Klassifikation nach ICD-10
E10.7 Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-1-Diabetes]
- mit multiplen Komplikationen
H48.0* Optikusatrophie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
E34.8 Sonstige näher bezeichnete endokrine Störungen
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das DIDMOAD-Syndrom, englisches Akronym für Diabetes insipidus, Diabetes mellitus Opticus-Atrophie und Taubheit (deafness),[1] auch als Wolfram-Syndrom bezeichnet, ist eine seltene angeborene endokrine bzw. Neurodegenerative Erkrankung mit den namensbildenden Merkmalen.[2][3][4]

Synonym: Diabetes insipidus-Diabetes mellitus-Optikusatrophie-Schwerhörigkeit-Syndrom

Die Erstbeschreibung einer Kombination von primärer Optikusatrophie mit juvenilem Diabetes mellitus stammt aus dem Jahre 1858 durch Albrecht von Graefe.[5] Das zusätzliche Vorliegen einer Innenohrtaubheit wurde im Jahre 1938 durch die Ärzte Don J. Wolfram und H. P. Wagener beschrieben.[6]

Verbreitung

Die Häufigkeit wird mit 1 zu 770.000 angegeben, die Vererbung erfolgt weit überwiegend autosomal-rezessiv.[2]

Ursache

Je nach zugrunde liegender Mutation können folgende Typen unterschieden werden:

Mutationen in diesem Gen kommen auch mit autosomal-dominanter Vererbung vor und werden dann als Wolfram-ähnliches Syndrom bezeichnet.[8][9][10]

Ferner wurde noch eine mitochondriale Form beschrieben[12]

Klinik

Klinische Kriterien sind:[3][2][4]

Häufig kommen Anomalien der ableitenden Harnwege oder neurologische Veränderungen, auch psychiatrische Auffälligkeiten hinzu

Typ 1 beginnt während der ersten 10 Lebensjahren mit Diabetes mellitus (in 91 %) und Optikusatrophie (in 87 %), später auch Diabetes insipidus (in 50 %). Häufig kommt es zu lebensbedrohlichen Komplikationen bis zentraler Apnoe. Typ 2 entwickelt keinen Diabetes insipidus.

Weiterhin entwickeln die Patienten eine diabetische Neuropathie. Die Krankheit beginnt in der ersten Lebensdekade, der Verlauf ist progressiv. Etwa ein Viertel der Patienten entwickelt im Krankheitsverlauf auch eine Epilepsie.[13]

Diagnostik

In der Magnetresonanztomographie kann eine allgemeine Hirnatrophie, besonders im Kleinhirn, Rückenmark und Pons, fehlende Signale aus der hinteren Hypophyse nachgewiesen werden sowie Zeichen der Optikusatrophie. Die Diagnose kann durch humangenetische Untersuchung gesichert werden.[2]

Differentialdiagnostik

Abzugrenzen sind:[2]

Therapie

Eine ursächliche Behandlung ist bislang nicht möglich. Nach den einzelnen Erkrankungen soll gezielt gesucht werden.[2] Eine Studie mit dem Muskelrelaxans Dantrolen befindet sich derzeit in Phase Ib/Iia.[15]

Prognose

Bei Fortschreiten der Erkrankungen kann es oft durch Atemstillstand zum vorzeitigen Tod kommen.[2]

Einzelnachweise

  1. Hamid Emminger, Thomas Kia (Hrsg.): Exaplan. Band 2, 7. Auflage. Urban & Fischer, München 2011, ISBN 978-3-437-42464-9, S. 1720.
  2. a b c d e f g Wolfram-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  3. a b Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  4. a b Eintrag zu Wolfram-Syndrom im Flexikon, einem Wiki der Firma DocCheck
  5. A. v. Graefe: Über die mit Diabetes vorkommenden Störungen. In: Arch. Ophthal., Band 4, S. 230–234, 1858
  6. D. J. Wolfram, H. P. Wagener: Diabetes mellitus and simple optic atrophy among siblings: report of four cases. In: Mayo Clinic Proceedings. Band 13, S. 715–718, 1938.
  7. Wolfram syndrome 1. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  8. Wolfram-ähnliches Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  9. Wolfram-like syndrome, autosomal dominant. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  10. C. de Muijnck, J. B. Brink, A. A. Bergen, C. J. Boon, M. M. van Genderen: Delineating Wolfram-like syndrome: A systematic review and discussion of the WFS1-associated disease spectrum. In: Survey of ophthalmology. Band 68, Nummer 4, 2023, S. 641–654, doi:10.1016/j.survophthal.2023.01.012, PMID 36764396 (Review).
  11. Wolfram syndrome 2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  12. Wolfram syndrome, mitochondrial form. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  13. A. Chaussenot, S. Bannwarth, C. Rouzier u. a.: Neurologic features and genotype-phenotype correlation in Wolfram syndrome. In: Ann Neurol. Band 69, 2011, S. 501–508.
  14. Maternal vererbter Diabetes mit Schwerhörigkeit. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  15. H. White, B. A. Marshall, T. Hershey, F. Urano: A phase Ib/IIa clinical trial of dantrolene sodium in patients with Wolfram syndrome. In: JCI insight. Band 6, Nummer 15, August 2021, S. , doi:10.1172/jci.insight.145188, PMID 34185708, PMC 8410026 (freier Volltext).

Literatur