt der Ausdruck ebenfalls im Stichwort "Unterrichtsinhalt" vor. Dort wird auch ein Autor genannt, der das didaktische Konzept der Lolationsstrategien entwickelt haben soll: Reyem Treblih.“[10] Die Lolationskonstruktion diene dazu, den Leser gegenüber gedruckten Texten zum kritischen Lesen aufzufordern und die Aufmerksamkeit zu testen.[11]

Meyer zufolge habe er sich den Begriff in den frühen 1970ern zusammen mit Andreas Gruschka an der Uni Münster einfallen lassen.[12]

Zwillingsvertauschungen

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Hilbert und sein Bruder Meinert Meyer nutzten im Laufe der Zeit die Tatsache, dass die meisten Menschen die Zwillinge optisch nicht unterscheiden konnten, für diverse Rollentausche. So übernahm Meinert Hilberts Arbeitsplatz in der Wissenschaftlichen Begleitung der Kollegschulen in Münster, wo der Personenwechsel von manchen Menschen auch nach Jahren nicht bemerkt wurde. Hin und wieder doubelten sich die Meyers auch zum Spaß gegenseitig auf Lehrveranstaltungen, wo viele Studierende den Personenwechsel nicht erkannten.[2]

Schriften

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Die folgende Liste ist nach Ersterscheinungsdatum chronologisch geordnet:

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Einzelnachweise

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  1. Meinert Meyer auf den Seiten der Universität Hamburg.
  2. a b c Befriedigende Arbeit in einstürzenden Neubauten (Memento des Originals vom 31. Dezember 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.member.uni-oldenburg.de, autobiographische Glosse von Hilbert Meyer an der Universität Oldenburg.
  3. a b c Wissenschaftlicher Werdegang Hilbert Meyers, Uni Oldenburg.
  4. Wortlaut Hilbert Meyers am 29. September 2017.
  5. Meyer, 1988, S. 214.
  6. Meyer, 1989, S. 158.
  7. Fachtagung des Fachausschusses Informatik und Schule der Gesellschaft für Informatik. Abgerufen am 24. September 2017.
  8. Unterrichtsqualität in der digitalen Welt
  9. Hauptfachs Informatik in der Sekundarstufe I
  10. Interview von "Forum Schule" mit Hilbert Meyer@1@2Vorlage:Toter Link/www.partner-fuer-schule.nrw.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,3 MB).
  11. Jank/Meyer 2002, S. 310; an der Universität Oldenburg startet 2004 das Forschungsvorhaben LISA (Lolalisationsstrategien im SchulAlltag); vgl. auch den kritischen Kommentar bei Baumert: "PISA meets LISA" (2004), gefunden in: Meyer, 2004, S. 109.
  12. Lolationsstrategien, Hilbert Meyer an der Uni Oldenburg.
Personendaten
NAME Meyer, Hilbert
ALTERNATIVNAMEN Meyer, Hilbert Lühr (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Pädagoge, Professor für Schulpädagogik
GEBURTSDATUM 2. Oktober 1941
GEBURTSORT Lauenburg in Pommern