Gerard Kornelis van het Reve (1963)

Gerard Kornelis van het Reve (* 14. Dezember 1923 in Amsterdam; † 8. April 2006 in Zulte, auch bekannt unter dem Namen Simon van het Reve) war ein niederländischer Schriftsteller. Zusammen mit Willem Frederik Hermans und Harry Mulisch zählt er laut Ton Anbeeks tonangebendem Buch Geschiedenis van de Nederlandse literatuur, 1885–1985 zu den „Großen Drei“ der modernen niederländischen Literatur.

Leben

Gerard Reve (1969)

Sein Bruder war der Schriftsteller und Übersetzer Karel van het Reve (1921–1999).

Nach seinem frühen Romandebüt Die Abende 1947 und den hoch angesehenen Novellen Werther Nieland und Der Untergang der Familie Boslowitsch gab es einen Bruch in seinem Leben. Reve, der von 1948 bis 1959 mit der Lyrikerin Hanny Michaelis verheiratet war, zog nach England, um Literatur in einer „Weltsprache“ zu verfassen. Es erschienen Melancholia (1951) und The Acrobat and Other Stories (1956) und später das Buch A Prison Song in Prose (1968), das aber schon zu seinem so genannten Spätwerk gehört.

1963 debütierte Reve nach eigenen Angaben im Alter von vierzig Jahren „zum zweiten Mal“ in seinem Leben: Es erschien Op weg naar het einde, ein Briefroman, der schon stark gekennzeichnet war von den literarischen Tendenzen, die Reve in den nächsten 35 Jahren als Schriftsteller beschäftigen sollten: Mit monumentaler Ironie und beißendem Sarkasmus trat Reve durch seine literarischen Figuren als reaktionärer und provokanter homosexueller Meinungsmacher auf, dem „privat“ SM-Praktiken nicht fremd waren und der gleichzeitig darauf pochte, dass die römisch-katholische Kirche den einzig wahren Glauben auf Erden vertritt. Er verteidigte den Papst, selbst wenn der sich gegen Homosexualität und Abtreibung aussprach. Dazu kommt in Reves Werk eine vehemente Kritik an Intellektuellen, Kommunisten, Stalinisten, Linken und all den Niederländern, die sich noch zu keiner Vergangenheitsbewältigung des Zweiten Weltkrieges durchgerungen haben, „weil sie ja alle im Widerstand waren“.

Reve selbst stammte aus einem kommunistischen und atheistischen Elternhaus und ließ sich erst 1966 in die römisch-katholische Kirche aufnehmen. Im selben Jahr musste er sich vor Gericht gegen den Vorwurf der Blasphemie verteidigen, da er in seinem Roman Nader tot U (deutsch: Näher zu Dir, 1970) die Vorstellung beschrieben hatte, sich mit Gott in Gestalt eines „einjährigen, mausgrauen Esels“ geschlechtlich zu vereinigen. Reve berief sich auf sein Recht, in seiner Literatur sein persönliches Gottesbild darzustellen und gewann den Prozess.[1]

Nicht zu Unrecht wurde Reve wegen seines Hangs zur Marienverehrung, gepaart mit dem Thema der ausschweifenden homosexuellen Liebe – von Reve „Herrenliebe“ genannt – eine gewisse Nähe zu Jean Genet nachgesagt. Der Autor hat sich dazu nie geäußert. Zwei andere französische Schriftsteller lagen ihm aber sehr am Herzen: Louis-Ferdinand Céline und Gustave Flaubert, der zwar nicht im selben Jahr, aber am selben Tag geboren wurde, was Reve scherzhaft für ein Zeichen hielt. Beide wurden angeblich an einem 13. Dezember geboren. Aberglaube trieb die Eltern Flauberts dazu, den 12. Dezember als Geburtstag eintragen zu lassen. Reves Eltern entschieden sich für den 14. Dezember.

Gerard Reve erkrankte 1999 an Alzheimer und lebte seit 2005 in einem Pflegeheim in Belgien, betreut von seinem Freund Joop Schafthuizen, genannt Matroos Vosch. Er starb am 8. April 2006.

Auszeichnungen (Auswahl)

Bibliographie der deutschen Übersetzungen

Alle Übersetzungen stammen von Jürgen Hillner.

Bibliographie

Verfilmungen (Auswahl)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Ralf Grüttemeier: Nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Ralf Grüttemeier, Maria-Theresia Leuker (Hrsg.): Niederländische Literaturgeschichte. J. B. Metzler, Stuttgart u. a. 2006, ISBN 3-476-02061-4, speziell S. 300.