Wilferd Ferdinand Madelung (* 26. Dezember 1930 in Stuttgart;[1][2]9. Mai 2023[3]) war ein deutsch-britischer Islamwissenschaftler.

Leben und Forschung

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Nach dem Zweiten Weltkrieg (1947[4]) ging Madelung mit seinen Eltern Georg Hans Madelung und Elisabeth Emma Madelung in die USA, wo der Vater seine Karriere als Luftfahrt- bzw. Raketeningenieur fortsetzte.[5] Wilferd Madelung immatrikulierte dort an der Georgetown University in Washington DC, wechselte 1951 zum Studium der arabischen Literatur und Geschichte des Islam nach Kairo.[6] Er studierte dort bei Muḥammad Kamil Ḥusayn (1901–1961), welcher zahlreiche ismailitische Texte der Fatimidenzeit herausgab und Madelung für dieses Forschungsgebiet faszinierte.[7] Von 1958 bis 1960 diente er als Kulturattaché an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bagdad, bevor er seine wissenschaftliche Karriere begann. Später erhielt Madelung auch die britische Staatsbürgerschaft. Er war mit Margaret Madelung verheiratet;[8] sein Bruder Gero Madelung war wie der Vater Luft- und Raumfahrttechniker.

Madelung promovierte (am 30. August 1957) und habilitierte an der Universität Hamburg. Sein Promotionsthema war „Quarmaten und Fatimiden. Ihre gegenseitigen Beziehungen und ihre Lehre vom Imamat.“[9][10] Dort lehrte Wilferd Madelung 1963–1966 im Fachbereich Islamwissenschaften an seiner Alma Mater,[11] überlappend war er von 1961 bis 1978 Professor für islamische Geschichte an der Universität Chicago, später von 1978 bis 1998 Professor für Arabisch an der Universität Oxford.

Madelungs Forschungsschwerpunkte lagen in der Geschichte des frühen und mittelalterlichen Islam in seinen religiösen, intellektuellen und politischen Aspekten. Madelung publizierte über die Schia (Schiismus) und die Ismailiten sowie besonders über den Ibadismus.[12] Sein Buch von 1997 über The Succession to Muhammad (Die Nachfolge Mohammeds) ist bis heute ein weltweites Standardwerk für die Entwicklung der frühen Schia (Schiismus).

Später kamen Herausgaben früher arabischer Schriften spirituell orientierter Alchemie hinzu. Madelung war u. a. Redakteur des Journal of Arabic and Islamic Studies. Er war seit 2008 Chefredakteur der Encyclopedia Islamica[13], wo er zahlreiche Enzyklopädieartikel veröffentlicht hat. 1999 wurde er in die British Academy[14] berufen. Madelung war bis zu seinem Tod Senior Research Fellow am Institute of Ismaili Studies in London.[15] Madelung hatte bereits 20 Jahre vor seinem Tod rund 15 Bücher geschrieben oder herausgegeben, 60 Buchkapitel und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften verfasst, 130 Enzyklopädie-Artikel zum Islam publiziert sowie rund 160 Rezensionen.[16]

Im Nachruf des Institute of Ismaili Studies (London), welchem er bis zum Schluss angehörte, heißt es (übersetzt aus dem englischen Original):[17] „Mit starkem Bezug zu den religiösen Schulen und Bewegungen des frühen Islams, mit Einbezug einer Vielzahl von Primärquellen, haben seine Studien das Verständnis fast aller wichtigen muslimischen Bewegungen und Gemeinschaften bereichert – nicht nur des frühen Imami-Schiismus und der späteren Entwicklungen der Zwölfer-Schia, des Ismailismus und des zaiditischen Islam, sondern auch zu weniger bekannten Aspekten des Sunnismus, der Charidschiten und der Muʿtazila-Schulen der Theologie und Philosophie.“

Schriften (Auswahl)

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Als Verfasser

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Als Herausgeber

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Einzelnachweise

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  1. Madelung, Wilferd @ HPK.
  2. Dinars and Dirhams: Festschrift in Honor of Michael L. Bates, S. 13.
  3. German-American Islamic history scholar Wilferd Madelung passes away. In: ibna.ir. Abgerufen am 12. Mai 2023 (englisch).
  4. https://hadith.net/en/post/49669/wilferd-madelung, abgerufen am 21. Juli 2023
  5. https://geneee.org/wilferd/madelung?lang=de |access-date=2022-07-25
  6. https://web.archive.org/web/20220725144427/https://www.iis.ac.uk/news/2004/march/the-institute-s-latest-publication-honours-wilferd-madelung-s-contributions-to-islamic-studies The Institute's Latest Publication Honours Wilferd Madelung's Contributions to Islamic Studies | access-date=2022-07-25
  7. Farhad Daftary and Josef Meri (2003): Culture and Memory in Medieval Islam. Essays in Honour of Wilferd Madelung. London: Tauris. p. 5.
  8. Farhad Daftary and Josef Meri (2003): Culture and Memory in Medieval Islam. Essays in Honour of Wilferd Madelung. London: Tauris. p. 3.
  9. "Quarmaten und Fatimiden. Ihre gegenseitigen Beziehungen und ihre Lehre vom Imamat." Signatur364-13 Phil Fak Prom 1372 im Staatsarchiv der freien und Hansestadt Hamburg.
  10. Professor Wilferd Madelung FBA, auf thebritishacademy.ac.uk
  11. Madelung, Wilferd. University of Hamburg, 12. Juli 2022;.
  12. Martin H. Custers: Al-Ibāḍiyya: A Bibliography. Second revised and enlarged Auflage. Band 3. Olms Publishing, Hildesheim-London-N.Y. 2016, ISBN 978-3-487-15354-4, S. 442–444 (englisch).
  13. https://brill.com/view/serial/ISLA
  14. Fellows: Wilferd Madelung. British Academy, abgerufen am 28. Oktober 2020.
  15. Professor Wilferd Madelung, auf iis.ac.uk, abgerufen am 20. Juli 2022.
  16. Farhad Daftary and Josef Meri (2003): Culture and Memory in Medieval Islam. Essays in Honour of Wilferd Madelung. London: Tauris. p. 6.
  17. https://www.iis.ac.uk/news/2023/may/in-memoriam-professor-wilferd-madelung-1930-2023/, gesichtet am 21. Juli 2023
Personendaten
NAME Madelung, Wilferd
ALTERNATIVNAMEN Madelung, Wilferd Ferdinand
KURZBESCHREIBUNG deutscher Islamwissenschaftler
GEBURTSDATUM 26. Dezember 1930
GEBURTSORT Stuttgart
STERBEDATUM 9. Mai 2023