Felice Alessandri

Felice Alessandri (* 24. November 1747 in Rom[1] oder San Damaso bei Modena[2]; † 15. August 1798 in Casinalbo bei Modena) war ein italienischer Cembalist und Opernkomponist. Er war international tätig und wirkte außer in verschiedenen italienischen Städten auch in Paris, London, Sankt Petersburg und Berlin.

Aufgrund der Namensähnlichkeit wird er gelegentlich mit dem Komponisten Alessandro Felici verwechselt. So wird berichtet, dass er 1773 die tatsächlich von Felici stammende Oper L’amore soldato in Dresden aufgeführt habe.[1][2]

Leben

Nach Alessandris Ausbildung in Neapel wurde bereits 1765 in Rom sein erstes größeres Werk aufgeführt, das Oratorium Il Tobia. In den folgenden Jahren wirkte er als Cembalist und Kapellmeister in Turin und beim Concert spirituel in Paris. Anschließend ging er nach Verona und Venedig, wo zur Karnevalssaison 1767 seine ersten Opern Ezio und Il matrimonio per concorso aufgeführt wurden.[2]

Alessandri war mit der Buffa-Sängerin Maria Lavinia Guadagni (1735–um 1790), der Schwester des Kastraten Gaetano Guadagni, verheiratet. Im Herbst 1767 wurden beide am King’s Theatre am Haymarket in London angestellt. Für dieses Theater komponierte Alessandri die Opern La moglie fedele (1768) und Il re alla caccia (1769).[2] Außerdem bearbeitete und dirigierte er dort Opern von Baldassare Galuppi und Niccolò Piccinni und trat als Cembalovirtuose auf.[1] In diese Zeit fällt auch eine Aufführung seiner Oper L’argentino am Burgtheater in Wien.[2]

In der Zeit von 1773 bis zum April 1775 hielt sich Alessandri vorwiegend in Turin auf, wo drei seiner Opern aufgeführt wurden. Im Sommer 1776 erhielt er eine Einladung von Joseph Legros, gemeinsam mit ihm die Leitung des Concert spirituel in Paris zu übernehmen. Diese nahm er 1777 an und lebte bis 1778 im Hause Legros’.[2]

Anschließend kehrte er nach Italien zurück, wo in verschiedenen Städten weitere Opern aufgeführt wurden und großen Beifall erhielten. Zu nennen sind insbesondere die Aufführung von Calliroe im Dezember 1778 und des Balletts Venere in Cipro im Januar 1779 zur Wiedereröffnungssaison der Mailänder Scala.[2] 1783 wurde in Padua seine Kantate Le virtù rivali zu Ehren des verabschiedeten Vize-Gouverneurs („Capitanio, e vice Podestà“) Alvise Mocenigo aufgeführt. Dies war einer der letzten Auftritte seines Schwagers Gaetano Guadagni.[3][4]

Von 1786 bis Mai 1789 lebte Alessandri in Sankt Petersburg, wo er vergeblich hoffte, eine Anstellung als Komponist am russischen Hof zu erhalten. Er wurde jedoch lediglich von einer vornehmen Familie als Gesangslehrer engagiert.[1]

Im Herbst 1789 erhielt er mit Unterstützung der Primadonna Luisa Todi[2] und des Hofdichters Antonio de’ Filistri da Caramondani eine Stelle als zweiter Dirigent an der Berliner Hofoper.[1] Dort komponierte er mehrere Opern, von denen jedoch nur die erste (Il ritorno di Ulysse a Penelope von 1790) erfolgreich war. Bereits mit der zweiten Oper, L’ouverture du grand opéra italien à Nankin, war sein Dienstherr Friedrich Wilhelm II. unzufrieden. Zudem kam es zu Streitigkeiten und Rivalitäten mit seinen Kollegen, insbesondere dem Kapellmeister Johann Friedrich Reichardt. Nach weiteren Misserfolgen zog der König schließlich den Auftrag zur geplanten Oper Alboino zurück und entließ Alessandri am 4. Juli 1792.[2]

Im Herbst 1792 kehrte Alessandri nach Italien zurück. Er lebte kurze Zeit in Bologna. 1793 wurde in Venedig seine Oper Virginia aufgeführt. 1794 reiste er auf der Suche nach Aufträgen nach Wien und Berlin. In diesem Jahr wurden Zemira und Armida in Padua mit großen Beifall aufgenommen. Am 16. Februar 1796 wurde er zum Ehrenmitglied der Accademia Filarmonica Modenese ernannt. Kurz vor seinem Tod wurde in Modena seine letzte Oper aufgeführt, deren Titel jedoch nicht überliefert ist.[2]

