Gaze [arabisch قز, DMG qazz ‚(Roh-)Seide‘[1]), auch Drehergewebe[2] genannt, ist ursprünglich ein lockeres, gitterartiges, oft appretiertes Gewebe in Dreherbindung. Heute werden auch dünne, transparente Gewebe in Leinwand- und Scheindreherbindung Gaze oder Mull [ ] genannt.[3]
] (vonGaze findet vielfältigen Einsatz, u. a. in der Mode und der Medizintechnik.[1]
Das Fremd- und Lehnwort Gaze stammt wahrscheinlich vom arabischen Wort für (Roh-)Seide und gelangte über das spanische gasa und das französische gaze in den deutschen Wortschatz.[1] Krünitz nimmt um 1800 eine Verbindung des mittellateinischen Wortes gazzatum mit der palästinensischen Stadt Gaza an, das sich durch die Kreuzzüge in Europa verbreitet habe.[4] Diese Wortherkunft ist nicht gesichert.[5] Krünitz weist aber auch auf einen möglichen begrifflichen Ursprung in China hin, wo es ein Seidengewebe gebe, das Gase heißt.[4]
Das Wort Mull stammt vom englischen mull [mʌl], das aus dem Hindi kommt (malmal), und dort „sehr weich“ bedeutet.
Zur Herstellung von Gaze in Dreherbindung ist ein Gazewebstuhl mit einer besonderen Vorrichtung, dem Gazeschaft, notwendig.[3][6] Teilweise wird auch ein spezielles Weberblatt, im 18. Jahrhundert Perlkopf genannt, verwendet. Die Kette wird dabei in Stehkettfäden und Dreherkettfäden geteilt: erstere behalten stets ihre Position im Gewebe bei, sie können von den Schussfäden abgebunden werden oder auch nicht. Die Dreherkettfäden hingegen umschlingen die Stehkettfäden abwechselnd von rechts und links, die Schussfäden halten sie in den wechselnden Positionen.[2] Das Ergebnis ist ein Gewebe mit geringer Dichte und einer gewissen Transparenz. Verschiedene Arten, die Dreherkettfäden um die Stehkettfäden zu schlingen, erzeugen Varianten.
Zu unterscheiden ist die Scheindreherbindung, die das Scheindrehergewebe erzeugt. Es wird in Leinwandbindung gewebt, bei der durch entsprechend positionierte Flottierungen Kett- und Schussfäden so gruppiert werden, dass ein transparentes, der klassischen Gaze ähnelndes Erscheinungsbild erzeugt wird.[2]
Die Herstellung von Gaze lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen, ursprünglich handelte es sich dabei um ein reines Seidengewebe.[7]
Krünitz sieht allerdings dünne, fast durchsichtige Gewänder namens Vestis coa, auch Ventus textilis genannt, aus purpurnen Seidengeweben, die in der Antike von Griechinnen und Römerinnen getragen wurden, als frühe Form der Gaze.[4]
Im 18. Jahrhundert wurde Gaze, auch Dünntuch und Gasche genannt[8], auch aus Flachsfasern hergestellt und diente als Stick- und Knüpfgrund. Gaze wurde überwiegend für Kleidung und Heimtextilien eingesetzt, insbesondere in der Damenmode für Kopfbedeckungen, Halstücher, Manschetten, Engageanten, Leibbinden und Sommerkleider. Außerdem wurden Faulbetten, Bademäntel und Schürzen aus Gaze, häufig mit Metallfäden broschiert, hergestellt. Zu dieser Zeit wurde ein Halbseidengewebe mit Nesselfasern als Cantille bezeichnet. Verschiedene weitere Gazevarianten waren Filet, Flor und Marly. Filet und Flor bestanden ganz aus Seide und unterschieden sich lediglich in der Gewebedichte, beide konnten gemustert sein. Das grobe Marly bestand aus Leinen und wurde meist appretiert. Zusätzlich gab es noch die damastartige Gaze, die auf einem Zampelwebstuhl in grün, weiß oder schwarz gewebt wurde. Aus Indien und China wurden außerdem Gazegewebe importiert.[4]
Seit dem 19. Jahrhundert wird zur Herstellung vielfach Baumwolle eingesetzt.[7] Im frühen 20. Jahrhundert wurde Gaze vornehmlich für Kleidung, Vorhänge, Schürzen und Konzerttücher verwendet.[3]