Film
Titel Das Millionenspiel
Produktionsland Bundesrepublik Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1970
Länge 95 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Tom Toelle
Drehbuch Wolfgang Menge
Produktion Peter Märthesheimer
Musik Irmin Schmidt
Kamera Rudolf Holan,
Jan Kališ
Schnitt Marie Anne Gerhardt
Besetzung

Das Millionenspiel ist ein deutscher Fernsehfilm aus dem Jahre 1970 von Tom Toelle und wurde erstmals am 18. Oktober 1970 von der ARD ausgestrahlt. Das Drehbuch dazu verfasste Wolfgang Menge, der dafür die Kurzgeschichte The Prize of Peril des US-amerikanischen Schriftstellers Robert Sheckley adaptierte. In der Mockumentary geht es um eine Fernsehshow, in der ein Kandidat eine Woche lang vor Auftragskillern flüchten muss. Die Bevölkerung ist dabei ausdrücklich dazu aufgerufen, ihm entweder zu helfen oder ihn auffliegen zu lassen.

Handlung

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In der erfolgreichen Fernsehshow Das Millionenspiel des fiktiven Privatsenders TETV treten Anfang der 1980er Jahre Freiwillige an, die jeweils sieben Tage lang auf der Flucht sein werden, um an den Hauptpreis von einer Million Deutsche Mark zu gelangen. Der Leverkusener Bernhard Lotz, der bereits zuvor lebensgefährliche Situationen gemeistert hat, ist bereits der 15. Kandidat, der sich freiwillig, beobachtet von versteckten Kameras, von den schwer bewaffneten Killern Köhler, Witte und Hensel durch das Rheinland jagen lässt, die, wenn sie ihn töten, eine Gewinnsumme erhalten.

Lotz ist nach fast einer Woche ohne Schlaf, wenig Essen und voller Todesangst am Rande des körperlichen Zusammenbruchs. Er könnte zwar vorzeitig aussteigen, aber die Aussicht auf den Hauptgewinn von einer Million Mark und vor allem auch das Schicksal seiner Vorgänger treiben ihn voran: Als einer von ihnen aus dem Spiel ausstieg, wurde er von seinem Umfeld so sehr als Feigling verhöhnt, dass er Suizid beging.

Die ganze Republik sitzt nun gebannt vor dem Fernseher, egal ob voller Faszination oder Ekel. Lotz versucht unterzutauchen, doch er wird immer wieder von seinen Mitmenschen erkannt. Obwohl es Personen gibt, die ihn der Köhler-Bande ausliefern wollen, trifft er aber auch Leute, die ihm helfen. Über das ganze Spiel hinweg ist ihm die Köhler-Bande immer dicht auf den Fersen.

Eingestreut werden immer wieder Szenen aus dem Millionenspiel-Studio, in dem der joviale Showmaster Thilo Uhlenhorst seines Amtes waltet und dokumentarische Kurzfilme aus Lotz’ Leben einspielt. Die Verbindung zur aktuellen Handlung bieten Außenreporter, die ständig von den neuesten Entwicklungen berichten. Unterbrochen werden die Einspielungen zudem durch stark sexualisierte Werbespots des fiktiven Stabilelite-Konzerns.

Hinter den Kulissen manipulieren die Millionenspiel-Macher geschickt ihr eigenes Spiel, indem sie Lotz an strategisch günstigen Stellen helfen oder schaden.

Den Schluss des Films bildet das große Finale, in dem Lotz durch die Todesspirale – eine 28,40 Meter lange Röhre mit drei Einschussmöglichkeiten für die Köhler-Bande – gehen muss. Lotz, der am Rande des Zusammenbruchs steht und kurz vor dem Finale von Ärzten versorgt werden muss, wird leicht angeschossen, erreicht jedoch das Ziel und erhält aus den Händen Moulians einen Umschlag mit einem Scheck über die Million. Er befindet sich jedoch nach Aussage eines herbeigeholten Arztes in einem schweren Schockzustand und wird auf einer Trage aus dem Studio gebracht. Moderator Uhlenhorst erklärt die 15. Ausgabe des Spiels für beendet und kündigt die nächste Folge in drei Wochen an.

