Unter Sprachgebrauch in der DDR werden sprachliche Ausdrucksformen zusammengefasst, die in Lexik und Stilistik nur oder besonders in der Deutschen Demokratischen Republik gebräuchlich waren. Diese Liste umfasst einerseits Begriffe der Alltagssprache, andererseits auch staatlich definierte oder in den Medien verwendete (bzw. ihnen – mittels subtilem Anpassungsdruck („Empfehlungen“) – vorgegebene) Ausdrücke, die bis 1990 üblich waren. Sie haben sich in vielen Fällen bis heute erhalten, wenngleich diese unter Umständen erst nach 1990 als vormaliger Regiolekt überörtlich bekannt wurden. Sie werden wiederum, verstärkt nach 2000, teilweise heute gezielt im Produktmarketing eingesetzt.

Der Begriff des DDR-Typischen

DDR-typisch kann ein Lexem oder Syntagma auf verschiedene Weise sein.

Begriffe, die nur im Gebiet der DDR verwendet wurden

Lexeme in dieser Gruppe wurden in ihrer Form und Bedeutung nur in der DDR verwendet. Zu dieser Gruppe gehören Wörter wie Broiler, Kombine, Plaste, Brigade, Traktorist, wobei teilweise eine Abgrenzung vom „West-Begriff“ beabsichtigt war. Einige Wörter wie Brigade wurden zwar auch im übrigen deutschen Sprachraum verwendet, jedoch in gänzlich anderer Bedeutung oder im Sonderwortschatz.

DDR-typische lexikalische Einheiten

In der DDR wurden Wörter aus dem deutschen Sprachraum oft erst dadurch typisch, indem sie zu neuen Formen verbunden wurden und eine neue Bedeutung erhielten wie etwa Volk und Buchhandlung zu Volksbuchhandlung, Jugend und Leben zu Jugendleben, oder Held und Arbeit zu Held der Arbeit. Dabei waren die neuen Formen oft Übersetzungen aus dem Russischen. Beispiele dafür sind stennaja gaseta übersetzt zu Wandzeitung oder dom kultury übersetzt zu Haus der Kultur (später entwickelt zu Kulturhaus). Ein bekanntes Beispiel für die Übernahme aus dem Russischen war auch die massenpolitische Arbeit, die statt der politischen Massenarbeit gesetzt wurde, da im Russischen Wortzusammensetzungen eher durch adjektivische Zusätze gebildet werden.

DDR-typische Bildungen

Diese Kollokationen waren oft für die DDR entstanden als typische Schlagworte und Begriffe durch die eigenartige Verknüpfung von Verben mit Präposition und Substantiven. Ein Beispiel ist das bekannte Verb delegieren, das in die DDR-typische Form mit Präposition und Substantiv zu zum Hochschulstudium delegieren geformt wurde.

Ideologische Neufärbung von Begriffen

Etablierte Begriffe wie Bodenreform wurden zum Beispiel durch Ergänzungen in eine bestimmte ideologische Form gebracht. Bodenreform … demokratische Umgestaltung auf dem Lande … entstanden Volkseigene Güter. Bestimmte Begriffe wurden entsprechend der Ideologie der SED fest definiert, so zum Beispiel wurde fortschrittlich im Sinne für den Sozialismus eintreten verwendet; parteilich verstand man im Sinne von für den Sozialismus, im Sinn der sozialistischen Partei.

DDR-typischer Wortschatz

In der DDR hatten sich auch Wörter und Redewendungen erhalten, die in der Bundesrepublik durch die dortige sprachliche Entwicklung durch neue Formen ersetzt wurden. Zu diesen traditionellen in der DDR verwendeten Lexemen gehörte die briefliche Anrede mit wert: Werte Kollegin, Werter Herr, Werter Bürger (heute aus dem allgemeinen Gebrauch verschwunden) oder auch Aktendulli (verdrängt durch den Begriff Heftstreifen). Daneben hielten sich ältere Ausdrucksformen, wie Anrichte[1] erheblich länger, sowie Wörter, die sich zwar auf die DDR-Wirklichkeit bezogen, wie Plan, jedoch ebenfalls früheren Zeiten entstammen.

Anderseits ist DDR-typischer Wortschatz auch zum Allgemeingebrauch geworden, wie Ampelmännchen, auch als Überbegriff für dessen zahlreiche Abwandlungen.

Liste DDR-typischer Wörter und Neuschöpfungen

Die folgende Liste, die sich als alphabetische Sammlung versteht, enthält gemischte Begriffe, die noch weiter unterschieden werden können.

Zeitliche, örtliche und situative Unterschiede, in welchem Sinn die Begriffe gebraucht wurden, sind außerdem möglich.

