Tzvetan Todorov (bulgarisch Цветан Тодоров, dt. Transkription Zwetan Todorow; * 1. März 1939 in Sofia; † 7. Februar 2017 in Paris)[1] war ein bulgarisch-französischer Schriftsteller und Wissenschaftler. Seine Forschungstätigkeit lässt sich der Soziologie, Politik, Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte, Linguistik, Literaturwissenschaft und Semiotik zuordnen.
Todorov wanderte 1963 nach Frankreich aus und ging nach Paris, wo er 1970 promovierte. Er nahm die französische Staatsbürgerschaft an und verstand sich als Europäer. 1968 begann er seine Tätigkeit am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Paris, ab 1987 im Rang eines Directeur de recherche.
Indem Todorov Texte russischer Formalisten ins Französische übersetzte und in seinem Buch Théorie de la littérature 1965 in Frankreich herausgab, wurde er neben Julia Kristeva zum wichtigsten Vermittler russischer Literaturtheorie im französischen Strukturalismus.[2]
In seinem Werk Einführung in die fantastische Literatur (1970) beschäftigt sich Tzvetan Todorov mit der Gattung der fantastischen Literatur. Todorovs Theorie ist der Ausgangspunkt fast aller seither aufgestellter Bestimmungsversuche des Fantastischen. Die deutschsprachige Diskussion zu diesem Genre ist erst durch Todorovs Buch initiiert worden.[3][4]
Das Werk Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen (im Original erschienen 1982) behandelt die europäische Kolonisierung der Neuen Welt und das Phänomen der Alterität, das dem Westen half, die Kulturen Amerikas als Fremde zu markieren, um sie anschließend „entdecken“ zu können. Todorov fragt, wie in den Diskursen der Entdeckung und Eroberung Modelle von Andersartigkeit entstanden sind und wie diese die Prozesse nationaler und kultureller Identität in Europa beeinflusst haben, also wie dadurch „unsere gegenwärtige Identität vorgezeichnet und begründet“ wurde.[5]
Todorovs Analyse der Anerkennung ist vor allem für die Anthropologie und Soziologie von Bedeutung. Er widerspricht darin Niccolò Machiavelli und Thomas Hobbes, die Gemeinschaft nur als notwendiges Übel ansähen, zu dem der Mensch aus Mangel heraus gezwungen sei. Todorov sieht die Gemeinschaft demgegenüber als ein Bedürfnis an. Dieses stütze sich auf den psychischen Wunsch nach Anerkennung. Diese Konzeption, den Wunsch nach Anerkennung als die zentrale Bedingung des menschlichen Miteinanders anzusehen, geht auf Lacans Psychoanalyse und Kojèves Interpretation Hegels zurück.
Gastprofessuren führten ihn an die New York University, Columbia University, Harvard University, Yale University und die University of California in Berkeley. Zudem war er ab 1998 Mitglied der American Philosophical Society[6] und ab 2007 der American Academy of Arts and Sciences. Die Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique nahm ihn im Dezember 2006 als assoziiertes Mitglied auf.[7]
Todorov war mit der aus Kanada stammenden Romanautorin Nancy Huston verheiratet.