Frigga Haug 2015 in Berlin

Frigga Haug (* 28. November 1937 in Mülheim an der Ruhr) ist eine deutsche Soziologin und Philosophin.

Leben und Engagement

Frigga Haug, geborene Langenberger, erlebte die Zeit des Nationalsozialismus und das Kriegsende als Kind im Ruhrgebiet. Ihre Eltern waren beide Mitglied im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund. Ihre Mutter (Jahrgang 1911) studierte Volkswirtschaft und war eine der wenigen Studentinnen in dieser Zeit. Mit ihrem Vornamen Frigga, angelehnt an die germanische Göttin, haderte Haug nach eigener Aussage in der Phase ihrer Politisierung, deutet er doch auf die nationalsozialistische Vergangenheit ihrer Familie hin.[1] Besonders die Erlebnisse in der Zeit des Zweiten Weltkriegs und die damit verbundene Armut wie auch der Tod ihres Vaters, der vor Stalingrad fiel, haben sie geprägt. Ab 1948 besuchte sie das Mülheimer Mädchengymnasium Luisenschule und nahm nach dem Abitur 1957 ein Studium in West-Berlin auf.

Mit Heirat und Geburt einer Tochter 1963 zog sie nach Köln, unterbrach ihr Studium und kehrte erst zwei Jahre später nach West-Berlin zurück. Seit 1965 ist sie in zweiter Ehe mit dem Philosophen Wolfgang Fritz Haug verheiratet. In dessen Argument Verlag sind auch fast alle ihre Veröffentlichungen erschienen.

1970 legte sie die Diplomprüfung in Soziologie ab, promovierte in Psychologie 1976 und habilitierte sich 1978 in Sozialpsychologie. Während der Studentenbewegung war sie Assistentin am Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin und von Anfang an in der Frauenbewegung aktiv.[2]

Haug war Mitglied der Ostermarschbewegung und arbeitete ab 1965 in der Zeitschrift Das Argument. Aus Protest gegen den Krieg der USA in Vietnam trat sie dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) bei. Frigga Haug war Mitglied im Frauenbund, einer Gruppe, die sich 1968 als Aktionsrat zur Befreiung der Frauen gebildet hatte. Diese spaltete sich in eine Gruppe, die sich fortan Brot und Rosen nannte, und eine zweite, der auch Frigga Haug angehörte, die zunächst weiter den alten Namen trug, sich aber 1970 in Sozialistischer Frauenbund Westberlin (SFB) umbenannte. Dieser Frauenbund bestand bis etwa 1980.[3] Frigga Haug war eine führende Persönlichkeit im SFB. Haug lehnte damals den autonomen und basisdemokratischen Feminismus des zeitgleich aktiven Frauenzentrums Westberlin ab.[4] Später reflektierte Haug ihre dogmatischen Positionen der 70er Jahre kritisch, siehe Marxistischer Feminismus.[5]

Haug begründete Ende der 1980er Jahre im Rahmen des Argument-Verlags die Frauenkrimireihe Ariadne, in der ausschließlich von Frauen geschriebene Krimis verlegt werden. Ihre Tochter Else Laudan führt die Reihe seit mehreren Jahren weiter.

Thesen

„Als zentrale These behaupte ich: sich opfern ist eine Tat und kein Schicksal, ... da wir selber die Herrschaft, derer wir uns entledigen wollen, auch in uns tragen.“

Frigga Haug: Frauen – Opfer oder Täter. Haug 1990, S. 34

Haug entwickelte aus ihrer politischen Arbeit in den 1960er Jahren die Einsicht, dass die eindimensionale Sicht auf Frauen als Opfer einer patriarchalen-kapitalistischen Gesellschaft die persönliche Realität der Menschen nicht ausreichend abbildet. Sie weigerte sich die These zu übernehmen, Frauen seien als Objekte Opfer und damit passiv, abhängig und unfähig zur Gegenwehr. Der Opferstatus behindere den Blick auf Veränderungsmöglichkeiten.[6]

Forschung

Die Forschungsschwerpunkte Haugs liegen in den Themen der weiblichen Vergesellschaftung und Frauenpolitik, Arbeit und Automation, Lernen und sozialwissenschaftlichen Methoden. Sie entwickelte in den 1970er Jahren die Methode der kollektiven Erinnerungsarbeit. Nach acht Schriften zur Arbeitsforschung veröffentlichte sie Arbeiten zu Marxismus und Feminismus sowie zur Kritischen Psychologie, zum Lernen und seit den 1980er Jahren neun Bücher zur Erinnerungsarbeit, zur Frauenpolitik und zu Rosa Luxemburg.

Frigga Haug arbeitete zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik. Bis 2001 war sie Professorin für Soziologie an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik. Sie nahm Gastprofessuren wahr in Kopenhagen, Klagenfurt, Innsbruck, Sydney (Australien), Toronto (Kanada), Durham (USA.) Außerdem ist sie Mitherausgeberin und Redakteurin der Zeitschrift „Das Argument“, und des „Historisch-Kritischen Wörterbuchs des Marxismus“, Redakteurin des „Forums Kritische Psychologie“. 1979 gründete sie zusammen mit Wolfgang Fritz Haug die Berliner Volks-Uni. 1980 gründete sie mit anderen Frauen aus europäischen Ländern das internationale Forum sozialistischer Feministinnen, das neun Jahre bestand.

Mitgliedschaften

Frigga Haug im April 2015 bei der Soiree Wer kann die neue Zukunft machen? mit Anke Domscheit-Berg, Evgeny Morozov und Katja Kipping.

Während des Parteitages der Partei Die Linke 2007 erklärte Frigga Haug ihren Eintritt. Des Weiteren ist sie Mitglied im

Frigga Haug ist die Vorsitzende des Berliner Instituts für kritische Theorie.

2013 erhielt sie den Clara-Zetkin-Frauenpreis der Partei Die Linke.

Schriften

1995 erschien ihr erster Kriminalroman, Jedem nach seiner Leistung, 1997 der zweite, Jedem nach seinen Bedürfnissen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Soziologin Frigga Haug – "Ich bin ein Projekt". In: Deutschlandfunk Kultur. (deutschlandfunkkultur.de [abgerufen am 14. Juni 2017]).
  2. Homepage Das Argument - Ariadne Krimi (Memento vom 15. September 2009 im Internet Archive), abgerufen am 12. Juni 2010
  3. Soziologische Klassiker, abgerufen am 12. Juni 2010.
  4. Frigga Haug: Verteidigung der Frauenbewegung gegen den Feminismus, Das Argument, Bd. 15 (1973), H. 83 ISSN 0004-1157.
  5. Cristina Perincioli: Berlin wird feministisch. Das Beste, was von der 68er-Bewegung blieb. Querverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-89656-232-6, S. 158–171.
  6. Elisabeth Klaus: Kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung: Zur Bedeutung der Frauen in den Massenmedien und im Journalismus. Springer-Verlag, 2013, S. 29.
  7. Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates. In: Attac. Archiviert vom Original am 20. Juli 2018; abgerufen am 13. Juli 2018.