ZIS
ZIS-150 in einem Museum (2006)
ZIS-150 in einem Museum (2006)
ZIS-150 in einem Museum (2006)
ZIS-150
Hersteller: Sawod imeni Stalina
Verkaufsbezeichnung: ЗИС-150
ЗИЛ-150
Produktionszeitraum: 1947–1957
Vorgängermodell: Prototyp ZIS-15 bzw. ZIS-5
Nachfolgemodell: ZIL-164
Technische Daten
Motoren: ZIS-120 (ЗИС-120)
Leistung: 60–71 kW
zul. Gesamtgewicht: 8,06 t

Der Lkw ZIS-150 (russisch ЗИС-150) des sowjetischen Fahrzeugherstellers Sawod imeni Stalina (Завод имени Сталина) wurde von 1947 bis 1957 gebaut und geht auf den vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelten ZIS-15 (ЗИС-15) zurück. In verschiedenen Quellen wird der ZIS-150 auch als mit der deutschen Transkription SIS-150 geführt.[1] Im letzten Produktionsjahr wurde das Fahrzeug im Zuge der Entstalinisierung bereits als ZIL-150 bezeichnet.

Entwicklung

Feuerwehrfahrzeug ARP-2 auf Basis des ZIS-150 (2015)
Wartung eines ZIS-150 in Königsborn (1952)
Getreideernte mit ZIS-150 und zwei Anhängern in Neudorf (1952)
Restaurierter ZIS-150 in Wersdorf (2023)

Bereits Ende der 1930er-Jahre sollte der Lkw ZIS-5 (ЗИС-5) durch eine moderne Konstruktion ersetzt werden. Da die sowjetische Automobilindustrie durch die Lizenzproduktion des Ford AA als GAZ-AA Erfahrungen mit US-amerikanischen Konstruktionen gesammelt hatte, waren ihre Neuentwicklungen stark vom amerikanischen Lkw-Bau beeinflusst. Das betraf insbesondere die Konzeption, aber auch den weit verbreiteten Einbau von Otto- statt Dieselmotoren. 1938 stellte das Stalinwerk unter dem Namen ZIS-15 (ЗИС-15) das neukonstruierte Fahrzeug vor. Der ZIS-15 hatte ein neu entwickeltes Chassis, einen weiterentwickelten Motor mit einer Leistung von 82 PS (60 kW) und ein neues Ganzmetall-Fahrerhaus mit drei Sitzplätzen.[2] Aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges konnte die Neuentwicklung nicht mehr in die Serienproduktion überführt werden.

Erst 1944 baute das Stalinwerk weitere Prototypen, die nun den Namen ZIS-150 erhielten. Durch das Leih- und Pachtgesetz gelangte während des Krieges eine große Menge US-amerikanischer Technik in die Sowjetunion, darunter auch Lastwagen des Typs International K-7, die bei der Entwicklung als Vorbild dienten.[3][4] Am 30. Oktober 1947 wurden die erste Kleinserie vorgestellt. Bereits in den Erprobungen vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich gezeigt, dass der Lkw mit 82 PS (60 kW) zu schwach motorisiert war. Der ZIS-150 erhielt nun einen leistungsgesteigerten Motor mit 95 PS (70 kW), die Nutzlast konnte auf 4000 kg erhöht werden. Das Fließband für die Produktion wurde im Werk ab dem Januar 1948 eingerichtet. Die Serienproduktion begann am 27. April dieses Jahres, die Produktion des ZIS-5 wurde drei Tage später endgültig eingestellt. Ab dem Jahr 1951 wurde der ZIS-150 auch im Kutaisski Awtomobilny Sawod produziert. 1956 wurde der Name Stalins getilgt und das Herstellerwerk in Sawod imeni Lichatschowa (Завод имени Лихачёва) umbenannt. Bereits im Folgejahr wurde die Produktion des nun ZIL-150 genannten Fahrzeuges zugunsten des Nachfolgers ZIL-164 eingestellt. Insgesamt wurden 774.615 Fahrzeuge vom Typ ZIS-150 in verschiedenen Versionen produziert.

Konstruktion

Der Lkw wurde von einem Sechszylindermotor ZIS-120 (ЗИС-120) angetrieben. Erstmals im sowjetischen Nutzfahrzeugbau kam ein handgeschaltetes Fünfganggetriebe zum Einsatz, das über eine Zweischeiben-Trockenkupplung mit dem Motor verbunden war. Ebenso neu im sowjetischen Lkw-Bau waren druckluftbetätigte Bremsen. Die Hinterachse war zwillingsbereift, alle Achsen waren mit Blattfedern gefedert und als Starrachsen ausgeführt. Als Schwachpunkt der Konstruktion erwies sich die Kardanwelle, die zur Rissbildung neigte und dann unter Volllast brach. Dabei wurden oftmals die Schläuche der Druckluftanlage zerstört, was zu einem schlagartigen Verlust der Bremsleistung führte.