Für Abkürzungen siehe Liste von Abkürzungen (DDR). Für Markennamen siehe Liste von Markennamen und Produkten in der DDR. Spezifische Slang-Begriffe von Wehrdienstleistenden in der DDR werden außerdem als Soldatensprache der NVA gelistet.

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

A

Akten-Dulli (ca. 1950)

(zum nächsten Buchstaben – B)

B

Ferienlager des VEB Carl Zeiss Jena 1951

(zum nächsten Buchstaben – C). . . (zum Anfang der Liste)

C

(zum nächsten Buchstaben – D). . . (zum Anfang der Liste)

D

(zum nächsten Buchstaben – E). . . (zum Anfang der Liste)

E

Palast der Republik, „Erichs Lampenladen“ (1976)

(zum nächsten Buchstaben – F). . . (zum Anfang der Liste)

F

(zum nächsten Buchstaben – G). . . (zum Anfang der Liste)

G

(zum nächsten Buchstaben – H). . . (zum Anfang der Liste)

H

(zum nächsten Buchstaben – I). . . (zum Anfang der Liste)

I

Jawa Mustang „Indianerfahrrad“

(zum nächsten Buchstaben – J). . . (zum Anfang der Liste)

J

(zum nächsten Buchstaben – K). . . (zum Anfang der Liste)

K

Offizielles Foto einer ländlichen Konsum-Kaufhalle

(zum nächsten Buchstaben – L).. . (zum Anfang der Liste)

L

Deutsche und polnische Schülerinnen bei der Arbeit in einer Baumschule

(zum nächsten Buchstaben – M). . . (zum Anfang der Liste)

M

(zum nächsten Buchstaben – N). . . (zum Anfang der Liste)

N

Neubaugebiet in Berlin-Marzahn 1987

(zum nächsten Buchstaben – O). . . (zum Anfang der Liste)

O

(zum nächsten Buchstaben – P). . . (zum Anfang der Liste)

P

Schüler der Lutherschule in Gera besichtigen die erste Jugendsternwarte der DDR im Haus der Pioniere in Gera.
Pro-Kopf-Produktion von Plasten

(zum nächsten Buchstaben – R). . . (zum Anfang der Liste)*

R

Ungarische Ikarus-Omnibusse hatten ein markantes Design, das ihnen viele Spitznamen einbrachte.

(zum nächsten Buchstaben – S).. . (zum Anfang der Liste)

S

Auszeichnung VORBILDLICHES ANWESEN des Wettbewerbes „SCHÖNER UNSERE STÄDTE UND GEMEINDEN MACH MIT“
Ankunft eines Sonderzuges aus Bad Schmiedeberg mit Spielleuten und Fanfarenzügen für die III. Kinder- und Jugendspartakiade 1970
Eine Wand mit Sprelacart-Verkleidung in einem russischen Schlafwagen

(zum nächsten Buchstaben – T)(zum Anfang der Liste)

T

Taigatrommel – Diesellokomotive DR-Baureihe 120 mit lautem Motorengeräusch

(zum nächsten Buchstaben – U).. . (zum Anfang der Liste)

U

(zum nächsten Buchstaben – V). . . (zum Anfang der Liste)

V

(zum nächsten Buchstaben – W). . . (zum Anfang der Liste)

W

Wandzeitung der Wertpapierdruckerei Leipzig
Westwagen in der Stalinallee 1954

(zum nächsten Buchstaben – Z). . . (zum Anfang der Liste)

Z

(zum Anfang der Liste)

Losungen und Schlagworte

Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik von Walter Ulbricht 1958 formuliert
Losungen zur II. Parteikonferenz der SED 1952

Losungen zum Ersten Mai und anderen Demonstrationen wurden vorgegeben. Dazu wurden in der Zeitung offizielle Listen veröffentlicht, aus denen Losungen für mitgeführte Transparente gewählt werden konnten. Losungen fanden weiterhin zum Beispiel Verwendung zu Parteitagen, in Programmen zur Erfüllung der Planziele, an Gebäuden über Wandzeitungen.

Beispiele von Losungen und Schlagworten:

Manchmal wurden solche Losungen auch ironisch verwendet, zum Beispiel das Zitat Aus unseren Betrieben ist noch viel mehr rauszuholen von Walter Ulbricht, der die Erhöhung der Arbeitsproduktivität gemeint hatte. Umgangssprachlich war jedoch damit der Diebstahl von Material und Werkzeugen in den Betrieben durch Arbeiter und Angestellte gemeint, die aufgrund der schlechten Versorgungslage die gestohlenen Dinge tauschten, verkauften oder selbst nutzten.[22] In der Wendezeit 1989 aber erfanden Demonstrationsteilnehmer selbst sehr treffende, zum Teil ironische und sarkastische Losungen. Losungen wie „Wir sind das Volk!“, und „Keine Gewalt“ begleiteten die friedliche Revolution. Andere Losungen waren zum Beispiel „Stasi in die Produktion!“ (gemeint war, sie sollten arbeiten) und „Wir sind ein Volk!“ (zeitlich nach „Wir sind das Volk!“ Ende 1989/Anfang 1990).

