Antony Beevor in Göteborg 2015

Sir Antony James Beevor (* 14. Dezember 1946 in Kensington, London) ist ein britischer Historiker, der unter anderem verschiedene Werke über den Zweiten Weltkrieg verfasst hat, sowohl über die Schlacht von Stalingrad, die Luftlandeschlacht um Kreta, die Landung in der Normandie und die Schlacht um Berlin als auch zum Spanischen Bürgerkrieg.

Leben

Beevor ist der Sohn von Kinta Beevor und John G. Beevor. Er besuchte das Winchester College und studierte an der Royal Military Academy Sandhurst, unter anderem bei dem berühmten Historiker über den Zweiten Weltkrieg John Keegan. 2002 hielt er die Lees Knowles Lectures an der University of Cambridge. Er ist Chevalier de l’Ordre des Arts et Lettres, Ehrendoktor der University of Kent und Mitglied der Royal Society of Literature. 2017 wurde Beevor als Knight Bachelor in den Adelsstand erhoben.[1] Bevor Beevor zum Bestsellerautor wurde, diente er als Berufsoffizier in der britischen Armee.[2] Er ist mit der Schriftstellerin Artemis Cooper verheiratet.[3]

Rezeption seiner Werke

The Fall of Berlin 1945

Von der BBC wurden die Forschungen zum Thema seiner im Jahr 2002 in 24 Sprachen erschienenen Publikation The Fall of Berlin 1945 (Berlin 1945: Das Ende) begleitet, und ein Dokumentarfilm auf BBC 2 gesendet.[4] Als Bestseller in Großbritannien und in sieben weiteren Ländern erreichte es die „Top five“ der Verkaufs-Listen in weiteren acht Ländern.[5]

Das zentrale Thema dieses Buches sind Gewalttaten sowjetischer Soldaten, begangen an deutscher, aber auch sowjetischer Zivilbevölkerung, nach der sowjetischen Besetzung Deutschlands gegen Ende des Zweiten Weltkrieges.[6]

Die Publikation stieß in Russland auf scharfe Kritik.[7] Der russische Botschafter in Großbritannien bezeichnete das Buch als „Lüge“ und „Verleumdung des Volkes, das die Welt vom Nazismus befreit hat“.[8] O. A. Rscheschewski, Vorsitzender der Vereinigung der russischen Weltkriegshistoriker, bezichtigte Beevor, in der Art neo-nazistischer Historiker zu argumentieren, die die Rote Armee als untermenschliche asiatische Horden dargestellt haben: „Das zentrale Thema dieses Buches, nicht dem Umfang, aber der Bedeutung nach sind eindeutig brutale Gräueltaten sowjetischer Soldaten und Offiziere gegen die deutsche Bevölkerung, die Wiederbelebung des Bildes asiatischer Horden, das den Deutschen von der Nazipropaganda und später von einer kleinen Gruppe Neonazi-Historiker eingehämmert worden war, von denen sich [das Volk] in Deutschland schon längst abgewandt hat. Der zentrale Gesichtspunkt dieses Buches, um den der Autor seine Argumentation aufgebaut hat, sind brutale Gräueltaten des sowjetischen Militärs, insbesondere die Vergewaltigung deutscher Frauen, ist in dem folgenden Satz enthalten: ‚Das Bild von Soldaten mit Taschenlampen, die sich unter Frauen in Bombenkellern ihre Opfer aussuchen, ist charakteristisch für alle sowjetischen Armeen in der Schlacht um Berlin.‘“[9]

In einem Interview mit BBC News Online gab Rscheschewski allerdings zu, Beevors Buch nur in Ausschnitten und ohne Quellenangaben gelesen zu haben. Gemessen an dem, was die deutsche Armee in der Sowjetunion angerichtet habe, hätten die Deutschen eine „Lawine der Rache“ erwarten können. Dies sei jedoch nicht geschehen und „die Mehrheit der Soldaten und Offiziere der Roten Armee […] habe die Zivilbevölkerung human behandelt“. Beevor betonte in seiner Antwort, dass er seine Ergebnisse wesentlich auch aus sowjetischen Quellen bezogen habe. Frauen seien zur sexuellen Beute der Roten Armee geworden und diese habe auch nicht vor weiblichen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiterinnen halt gemacht, wie sowjetische Archive belegten.[10]

