Falko Daim (* 28. Februar 1953 in Wien) ist ein österreichischer Mittelalterarchäologe.

Leben

Falko Daim wuchs in Wien auf. Nach der Matura (Abitur) studierte er Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur und gleichzeitig Ur- und Frühgeschichte sowie mittelalterliche und neuere Geschichte an der Universität Wien. Seine Lehrer waren vor allem Herwig Friesinger (Ur- und Frühgeschichte), Herwig Wolfram und Karl Brunner (Geschichte). 1976 wurde er mit der Dissertation „Die Awaren in Niederösterreich“ promoviert. Daim wurde 1978 zum Vertragsassistent am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien bestellt, 1979 zum Universitätsassistent, 1986 habilitierte er mit der Monographie „Das awarische Gräberfeld von Leobersdorf, Niederösterreich“[1] und erhielt die Lehrbefugnis für „Ur- und Frühgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie“.

1992 wurde Daim zum Außerordentlichen Universitätsprofessor für „Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie“ bestellt, ab 1. Januar 2000 war er Universitätsprofessor an seiner Heimatuniversität, dann Vorstand des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien sowie Leiter der Interdisziplinären Einrichtung für Archäologie (IDEA) 1999, 2000 übergeführt in das Interdisziplinären Forschungsinstituts der Universität Wien (VIAS Vienna Institute for Archaeological Science) bis 2003.

Am 1. November 2003 wurde Daim zum Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) in Mainz bestellt, einem Forschungsinstitut für Archäologie und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Mit dem 1. Juni 2018 ging er altersbedingt in den Ruhestand.

Während seiner Dienstzeit am RGZM wurde das Schloss Monrepos saniert, Sitz der [[Monrepos (Forschungszentrum) Außenstelle des RGZM für die Erforschung der Altsteinzeit]] in Neuwied seit 1988, ebenso das Museum für Antike Schifffahrt in Mainz. Zudem wurde das erste Laboratorium für experimentelle Archäologie im deutschen Sprachraum in Mayen errichtet. Gemeinsam mit Jörg Drauschke und Benjamin Fourlas sowie einer Reihe von Kooperationspartnern an der Universität Mainz etablierte Daim in Mainz ein Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung (WissenschaftsCampus Mainz „Byzanz zwischen Orient und Okzident“).

Forschungen

1976 begann Daim mit der Ausgrabung des awarischen Gräberfelds von Leobersdorf, Niederösterreich. Die Auswertung der kleinen Nekropole (152 Gräber) ermöglichte es, die Chronologie des spätawarischen Fundstoffs feiner zu differenzieren und – auch durch die Einbeziehung anthropologischer und archäozoologischer Daten (Silke Grefen-Peters, Braunschweig) – die Geschicke einer kleinen Gemeinschaft im awarischen Reich nachzuzeichnen. Die theoriegeleitete Leobersdorf-Monographie ist mit ihrem interdisziplinären und synthetischen Ansatz immer noch gültig. Es gelang damit nicht nur, die langsame Veränderung der Bestattungssitten von in größeren Abständen angelegten Einzelgräbern zu einem Reihengräberfeld im Laufe des 7. Jahrhunderts zu dokumentieren, sondern auch die Typochronologie des awarischen Fundmaterials für das 8. Jahrhundert zu verfeinern. Ein wesentlicher Ansatz war die weitgehende Einbeziehung technischer Beobachtungen am Fundmaterial und chemische Analysen, besonders der Buntmetallobjekte.

Von 1985 bis 1990 war Daim wesentlich an dem Forschungsschwerpunkt der Österreichischen Rektorenkonferenz „Neue Wege in der Frühgeschichtsforschung“ (Leitung dann Herwig Friesinger und Herwig Wolfram) beteiligt und leitete ein umfangreiches interdisziplinäres Projekt zur Geschichte und Archäologie der Awaren. Im Zuge dessen wurde die Ausgrabung des Gräberfeldes von Zillingtal (Burgenland) durchgeführt und es entstanden eine Reihe von Publikationen, vor allem das Geschichtswerk von Walter Pohl[2] und ein zweibändiges Sammelwerk.[3]

In dem Projekt „Das spätantike Gräberfeld und die Villa von Halbturn, Burgenland“ (1988–2004) wurden sämtliche Methoden der Prospektion (Luftbildarchäologie, magnetometrische Prospektion, Georadar und systematische Feldbegehung) und das GIS zur Datenspeicherung und -auswertung eingesetzt. Zu Daims besonderen Interessen gehören mentalitätenhistorische Ansätze, inspiriert von Patrick J. Geary und einer Reihe von französischen Autoren. In den Debatten zur ethnischen Interpretationen und Fragen der Individualität und Gruppenidentitäten in der Archäologie positionierte er sich eindeutig gegen vorschnelle „ethnische“ Zuschreibungen.[4]

Über seine Awarenforschungen gelangte Daim zur byzantinischen Archäologie. Im Artikel Der awarische Greif und die byzantinische Antike zeigte er, dass der Greif, bei den Awaren in der ersten Hälfte des 8. Jh.s ein sehr beliebtes Motiv, aus dem byzantinischen Raum übernommen wurde. Später identifizierte er im awarischen und mährischen Fundstoff des 8. Jahrhunderts original byzantinische Gürtelbestandteile, vermutlich diplomatische Geschenke.[5]

In Bezug auf den Goldschatz von Sânnicolau Mare (ungarisch: Nagyszentmiklós), der bereits 1799 im Banat (damals Königreich Ungarn) gefunden worden war und möglicherweise einst Teil des awarischen Königshorst war, führte er ein langjähriges Projekt zur technischen und naturwissenschaftlichen Untersuchung der 23 enthaltenen Goldgefäße durch, zusammen mit Peter Stadler und in Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum wien.[6]

Forschungsprojekte

Auszeichnungen

Lehre außerhalb Wiens

Schriften (Auswahl)

Herausgeberschaften

Festschrift

Einzelnachweise

  1. Das awarische Gräberfeld von Leobersdorf, Niederösterreich
  2. Walter Pohl: Die Awaren. 2. Auflage. Beck, 2002.
  3. Falko Daim: Awarenforschungen. 1992.
  4. Falko Daim: Archaeology, Ethnicity and the structures of identification: The example of the Avars, Carantanians and Moravians in the eighth century. In: Walter Pohl, Helmut Reimitz (Hrsg.): Strategies of Distinction. The Construction of Ethnic Communities, 300-800. 1998, S. 71–93.
  5. Falko Daim: Byzantinische Gürtelschnallen des 8. Jh.s. In: Falko Daim (Hrsg.): Die Awaren am Rand der byzantinischen Welt. Studien zu Diplomatie, Handel und Technologietransfer im Frühmittelalter. Wagner, Innsbruck 2000, ISBN 978-3-7030-0349-3, S. 74–203.
  6. Birgit Bühler, Viktor Freiberger: Der Goldschatz von Sânnicolau Mare (ungarisch: Nagyszentmiklós). Hrsg.: Birgit Bühler, Viktor Freiberger: Der Goldschatz von Sânnicolau Mare (ungarisch: Nagyszentmiklós), hrsg. von Falko Daim, Kurt Gschwantler, Georg Plattner, Peter Stadler (= Monographien des RGZM. Nr. 142). Verlag des RGZM, Mainz 2018.