Eine Bruderschaft ist eine organisierte Gemeinschaft von Männern, die sich untereinander „Brüder“ nennen und gemeinsame Interessen verfolgen. Sie ist eine Form des Männerbunds. Einzelne Bruderschaften haben sich im Laufe der Zeit auch für Frauen geöffnet. Schwesternschaft oder Sororitas (von soror „Schwester“) bezeichnet eine entsprechende reine Frauen-Gemeinschaft. Alle diese Gemeinschaften beziehen sich auf Brüderlichkeit (bzw. Geschwisterlichkeit) als eine ihrer Grundlagen. Häufig versichern sich ihre Mitglieder gegenseitig durch einen Schwur/Eid sowie regelmäßige Rituale ihrer Treue.

Je nach dem gemeinsamen Interesse gibt es verschiedene Arten von Bruder- und Schwesternschaften. Im engeren Sinne werden nur religiöse, besonders christliche, Zusammenschlüsse für gemeinsame fromme oder wohltätige Aufgaben „Bruderschaft“ genannt. Teilweise wird der Begriff aber auch auf andere Männerbünde erweitert, die nicht typischerweise religiös motiviert sind, aber vergleichbar kultisch organisiert, bspw. Freimaurerlogen oder Studentenverbindungen.

Etymologie

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Für Bruderschaften existieren im Deutschen seltener auch die Alternativbezeichnungen Brüderschaft oder Fraternität von lateinisch frater („Bruder“, plural fratres, auch confratres).

In Spanien nennen sich vor allem geistliche Bruderschaften Hermandad (hermano „Bruder“), in besonderen Fällen auch Cofradías („Mitbruderschaft“). Die französische Entsprechung Confrérie findet sich als Namensbestandteil verschiedener Gemeinschaften (siehe unten). Ähnlich heißen die Bruderschaften auch in Italien normalerweise Confraternita oder Arciconfraternita, in der Republik Venedig werden sie Scuole genannt.

Geschichte

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Bereits in vorgeschichtlicher Zeit bildeten sich kultische und geistliche Körperschaften von Geistlichen und Laien als Zusammenschlüsse zu gemeinsamen Zeremonien, wechselseitigen Dienstleistungen und wohltätigen Zwecken, meist getrennt nach Frauen und Männern, beispielsweise in den frühen Mysterienkulten.

Vorchristliche Beispiele für kultisch, wirtschaftlich und politisch ausgerichtete Bruderschaften waren die altgriechischen Familienverbände der Phratrien (fratér „Bruder“); sie organisierten sich nur nach ihrer vaterseitigen Abstammung (patrilinear), bezogen aber eingeheiratete Frauen ein. Auch die Mitglieder von Kaufmannsgilden, Zünften und Gewerkschaften verstanden und verstehen sich als Brüder, teilweise mit politischen Ansprüchen, ebenso viele Geheimgesellschaften (siehe auch verschiedene Versammlungsformen zu einem „Brudermahl“).

Im deutschen Recht können Bruderschaften heute als Körperschaften gelten.

Geistliche Gemeinschaften

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Judentum

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Christentum

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Ab dem Mittelalter entstanden in West- und Mitteleuropa katholische Bruder- und Schwesternschaften nach dem Vorbild der Ordensgemeinschaften. Die ältesten heute bekannten Bruderschaften waren die Gemeinschaften der Beginen und Begarden, die Kranken und Schutzbedürftigen Hilfe boten und ein geistliches Leben führten. Die Flagellanten („Geißler“) übten intensive Bußpraktiken. Eine besondere Bedeutung hatten auch die Kalandsbruderschaften für verschiedene Berufsgruppen. Die Bruderschaften verstanden sich als Gebetsgemeinschaft, einige auch als Pilger- oder Wallfahrtsgemeinschaft und hatten eigene kirchliche Rechte wie das Feiern von Gottesdiensten. Auch gewährten manche Bruderschaften Pilgern, Ortsfremden, Schutzlosen oder Kranken Hilfeleistungen in eigenen Hospizen und Krankenhäusern.

Viele Bruderschaften wurden von einer Ordensgemeinschaft initiiert, hatten eine besondere Nähe zur Spiritualität des jeweiligen Ordens und waren in der Regel an den Klosterkirchen orientiert. So gründeten die Dominikaner vielerorts Rosenkranzbruderschaften oder die Militia angelica Thomae Aquinatis („Gefolgschaft des engelgleichen Thomas von Aquin“), die Franziskaner Kreuzbruderschaften oder Gürtelbruderschaften des hl. Franziskus und die Jesuiten Herz-Jesu-Bruderschaften. Gürtelbruderschaften trugen als Zeichen von Wachsamkeit, Buße und Abtötung einen ledernen Gürtel oder einen Strick; sie bezogen sich auf Bibelstellen wie „Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt“ (Lk 12,35 EU) oder „Gott hat mich mit Kraft umgürtet und vollkommen machte er meinen Weg“ (Ps 18,33.40 EU).[1]

Bei den reformierten Kirchen erloschen die Bruderschaften infolge der Reformation. Im Katholizismus ordnete Papst Clemens VIII. das Bruderschaftswesen kirchenrechtlich und legte es in der Bulle Quaecumque von 1604 auf seine religiöse Bestimmung fest. Danach waren die Bruderschaften, besonders im 17. und 18. Jh. bis zur Säkularisation, ein wesentlicher Bestandteil der katholischen Volksfrömmigkeit.

