Wendelin Schmidt-Dengler (O-Töne 2007)

Wendelin Schmidt-Dengler (* 20. Mai 1942 in Zagreb; † 7. September 2008 in Wien) war ein österreichischer Literatur- und Sprachwissenschaftler. Schmidt-Dengler war Vorstand des Instituts für Germanistik der Universität Wien, Leiter des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek und Ehrenvorsitzender der Heimito von Doderer-Gesellschaft.

Leben und Werk

Wendelin Schmidt-Dengler stammt aus einer altösterreichischen Familie, die im heutigen Kroatien ansässig war. Sein Vater besaß in Zagreb eine große Fleischfabrik. Nach dessen Enteignung durch das sich am Ende des Krieges neu formierende Königreich Jugoslawien wuchs Schmidt-Dengler 1944 bis 1948 in Weiz in der Steiermark auf, ehe er in Wien die Volksschule besuchte.[1] Nach dem Schulbesuch im Wiener Gymnasium Stubenbastei studierte er Klassische Philologie und Germanistik an der Universität Wien und wollte ursprünglich Lehrer für die Fächer Latein und Deutsch werden. 1965 wurde er mit der Dissertation Stilistische Studien zu den Confessiones des Aurelius Augustinus zum Dr. phil. promoviert. 1974 folgte seine Habilitation Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. Diese Mythologeme waren für ihn ein Schlüssel zum Verständnis der Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, auf die er sich schließlich spezialisierte.

1966 wurde Schmidt-Dengler Assistent, 1980 Professor am Institut für Germanistik der Universität Wien. 1996 übernahm er die Leitung des auf seine Initiative hin gegründeten Österreichischen Literaturarchivs an der Österreichischen Nationalbibliothek, dem er die Nachlässe von österreichischen Autoren wie Ödön von Horváth, Hilde Spiel, Ernst Jandl und vielen anderen sowie Autographen von Egon Friedell bis Peter Handke sicherte. Zusätzlich nahm Schmidt-Dengler Gastprofessuren in Pisa, Neapel, Klagenfurt, Salzburg, Graz und Stanford wahr.

Schmidt-Dengler befasste sich vor allem mit der österreichischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und mit der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts, verstand sich selbst aber als die „gesamte deutschsprachige Literatur seit der Aufklärung abdeckend“.[2][3]

Dazu kamen auch Beiträge zur Antikenrezeption seit dem Humanismus.

Als wissenschaftlicher Leiter des Thomas-Bernhard-Privatarchivs edierte er die Werke Thomas Bernhards. Schmidt-Dengler hat Erzählungen und mehrere Bände Tagebücher von Heimito von Doderer sowie Werkausgaben von Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Albert Drach und Thomas Bernhard in kommentierten werkkritischen Ausgaben herausgegeben.

Sein Interesse am Sport machte ihn auch in Bevölkerungsschichten bekannt, die wenig Berührungspunkte mit der Literaturwissenschaft hatten. Häufig war er in Fußballstadien anzutreffen, deren Funktion er mit jener des griechischen Theaters verglich, in dem das Publikum Spannungen auf- und abbauen konnte.[4]

Schmidt-Dengler war von 1992 bis 1996 erster Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Germanistik.

Am 7. September 2008 erlag Schmidt-Dengler einer Lungenembolie.[5] Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 62B, Reihe 20, Nummer 30) bestattet.

Auszeichnungen

Publikationen

Einzelpublikationen

Dazu kommen etwa 400 Publikationen in Zeitschriften und Sammelbänden (1964 bis 2004).

Wissenschaftliche Reihen (Herausgeberschaft)

Herausgeberschaft

Literatur

Vortragsvideo

Einzelnachweise

  1. Ein Forscher, der Spuren sichert. Wiener Zeitung vom 8. Jänner 2008.
  2. Wendelin Schmidt-Dengler: Vortrag an der University of Toronto. Toronto 12. Mai 2000, S. Vortragseinleitung.
  3. Christian Ide Hintze, Sabine Scholl: Nachruf auf Wendelin Schmidt-Dengler. In: Der Standard. 8. Oktober 2008 (derstandard.at): „in buchstäblich allen Bereichen des „literarischen Lebens“ zu Hause.“
  4. Wendelin Schmidt-Dengler. Fernsehdokumentation von Bernhard Hain. 2008 Zusammenfassung auf orf.at (Memento vom 14. Juli 2011 im Internet Archive)
  5. Germanist Wendelin Schmidt-Dengler 66-jährig verstorben. In: Die Presse. 8. September 2008; abgerufen 8. September 2008.
  6. Schmidt-Dengler: Wissenschaftler des Jahres 2007 (Memento vom 14. Juli 2012 im Webarchiv archive.today) Germanist Schmidt-Dengler ist Wissenschaftler des Jahres 2007.