Joseph Hall nach einer Gravur von John Payne (1628)

Joseph Hall (geb. 1. Juli 1574 in Ashby-de-la-Zouch, Leicestershire, England; gest. 8. September 1656 in Higham, Norfolk, England)[1] war ein anglikanischer Theologe, Philosoph, Satiriker und Moralist.

Leben und Werk

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Joseph Hall wurde unter dem Einfluss des Puritanismus an der Ashby School und an der Universität Cambridge ausgebildet.[2] Er war aufeinanderfolgend Rector (Pfarrer) von Hawstead in Suffolk, Prebendary (Pfründner) von Wolverhampton und Dean von Worcester.[3] Von 1627 bis 1641 war er Bischof von Exeter[4], von 1641 bis 1656 von Norwich.[5]

Seine Zeitgenossen kannten ihn als Andachtsschriftsteller und als einen hochkarätigen Polemiker der frühen 1640er Jahre. In der Kirchenpolitik neigte er zu einem Mittelweg, wobei er einen milden Anglikanismus vertrat, sich allerdings mehrfach in seinen Schriften polemisch gegen Rom wandte.

Ein Zeitgenosse, der Historiker Thomas Fuller, urteilte in seinem The Worthies of England[6] („Die Würdenträger Englands“) über Halls Schaffen:

„He was commonly called our English Seneca, for the purenesse, plainnesse und fulnesse of his style. Not unhappy at Controversies, more happy at Comments, very good in his Characters, better in his Sermons, best of all in his Meditations."[7] / dt.: Er wurde allgemein unser englischer Seneca genannt wegen der Reinheit, Schlichtheit und Fülle seines Stils. Nicht unglücklich in Kontroversen, glücklicher in Kommentaren, sehr gut in seinen Charakteren, besser in seinen Predigten, am besten vor allem in seinen Meditationen.

Hall schrieb unter verschiedenen Pseudonymen.[8] Seine Werke (Works) wurden in London von Pavier veröffentlicht (1625). Eine neuere zehnbändige Ausgabe seiner Werke: The works of the Right Reverend Joseph Hall gab der englische Kleriker Philip Wynter (1793–1871) heraus.[9]

Zeitüberdauernde Beachtung haben seine Sammlung von Charakterskizzen, die Characters of Virtues and Vices (1608)[10] gefunden, die – in der Tradition der Charaktere des altgriechischen Philosophen Theophrastos stehend – als ein Vorläufer derjenigen des französischen Schriftstellers La Bruyère gelten.[11] Seine Utopie Mundus alter et idem (An old world and a new)[12] kann als einer der Klassiker der utopischen Literatur betrachtet werden.

Seine Erbauungsbücher wurden im England des 17. Jahrhunderts sehr geschätzt, seine Schriften waren auch von großem Einfluss auf den deutschen Pietismus. Allein in der Bibliotheca Dilherriana beispielsweise waren zehn deutsche Übersetzungen vorhanden.[13]

Sein Traktat The Art of Divine Meditation[14] (zuerst 1606) über die Kunst der Meditation, erschien auch auf Deutsch und war eines der erfolgreichsten englischen Bücher auf dem deutschen Buchmarkt.[15]

Der deutsche reformierte Theologe Heinrich Schmettau hatte in seiner Liegnitzer Zeit drei kleinere Traktate (Drey Tractätlein) von Joseph Hall übersetzt,[16] 1665–1669 ließ er dessen Biblische Gesichter/ Oder Betrachtungen der Biblischen Historien, einen umfangreichen Bibelkommentar, folgen.[17] Der Rostocker lutherische Theologe Theophil Großgebauer übersetzte The Olde Religion (London 1628) ins Deutsche (Die Alte Religion). Auch Bernardus Ancumanus lieferte Übertragungen.

Werke (Auswahl)

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verschiedene Ausgaben und Übersetzungen

Siehe auch

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Literatur

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Commons: Joseph Hall (Bischof) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Joseph Hall – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise und Fußnoten

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  1. britannica.com
  2. britannica.com: „Educated under Puritan influences at the Ashby School and the University of Cambridge (from 1589), he was elected to the university lectureship in rhetoric. He became rector of Hawstead, Suffolk, in 1601 and concentrated chiefly on writing books for the money “to buy books.”“
  3. hymnary.org, dort nach: John Julian, Dictionary of Hymnology (1907)
  4. siehe auch Liste der Bischöfe von Exeter
  5. siehe auch Liste der Bischöfe von Norwich
  6. Nachdruck von John Nichols (1811) und P. A. Nuttall (1840) Vol.1 Vol.2 Vol.3 at books.google. (englisch)
  7. spenserians.cath.vt.edu
  8. vgl. portal.dnb.de
  9. Digitalisat von Band 1 (Oxford 1863) – mit Inhaltsübersicht zu allen Bänden
  10. Text, aus: A Book of Characters, herausgegeben von Richard Aldington, London 1924
  11. vgl. Margot Kruse: Un précurseur de La Bruyère: Joseph Hall et ses „Characters of Virtues and Vices“ en France. In: Cahiers de l’Association Internationale des Études Françaises 44/1992, ISSN 0571-5865, S. 245–260.
  12. Text, herausgegeben von H. J. Anderson, London 1908. – In einer deutschen Übersetzung: Die heutige neue alte Welt.
  13. Renate Jürgensen: Bibliotheca Norica: Patrizier und Gelehrtenbibliotheken in Nürnberg zwischen Mittelalter und Aufklärung. 2002, S. 395 (dazu Anm. 1556) (Online-Auszug; Inhaltsübersicht (Memento vom 15. April 2017 im Internet Archive))
  14. Digitalisat (1863)
  15. Johannes Wallmann: Pietismus und Orthodoxie: Gesammelte Aufsätze III. 2010, S.421 (Online-Auszug), nach: Sonthom, Bayly, Dyke und Hall: Studien zur Rezeption der englischen Erbauungsliteratur in Deutschland im 17. Jh., Dissertation Universität Bochum, Mohr, Tübingen 1987, ISBN 3-16-145100-7, S.83 (Online-Auszug).
  16. vgl. Digitalisat
  17. vgl. Digitalisate der einzelnen Bände
Personendaten
NAME Hall, Joseph
KURZBESCHREIBUNG englischer anglikanischer Bischof und Satiriker
GEBURTSDATUM 1. Juli 1574
GEBURTSORT Ashby-de-la-Zouch, Leicestershire, England
STERBEDATUM 8. September 1656
STERBEORT Higham, Norfolk, England