In Polen-Litauen entstanden seit dem 16. Jahrhundert regionale orthodoxe Bruderschaften, die ihre Konfession gegen katholische und reformatorische Einflüsse stärken wollten und ebenfalls Kranken und Schutzbedürftigen Unterstützung boten.

Den katholischen Erzbruderschaften gewährte der Codex Iuris Canonici von 1917 einen besonderen Rang unter den Bruderschaften. Deren Zweck war unter anderem die Weitergabe der ihnen gewährten Privilegien, vor allem von Ablässen, an ihre Mitglieder.[2]

Zahlreiche Schützenbruderschaften verstehen sich als Gemeinschaften innerhalb der römisch-katholischen Kirche und sind häufig nach einem Heiligen benannt (St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft, St.-Hubertus-Bruderschaft o. ä.)

Bruderschaften
Schwesternschaften
Schwestern- und Bruderschaften

Islam

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Andere Gemeinschaften

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Weltweit kennen alte Bräuche eigene Formen der Blutsbrüderschaft als Verbindung zweier nicht miteinander verwandter Männer (Schwurbruderschaft), die durch eine feierliche Vermischung von Blutstropfen geschlossen wird. Allgemein gebräuchlich ist eine symbolische Verbrüderung durch „Brüderschaft trinken“, wodurch die Beziehung zueinander von einer förmlichen Anrede zu einer freundschaftlichen wechselt, vom Siezen zum Duzen als Ausdruck der persönlichen Nähe.

Bruderschaften

Einzelbeispiele, in geschichtlicher Abfolge:

„Bruderschaft/Brüderschaft“ als traditioneller Namensbestandteil bergmännischer Anlagen:

Schwesternschaften

Auf Französisch: Confrérie

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Die Bezeichnung Confrérie (französisch „Mitbruderschaft“) führen verschiedene Gemeinschaften in ihren Namen:

Auf Italienisch: Confraternita, Arciconfraternita und Fratellanza

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Zu Bruderschaften in der Republik Venedig siehe Scuole

Alle folgenden Vereinigungen sind religiöse Bruderschaften der katholischen Kirche. Arciconfraternita („Erzbruderschaft“) ist die Bezeichnung für einen übergeordneten Zusammenschluss von Bruderschaften desselben Namens, beispielsweise aus verschiedenen Orten. Der Titel kann auch verliehen werden, weil sich eine Bruderschaft besonders durch fromme Werke o. ä. hervorgetan hat. Zugleich genießen die Arciconfraternite besondere Rechte, aber auch Pflichten. Die meisten gibt es in Rom, wo es früher üblich war, dass eine Arciconfraternita am Namenstag ihres Patrons den Papst um die Freilassung eines Gefangenen oder zum Tode Verurteilten bitten durfte (die Bitte wurde normalerweise gewährt).

Siehe auch

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Romane:

Filme:

Literatur

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Wiktionary: Bruderschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

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  1. Karl Suso Frank: Gürtelbruderschaften. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995, Sp. 1110.
  2. Helmut Schnizer: Die kirchenamtlichen Vereine. In: Joseph Listl (Hrsg.): Grundriß des nachkonziliaren Kirchenrechts. Pustet, Regensburg 1980, ISBN 3-7917-0609-8, S. 370–373, hier S. 373.
  3. etwa im 19. Jahrhundert in der Domkirche zu Würzburg
  4. a b etwa im 19. Jh. bei den Karmeliten in Würzburg. Vgl. Wolfgang Weiß: Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 430–449 und 1303, hier: S. 434.
  5. campus-lachen.de: Das Diakonissen-Mutterhaus, abgerufen am 12. Juli 2021.
  6. a b Storia del Gonfalone. Abgerufen am 24. Dezember 2016.
  7. Maurizio Ulino: Una confraternita viva dal XIII secolo. S. Maria della Neve della città di Campagna (13 dicembre 1258). In: Studi & Ricerche. Campagna (Sa), 2010.
  8. Gaetano Moroni: Dizionario di erudizione storico-ecclesiastica. Band XLII Marino.