Werbung

Plaste und Elaste aus Schkopau“ an der Elbebrücke Vockerode der Transitautobahn

Ortsnamen

Ortschaften erhielten gelegentlich offizielle Namenszusätze

oder wurden, meist politisch motiviert, umbenannt:

Projektionsworte

Von westlichen Medien als angebliche DDR-Idiomatismen verwendet, aber in der DDR nie Sprachgut oder völlig unbekannt:

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Sabine Schroeter: Die Sprache der DDR im Spiegel ihrer Literatur. Studien zum DDR-typischen Wortschatz. Gruyter, 1994, ISBN 3-11-013808-5.
  2. a b c d e Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus. 2. Auflage. Dietz, Berlin 1969.
  3. Matthias Wyssuwa: Staatlich geprüfte Rapper. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. November 2009, S. 9.
  4. Vom Antiimperialismus zur Entwicklungshilfe. Deutsche Welle, abgerufen am 4. Oktober 2020.
  5. a b Birgit Wolf: Sprache in der DDR: ein Wörterbuch. Walter de Gruyter, 2000, ISBN 978-3-11-016427-5 (google.de [abgerufen am 19. Februar 2021]).
  6. Gerhard Strauß, Ulrike Haß, Gisela Harras: Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zum öffentlichen Sprachgebrauch. de Gruyter, Berlin, New York 1989, ISBN 3-11-012078-X (= Schriften des Instituts für deutsche Sprache Band 2), S. 385 f.
  7. Klaus-Peter Möller: Der wahre E. Ein Wörterbuch der DDR-Soldatensprache. Lukas, Berlin 2000, ISBN 978-3-931836-22-1, S. 282.
  8. Jens Dobler: Gewerbsmäßige Unzucht. In: Insa Eschebach (Hrsg.): Homophobie und Devianz. Weibliche und männliche Homosexualität im Nationalsozialismus, S. 58 PDF.
  9. Wilde Nächte im Heu. In: zeit.de. 14. Februar 1997, abgerufen am 27. Juli 2021 (Bezahlschranke).
  10. Thomas Grossbölting: Friedensstaat, Leseland, Sportnation? DDR-Legenden auf dem Prüfstand, Ch. Links Verlag 2009, S. 181 online
  11. Jensen Zlotowicz: Ausstellung „Trinkkultur in der DDR“ in Jena polarisiert. In: Thüringische Landeszeitung. tlz.de, 24. April 2014, abgerufen am 8. Dezember 2015.
  12. Prenaband. Deutsches Historischen Museum, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Oktober 2016; abgerufen am 1. Februar 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dhm.de
  13. Frank Thomas Grub: „Wende“ und „Einheit“ im Spiegel der deutschsprachigen Literatur. Ein Handbuch. Band 1. de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 978-3-11-017775-6, S. 114.
  14. Unter Brüdern. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1985 (onlineVorlage:FormatDate/Wartung/Error).
  15. Artikel 10. In: Verfassung der DDR. documentarchiv.de, 1974, abgerufen am 27. Juli 2021.
  16. Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR, Dietz, Berlin 1969, S. 481ff.
  17. a b c Martin Ahrends (Hrsg.): Trabbi, Telespargel und Tränenpavillon – Das Wörterbuch der DDR-Sprache. Heyne, München 1986, ISBN 3-453-02357-9.
  18. Hans Michael Kloth: ‘’Vom ‘Zettelfalten’ zum freien Wählen: Die Demokratisierung der DDR 1989/90 und die ‘Wahlfrage’.’’(Forschungen zur DDR-Gesellschaft), Chr. Links Verlag, 2000
  19. mdr.de: Die "Umschau" unter politischer Beobachtung | MDR.DE. Abgerufen am 12. August 2022.
  20. 40 Jahre Prager Frühling. In: Der Spiegel. 18. August 2008, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 12. August 2022]).
  21. NDR: FDJ: Aufstieg und Fall der DDR-Jugendorganisation. Abgerufen am 12. August 2022.
  22. Mathias Wedel: Flattersatz: Holt mehr aus den Betrieben raus! In: nd-aktuell.de. 3. Februar 2009, abgerufen am 27. Juli 2021.