Wirkung und Stil

Einige seiner Opern vereinen Elemente des französischen und italienischen Stils. In der Zauberoper Alcina e Ruggero (Turin 1775) gibt es Tänze, Chöre sowie ein frühes Beispiel für ein handlungstragendes „ensemble finale“. Die 1778 für die Mailänder Scala geschriebene Oper Calliroe enthält viele Chöre und Pantomimen sowie komplexe Szenenfolgen und Ensembles. Außerdem gibt es Zwischenakt-Ballette, die sich inhaltlich auf die Opernhandlung beziehen. Auch seine späteren Werke spiegeln diesen geänderten Zeitgeschmack wider. Die Inhalte werden zunehmend gewalttätiger. So war es nun möglich, dass in Virginia ein Vater seine eigene Tochter tötet, um sie vor einem Tyrannen zu schützen.[2]

Alessandris Buffo-Opern tragen halb-ernste Charakterzüge. Ein Großteil seines Ruhms in Norditalien ist auf diese Werke, wie v. a. La finta principessa und Il vecchio geloso zurückzuführen, die in vielen Städten aufgeführt wurden.[2]

Seine Musik enthält mehr chromatische und harmonische Effekte als die vieler seiner Zeitgenossen. Auch die Orchestersprache weist einen großen Abwechslungsreichtum auf.[2] Auf der anderen Seite wirken seine Werke „konventionell“. Gelegentlich wurde auch der Vorwurf des Plagiats erhoben. Seine Melodik wird als schlicht und gefällig beschrieben.[1]

Werke

Opern

Ezio – Titelblatt des Librettos, Mailand 1782

Kantaten

Ballette

Oratorien

Instrumentalwerke

Digitalisate

  1. Ezio. Libretto (italienisch), Mailand 1782. Digitalisat im Internet Archive.
  2. Il matrimonio per concorso. Libretto (italienisch), Venedig 1767. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  3. Argea. Libretto (italienisch), Turin 1773. Digitalisat im Internet Archive.
  4. Creso. Libretto (italienisch), Mantua 1778. Digitalisat im Internet Archive.
  5. La cameriera per amore. Libretto (italienisch), Turin 1774. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  6. Medonte re d’Epiro. Libretto (italienisch), Mailand 1774. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  7. Alcina e Ruggero. Libretto (italienisch), Turin 1775. Digitalisat des Münchener Digitalisierungszentrums.
  8. La novità. Libretto (italienisch), Venedig 1775. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  9. Calliroe. Libretto (italienisch), Mailand 1778. Digitalisat im Internet Archive.
  10. Attalo re di Bitinia. Libretto (italienisch), Florenz 1780. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  11. Erifile. Libretto (italienisch), Padua 1781. Digitalisat im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  12. Il vecchio geloso. Libretto (italienisch), Mailand 1781. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  13. Arbace. Libretto (italienisch), Rom 1782. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  14. La finta principessa, ossia Li due fratelli Pappamosca. Libretto (italienisch), Reggio 1786. Digitalisat bei Google Books.
  15. I puntigli gelosi. Libretto (italienisch), Venedig 1783. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  16. Artaserse. Libretto (italienisch), Neapel 1783. Digitalisat des Museo internazionale e biblioteca della musica di Bologna.
  17. Il ritorno di Ulysse a Penelope. Libretto (italienisch/deutsch), Berlin 1790. Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin.
  18. Dario. Libretto (italienisch/deutsch), Berlin 1791. Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin.
  19. Vasco di Gama. Libretto (italienisch/deutsch), Berlin 1792. Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin.
  20. Virginia. Libretto (italienisch), Venedig 1793. Digitalisat im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Silvana Simonetti, Albert Müry (Übers.): Alessandri, Felice. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 15 (Supplement 1: Aachen – Dyson). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1973, DNB 550439609, Sp. 132–134 (= Digitale Bibliothek Band 60, S. 1834–1839).
  2. a b c d e f g h i j k l m Sven Hansell, Marita P. McClymonds: Alessandri, Felice. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich)..
  3. a b Le virtù rivali. Bibliotheksdatensatz im Servizio Bibliotecario Nazionale. Abgerufen am 22. Dezember 2023.
  4. Guadagni, Gaetano. In: Dizionario Biografico – Treccani. Abgerufen am 10. August 2015.
  5. La Bethulia liberata bei Opening Night! Opera & Oratorio Premieres, Stanford University. Abgerufen am 18. Dezember 2020.