Der Zweite Weltkrieg

Beevors 2012 auf Englisch und 2014 auf Deutsch erschienenes Werk Der Zweite Weltkrieg fand eine insgesamt sehr positive Aufnahme. Rainer Blasius beurteilt Beevors Buch als „Meisterwerk“, vor allem im Hinblick auf die Zusammenschau der Kriegsschauplätze und Machtzentren. Die Hauptverantwortung der NS-Führung für den Krieg sei eindeutig, doch hätten die aktive Beteiligung von Wehrmacht, Beamten fast aller Ministerien, eines großen Teils der Industrie und des Verkehrswesens eine Aufarbeitung der Geschehnisse nach 1945 in Deutschland selbst lange Zeit verhindert. Der Bombenkrieg der Alliierten sei hauptsächlich dem Unvermögen Großbritanniens geschuldet gewesen, auf andere Weise zurückschlagen zu können. Der eigentliche Fehler der Westmächte habe darin bestanden, die Teilung Europas weitgehend nach Stalins Vorstellungen zuzulassen.[11]

Der zum Themenfeld Geschichte des Nationalsozialismus führende britische Historiker Richard J. Evans betont, es gelinge Beevor nicht nur eine umfassende Analyse der militärischen Strategien und Taktiken im Zweiten Weltkrieg, sondern auch eine scharfsinnige Darstellung und Kritik der politischen und militärischen Führer. Von den deutschen Generälen werde vor allen anderen Rommel überschätzt. Dieser habe extrem leichtsinnig agiert und nur deswegen eine große Reputation erworben, weil die alliierten Propagandisten ein Interesse daran gehabt hätten, ihn zum fähigen Heerführer zu stilisieren, um so das unfähige Handeln der britischen militärischen Führung in Nordafrika zu verschleiern. Über solche Einzelanalysen hinaus gelinge es Beevor zu zeigen, dass die europäischen Kriegsschauplätze und diejenigen im pazifischen Raum eng aufeinander bezogen waren und es sich tatsächlich um einen zusammenhängenden Krieg und nicht um zwei weitgehend voneinander getrennte Konflikte gehandelt habe. Kritisch zu bewerten an Beevors Werk ist nach Evans, dass es zu sehr aus „zahlreichen Mini-Erzählungen“ bestehe, die Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkrieges eher oberflächlich behandle und insbesondere die ökonomischen Aspekte des Krieges fast vollständig ausklammere.[12]

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Romane

Sachbücher

Literatur

Einzelnachweise

  1. The London Gazette (Supplement) no. 61803. p. N2
  2. Richard Evans: Vollendete Unfähigkeit. Antony Beevor unterzieht fast alle Militärführer des Zweiten Weltkrieges scharfer Kritik. In: Süddeutsche Zeitung, 30. September 2014, S. 15.
  3. Antony Beevor: Der Zweite Weltkrieg. Aus dem Engl. von Helmut Ettinger. Bertelsmann, München 2014, S. 894.
  4. 3sat Brutaler Beutezug, 10. Januar 2003 (Memento des Originals vom 30. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.3sat.de
  5. MDR Antony Beevor - Fachberater und Autor, 15. September 2003 (Memento vom 18. Oktober 2003 im Internet Archive)
  6. MDR Interview 2003 (Memento vom 9. Mai 2004 im Internet Archive)
  7. www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2002/01/25/wruss25.xml
  8. www.telegraph.co.uk/opinion/main.jhtml?xml=/opinion/2002/01/25/dt2506.xml
  9. gpw.tellur.ru/page.html?r=books&s=beevor (Memento vom 15. Mai 2009 im Internet Archive)
  10. Chris Summers: Red Army rapists exposed. BBC News, 29. April 2002, abgerufen am 3. November 2013 (englisch).
  11. Rainer Blasius: Der Preis der Befreiung. Am Ende des Zweiten Weltkrieges mussten die Westmächte eine Hälfte Europas dem Stalinismus überlassen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. September 2014.
  12. Richard Evans: Vollendete Unfähigkeit. Antony Beevor unterzieht fast alle Militärführer des Zweiten Weltkrieges scharfer Kritik. In: Süddeutsche Zeitung, 30. September 2014, S. 15.
  13. OT The Spanish Civil War.
  14. Ebenfalls in diesem Jahr gewann Julie McMahon den Historical Picture Researcher of the Year für John Beevors „Stalingrad“
  15. Rezensionen in: Die Welt, Frankfurter Allgemeine, Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost, 2002.
  16. Rezension von Niels Beintker, Deutschlandfunk, 11. August 2014.