Hintergrund

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Der Film nahm inhaltlich viele in Deutschland erst später erfolgte Medien-Entwicklungen vorweg, z. B. Privatfernsehen, Quotenjagd, Reality-TV, Werbeunterbrechung und stellt grundsätzlich den Werteverfall aufgrund von Sensationslust in Frage. Ihren Höhepunkt findet diese Entwicklung vor allem in der „Berichterstattung“ des Thilo Uhlenhorst (dargestellt von dem populären ZDF-Showmaster Dieter Thomas Heck) und seines Außenreporterteams (ebenfalls dargestellt von bekannten Fernseh- und Sportreportern), in der die Menschenjagd wie eine Sportveranstaltung kommentiert wird.

Menges auf Authentizität getrimmte Show mit gestellten Außenaufnahmen und geschickt eingestreuten „Dokus“ sah so echt aus, dass manche Fernsehzuschauer bei der Erstausstrahlung am 18. Oktober 1970 in der ARD dachten, sie sähen eine reale Menschenjagd, obwohl die von der WDR-Fernsehansagerin Hannelore Vorberg verkörperte Ansagerin vor der Sendung sagte, die Spielregeln „stehen im Einklang mit dem Gesetz zur aktiven Freizeitgestaltung vom 7. Januar 1973, veröffentlicht im Teil 2 Bundesgesetzblatt, Seite 964“.[2] Obwohl Empörung überwog, riefen manche Leute die fiktive Telefonnummer des Senders an und wollten sich als Kandidat in der Rolle des Gejagten oder auch als Jäger anmelden.

Produktion

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Halle Gartlage im Stadtteil Gartlage von Osnabrück

Kritiken

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„,Das Millionenspiel‘ [zeichnet] hellsichtig die TV-Entwicklung hin zu quotenorientiertem Privatfernsehen und voyeuristischem Reality-TV vor […] längst zum Klassiker erklärt.“

„Das ,Millionenspiel’, bei dem Tom Toelle Regie führte, wirkt dennoch auch aus heutiger Sicht bestechend stimmig, da nahezu sämtliche anderen Hemmschwellen, die Menge in seinem Film einreißen lässt, inzwischen tatsächlich gefallen sind. […] Die ‚Big Brother‘-Ideologie, zu nichts besonders befähigte Menschen zu Stars zu machen, wird hier nicht nur auf den simpel gestrickten Lotz angewandt, sondern auch auf dessen kurzzeitige Helfer oder Gegner. Innerhalb des grausamen Rahmens findet sich ein wohlvertrautes Fernsehbild. Der joviale Moderator freut sich aufrichtig über die ,Helden der Stunde‘, die dem Kandidaten ,ganz einfach zu Hilfe eilen‘, und distanziert sich heuchlerisch von jenen, die den Gangstern in die Hände spielen – ganz so wie heute der Nachmittags-Talkmaster seine Gäste erzieherisch rüffelt, nachdem sie – wie von der Regie gewünscht – ausfällig geworden sind.“

Jörg Thomann: Frankfurter Allgemeine Zeitung[5]

„Die perfide Spielshow ist tatsächlich eine Fiktion, ein prophetischer Spielfilm, der 40 Jahre Fernsehgeschichte vorweg nimmt. Visionäre TV-Satire.“

WDR[6]

„Die ebenso rasante wie gallige Mediensatire löste nicht nur Proteste aus, sondern irritierte durch ihre semifiktionale Machart die Zuschauer derart, dass sich viele für eine der nächsten Shows als Kandidaten zur Verfügung stellen wollten. Der seinerzeit überaus visionäre Film nahm die Zukunft des (Privat-)Fernsehens vorweg und hat, von der Gegenwart zwar längst eingeholt, nichts von seiner Brisanz verloren.“

Rechtliches, DVD-Veröffentlichung

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Da den Produzenten bei der Sicherung der Filmrechte ein Fehler unterlaufen war, gab es bald einen Rechtsstreit. Der WDR hatte vom Goldmann-Verlag, in dessen Buch Das geteilte Ich die Kurzgeschichte Der Tod spielt mit von Robert Sheckley auf Deutsch erschienen war, zwar die Rechte zur Verfilmung erworben, doch besaß Goldmann die Rechte zur Verfilmung selbst nicht.[8]

Der Filmproduzent Joseph Cates hatte als Rechteinhaber weitere Ausstrahlungen untersagt und fand am 3. Mai 1977 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt Bestätigung. Nach zwei Ausstrahlungen verschwand der Film für dreißig Jahre aus dem Fernsehen.

