Die Cemetery-H-Kultur ist eine bronzezeitliche Kultur, die schwerpunktmäßig um 1700 v. Chr. im Norden der Indus-Kultur (im westlichen Punjab in Indien und Pakistan) verbreitet war.

Typlokalität und Etymologie

Verbreitungsgebiet der Cemetery-H-Kultur im Norden des indischen Subkontinents

Die Typlokalität der Cemetery-H-Kultur befindet sich in Harappa. Ihren Namen erhielt die Kultur von einem Friedhof (engl. cemetery), der sich im Ausgrabungsareal H von Harappa befand und mit Bestattungsurnen überfüllt war.

Zeitliche Stellung

Die Cemetery-H-Kultur bildet einen Teil der Spätphase von Harappa (Harappa 4 und Harappa 5). Sie gehört ferner zur Punjab-Phase, die eine der drei Phasen darstellt, welche für die Lokalisierungsära (engl. localization era) der Indus-Zivilisation ausschlaggebend sind.[1][2]

Überreste der Cemetery-H-Kultur konnten auf den Zeitraum 1900 bis 1300 v. Chr. datiert werden. Manche Experten betrachten sie zusammen mit der Gandhara-Grabkultur und der Ochre-Coloured-Pottery-Kultur als Kern der Vedischen Zivilisation.

Verbreitungsgebiet

Das Hauptverbreitungsgebiet der Cemetery-H-Kultur lag an den Indusoberläufen Chanab, der die nordwestliche Grenze bildete, am Ravi, entlang dem Sarasvati sowie am Satluj und am Beas. Von hier erstreckte es sich aber weiter nach Osten bis an die Yamuna und an den Ganges (Doab). Keramikreste der Cemetery-H-Kultur wurden in Nordpakistan bis in die Swat-Gegend angetroffen, wo eine Vermischung mit lokalen Stilen beobachtet werden kann.

Beschreibung

Zu den herausragenden Merkmalen der Cemetery-H-Kultur gehören:

Die Praxis der Feuerbestattung war in Indien ein Novum. Hierauf beziehen sich auch die Veden, die beispielsweise im Rigveda (RV 10, 16, 14) Vorfahren erwähnen, welche sowohl verbrannt (agnidagdha) als auch unverbrannt (anagnidagdha) beigesetzt wurden.[5] Die unterschiedlichen Bestattungsmethoden und der neue Keramikstil bedingen nicht nur einen Wechsel in den religiösen Vorstellungen der damaligen Menschen, sondern auch neue wirtschaftliche und politische Organisationsformen. Dieser Wechsel war jedoch gradueller Natur. Eine gewisse ideologische Kontinuität zeigt sich im Schmuck, der trotz der Versorgungskrise in “neuem Gewand” überdauerte. Dies könnte bedeuten, dass die Elite der späten Harappa-Zeit aus angestammten Gemeinschaften in Harappa selbst hervorging oder aus einer Synthese von ortsansässigen und fremden Elementen resultierte.[6]

Siedlungen

Auch wenn bisher noch keine großen Flächenausgrabungen erfolgt sind, so legen bisher bekannte Siedlungsmuster nahe, dass eine drei- oder vierschichtige Siedlungshierarchie und auch städtische Zentren weiter fortbestanden. Der Archäologe Kenoyer gibt zu bedenken, dass die Cemetery-H-Kultur im Vergleich zur Indus-Kultur nur eine Schwerpunktsverschiebung der Siedlungsorganisation herbeiführte und nicht – wie so oft behauptet – auf einen kulturellen Bruch, einen Verfall der städtischen Kultur, eine Invasion Fremder oder ein Verlassen des ursprünglichen Siedlungsplatzes zurückzuführen ist.[7]

Einzelnachweise

  1. Jonathan Mark Kenoyer: The Indus Valley tradition of Pakistan and Western India. In: Journal of World Prehistory. Band 5, Nr. 4, 1991, S. 1–64, doi:10.1007/BF00978474.
  2. Jim G. Shaffer: The Indus Valley, Baluchistan and Helmand Traditions: Neolithic Through Bronze Age. In: R. W. Ehrich (Hrsg.): Chronologies in Old World Archaeology. 3. Auflage. 2 Bände. University of Chicago Press, Chicago 1992, S. I:441–464, II:425–446.
  3. Sasanka Sekhar Sarkar: Ancient Races of Baluchistan, Panjab, and Sind. 1964.
  4. J. P. Mallory, D. Q. Adams: Encyclopedia of Indo-European Culture. Fitzroy-Dearborn, London und Chicago 1997, ISBN 1-884964-98-2.
  5. Amar Singh Dudi: Ancient India History. Neha Publishers and Distributors, 2012, ISBN 978-93-8031816-5, Ch. 9. Vedic Religion, Rituals.
  6. Jonathan Mark Kenoyer: Cultures and societies of the Indus Tradition. 2006.
  7. Jonathan Mark Kenoyer: Urban Process in the Indus Tradition: A preliminary model from Harappa. In: Richard H. Meadow (Hrsg.): Harappa Excavations 1986–1990: A multidisciplinary approach to Third Millennium urbanism. Prehistory Press, Madison, WI 1991, S. 29–60 (archive.org).