Erwin Leister (* 8. November 1924 in Döringsdorf) ist ein deutscher Theaterschauspieler, Theaterregisseur, der von 1970 bis 1990 als Oberspielleiter an der Musikalischen Komödie in Leipzig tätig war.[1]

Leben und Wirken

In einer Lehrerfamilie großgeworden, wechselten mit dem Schuleinsatz des Vaters die Orte der Kindheit und Jugend zwischen Kirchworbis, Langensalza, Heiligenstadt und schließlich Erfurt, wo Erwin Leister das seit 1938 unter dem Namen Staatliches Langemarck-Gymnasium laufende Evangelische Ratsgymnasium Erfurt besuchte und auch seinen Klavierunterricht fortsetzte. Freiwillig zu den Fallschirmjägern gemeldet, absolvierte er die Ausbildung im Fliegerhorst Stendal-Borstel und in Zentralfrankreich. Am 7. Mai 1943 kam Leister als 18-jähriger verwundeter Fallschirmjäger im Dienstgrad Gefreiter in Tunesien in britische Kriegsgefangenschaft mit späterer Deportation nach Kanada.[2] Bereits dort im Laientheater nutzte er die Möglichkeiten, sein darstellerisches Talent zu erproben.

Als er nach vier Jahren im Juni 1947 nach Deutschland zurückkehrte, begann er ein Schauspielstudium am Thüringischen Landeskonservatorium Erfurt und wurde im Oktober 1949 am Theater der Stadt Nordhausen als jugendlicher Held und Liebhaber, jugendlicher Bonvivant[3] engagiert. Im Oktober 1952 wechselte er ans Theater der Stadt Zeitz und ab Herbst 1953 ans Theater der Stadt Greiz, wo er unter der Intendanz von Otto Ernst Tickardt die Chance bekam, sein Regietalent im gemeinhin belächelten Operettenfach zu beweisen. Weil Leister nicht nur Sänger besetzte, sondern auch geeignete Schauspieler der Sprechbühne, wie zum Beispiel Reimar Johannes Baur, Rolf Hoppe oder Annelene Hischer, bekamen seine Operetteninszenierungen eine darstellerische und inhaltliche Aufwertung. Nach Engagements ab 1956 an den Bühnen der Stadt Gera und ab 1959 an den Städtischen Theatern Karl-Marx-Stadt wurde er von Martin Eckermann für den Deutschen Fernsehfunk und dessen Hauptabteilung Dramatische Kunst angeworben, in deren Ensemble er ab August 1963 mit verschiedenen Regieaufträgen für Fernsehspiele und Theaterübertragungen bedacht wurde.

Ein besonderer Auftrag für Leister ergab sich im Zusammenhang mit Walter Ulbrichts erstem Staatsbesuch in einem nichtsozialistischen Land – vom 24. Februar bis 2. März 1965 – in der Arabische Republik Ägypten, bei dem die DDR dem Präsidenten Gamal Abdel Nasser zwar wenig materielle Hilfe anbieten konnte, aber durchaus Unterstützung mit Fachkräften. Als Nasser für die 1969 bevorstehenden Feierlichkeiten zu 1000 Jahre Kairo Regie-Bedarf signalisierte, sagte ihm Ulbricht die Entsendung geeigneter Theaterfachleute zu. Auf diese Weise verschlug es Erwin Leister auf Empfehlung des Kairoer ADN-Korrespondenten Hans Becker 1968 für zwei Jahre nach Ägypten, wo er als Regisseur zusammen mit dem Choreographen Dietmar Seyffert die Jubiläums-Revue Cairo in 1.000 Years im Mas’r El Ballon Theatre in Kairo vorbereitete und inszenierte. Im März 1970 kehrte Leister zusammen mit seiner Frau Jutta Eberhardt-Leister (1933–2011) und der 10-jährigen Tochter von Alexandria auf einem Frachtschiff des VEB Deutsche Seereederei Rostock nach Wismar in die DDR zurück.[4]

Von 1970 bis 1990 prägte Erwin Leister als Oberspielleiter mit annähernd 50 Inszenierungen den Spielplan der Musikalischen Komödie in Leipzig-Lindenau, deren Operetten- und Musical-Repertoire er unter den Bedingungen der DDR-Kulturpolitik innovativ erweiterte. Von 1991 bis 2004 engagierte sich Leister als Dozent der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig in der Fachrichtung Jazz/Popularmusik/Musical für die künstlerische Ausbildung des Musical-Nachwuchses. Bei der alljährlichen Eröffnungszeremonie der Leipziger Markttage betätigte sich Erwin Leister von 1991 bis 2012 als mit Rock und Dreispitz kostümierter, scharfzüngig conferencierender Marktmeister.[5]

Theaterinszenierungen (Auswahl)

Fernsehen (Auswahl)

Bücher

Einzelnachweise

  1. Ensembles der Deutschen Demokratischen Republik 1989/1990, Hrg.: Direktion für Theater und Orchester beim Ministerium für Kultur, Berlin 1989, S. 66.
  2. siehe Faksimile Royal Canadian Mounted Police, Prisoner of War, Description Form in: Erwin Leister: Ungeschminkt - Im Galopp durch die geschenkte Zeit, Teil II, S. 6.
  3. siehe Faksimile des Dienstvertrages in: Erwin Leister: Ungeschminkt-Im Galopp durch die geschenkte Zeit, Teil II, S. 35.
  4. Erwin Leister: Ungeschminkt – Im Galopp durch die geschenkte Zeit, Teil II, S. 180.
  5. Blog des Literaturstammtisches aus Leipzig-Marienbrunn
  6. Chronik der Oper Leipzig
  7. fernsehenderddr.de