Erst am 8. Juli 2002 kam es zu einer dritten Ausstrahlung im WDR Fernsehen, nachdem der Sender im Mai 2002 vom derzeitigen Rechteinhaber Studio Canal Image die Ausstrahlrechte für seinen Film für Das Erste, die dritten Programme und Arte für wenige tausend Euro pro Ausstrahlung erworben hatte.[9]

Danach wurde der Film auch 2003 von ARTE und 2004 im Ersten gezeigt. Weitere Ausstrahlungen gab es am 6. April 2006 im WDR nach dem Tod des Regisseurs Tom Toelle, am 24. November 2007 im Bayerischen Fernsehen und am 11. April 2009 im WDR. Zum 40-jährigen Jubiläum der ARD erfolgte am 17. April 2010 eine weitere Wiederholung. Anlässlich des Todes von Wolfgang Menge wurde der Film – auf den Tag genau 42 Jahre nach seiner Erstausstrahlung – am 18. Oktober 2012 im WDR gesendet. Zum 50. Jahrestag der Erstausstrahlung wurde der Film am 18. Oktober 2020 auf Tagesschau24 erneut gezeigt. Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Menge zeigte das WDR Fernsehen am 8. April 2024 die neu abgetastete Fassung des Films in nativem HD.[10] Zeitgleich wurde der Film in der ARD Mediathek in einer nativen UHD-HDR-Version veröffentlicht.

Die rechtlichen Streitfragen sind offenbar geklärt, denn Anfang April 2009 ist Das Millionenspiel, gemeinsam mit Wolfgang Menges Fernsehspiel Smog, auf drei DVDs erschienen. Ebenfalls enthalten sind Interviews und Dokumentationen mit und über Wolfgang Menge sowie ein Audiokommentar des Hauptdarstellers Jörg Pleva.

Menschenjagd im Film

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Auszeichnungen und Würdigungen

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Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Freigabebescheinigung für Das Millionenspiel. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, März 2009 (PDF; Prüf­nummer: 117 303 DVD).
  2. Gundolf S. Freyermuth, Lisa Gotto: Der Televisionär: Wolfgang Menges transmediales Werk. Kritische und dokumentarische Perspektiven. transcript Verlag, 2016, ISBN 978-3-8394-3178-8 (google.de [abgerufen am 9. Februar 2024]).
  3. Die Musiktitel der Sendung vom 26. August 2012 (Memento vom 8. März 2017 im Internet Archive). Informationen zur Sendung Druckfrisch. Neue Bücher mit Denis Scheck auf der Website der ARD, abgerufen am 22. November 2012.
  4. "Das Millionenspiel". Regisseur Tom Toelle gestorben. In: Spiegel Online. 28. März 2006, abgerufen am 31. Mai 2016.
  5. Jörg Thomann: „Millionenspiel“ um Leben und Tod. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. Juli 2002, abgerufen am 31. Mai 2016.
  6. Stichtag 18. Oktober 1970 - WDR-Fernsehfilm "Das Millionenspiel" wird ausgestrahlt. In: wdr.de. 18. Oktober 2010, abgerufen am 31. Mai 2016.
  7. Das Millionenspiel. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 31. Mai 2016.
  8. Artikel bei Telepolis. telepolis.de, abgerufen am 26. Februar 2010.
  9. dpa: Skandal-Film „Millionenspiel“ wieder da. In: Ibbenbürener Volkszeitung. Nr. 154, 6. Juli 2002, S. la2 (ivz-aktuell.de [abgerufen am 24. April 2023]).
  10. Tetzlaff und Millionenspiel in der ARD Mediathek – Wolfgang Menge zum 100. 25. März 2024, abgerufen am 9. April 2024.
  11. Kritik an Netflix-Serie „Squid Game“: Gemetzel oder Gesellschaftskritik Die Tageszeitung, aufgerufen am 20. Dezember 2021
  12. Das Millionenspiel, Briefmarke zu 0,70 € (Memento vom 27. Dezember 2017 im Internet Archive), Bundesfinanzministerium, abgerufen am 27. Dezember 2017.
  13. Friederike Felbeck: Die Show. Ein Millionenspiel um Leben und Tod – Kay Voges mixt sich am Theater Dortmund aus den Tiefen der deutschen Fernsehgeschichte eine wilde Mediengroteske. 24. August 2015, abgerufen am 8. Juli 2024 (deutsch).