Die Kabine bestand aus einem Holzgerüst, das mit Blech beplankt und Schutzlack versehen wurde. Die Türen waren aus Holz. Die Seitenscheiben waren versenkbar, die linke Hälfte der zweigeteilten Frontscheibe konnte ausgestellt werden.

Im Jahr 1950 wurde der ZIS-150 modernisiert. Das Fahrzeug bekam einen neuen Vergaser und einen neuen Auspuffkrümmer, das Fahrerhaus wurde nun vollständig aus Metall gefertigt.

1956 bekam der Motor des Lkw einen Leichtmetall-Zylinderkopf, das Verdichtungsverhältnis stieg auf 6,2 an. Zusammen mit dem neuen Ansaugsystem führte das zu einer Leistungssteigerung auf 71 kW. Der Rahmen wurde verstärkt, das Fahrzeug erhielt nun hydraulische Stoßdämpfer und der Federweg der Blattfedern an der Vorderachse wurde durch Gummipuffer begrenzt. Im Rahmen der Umbenennung des Herstellerwerkes wurde auch das Tiefziehwerkzeug für die Motorhaube geändert, da in diese die Abkürzung des Namens eingeprägt war.

Versionen

Der ZIL-158, später LiAZ-158, nutzte Baugruppen des ZIS-150

Der ZIS-150 war die Basis für die Produktion eine Vielzahl von Baumaschinen, Kranen, Muldenkippern, mobilen Maschinen und Geräten, Holztransportern, Kehrmaschinen, Sprengwagen, Feuerwehrfahrzeugen, Tankwagen und anderen Spezialfahrzeugen. Baugruppen und auch die kompletten Fahrwerke wurden für die Produktion von Bussen eingesetzt. Für die Sowjetarmee wurde der Lkw als Standard-Pritschenwagen hergestellt. Der ZIS-150 diente dort auch als Trägerfahrzeug für spezielle Ausrüstung wie Funkgeräte, als Entgasungsfahrzeug oder Tankwagen.

Serienversionen

Unter Verwendung von Komponenten

AKZ-1 mit ZIS-150-Fahrgestell in Moskau (2010)

Prototypen

Lizenzbauten

Chinesische Banknote mit Abbildung eines Jiefang CA-10 oder ZIS-150

Technische Daten

Für die Grundversion mit Pritsche, Stand 1950.[6]

Abmessungen und Gewichte

Einsatz

ZIS-150 beim Gleisbau in der Warthaer Straße in Dresden-Leutewitz

Der ZIS-150 gehörte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu den weit verbreiteten Fahrzeugen und wurde in allen Regionen der Sowjetunion eingesetzt. Er war einfach zu produzieren und auch einfach zu unterhalten, jedoch litt er als erster in Großserie hergestellter sowjetischer Lkw unter zahlreichen Kinderkrankheiten, die jedoch zum Teil während der Produktion abgestellt werden konnten. Dazu kam der durch die im Allgemeinen schlechten Straßenverhältnisse beschleunigte Verschleiß und das Fehlen einer Lenkunterstützung. Die sowjetische Post würdigte die Bedeutung des ZIS-150 für die Wirtschaft 1976 durch die Herausgabe einer Briefmarke.

Der ZIS-150 wurde auch in zahlreiche Länder exportiert und in Rumänien und in China in Lizenz produziert. Dort leistete die Produktion Hilfe bei der Entwicklung einer eigenständigen Automobilindustrie. Für die Volksrepublik China war die Produktion des Jiefang CA-10 genannten Lkw so bedeutsam, dass er auf einer Banknote verewigt wurde.

Auch die DDR importierte den ZIS-150 ab 1949. Im zivilen Bereich wurden vor allem der Pritschenwagen und der Muldenkipper genutzt. Hauptverwaltung Ausbildung, Kasernierte Volkspolizei und Nationale Volksarmee nutzten den ZIS-150 als Zugmaschine, Tankwagen und Trägerfahrzeug für Spezialaufbauten.[7]

Einzelnachweise

  1. siehe DV-17/5 Kfz.-Typen der Nationalen Volksarmee, Ausgabe 1963
  2. siehe ЗИС-15 – интересный довоенный прототип (russisch)
  3. ЗИС-150 – рабочая лошадка послевоенного периода (russisch)
  4. Międzynarodowe Targi Poznańskie: ZIS-150. 1948, S. 3 ff, abgerufen am 27. November 2022 (polnisch).
  5. SR 101 bei Automobile Romanesti (rumänisch)
  6. T. A. Wwedenskim: Автомобиль ЗИС-150. Краткая инструкция по эксплуатации. S. 5 ff.
  7. Siehe Kopenhagen, S. 118.

Literatur