Auswahl von Gin-Flaschen ver­schiedener Her­steller

Gin (von französisch genévrier ‚Wacholder‘) ist eine meist farblose Spirituose mit Wacholder (Wacholderschnaps) und Hauptbestandteil vieler Cocktails, wie des Martini, des Negroni und des Longdrinks Gin Tonic.

Herstellung

Der Agraralkohol für die Herstellung von Gin wird aus beliebigen kohlenhydrathaltigen Ausgangsstoffen gebrannt, meist Getreide oder Melasse. Gin erhält seinen charakteristischen Geschmack aus der Aromatisierung mit Gewürzen, darunter vor allem Wacholderbeeren und Koriander. Der Name leitet sich indirekt vom botanischen Namen des Wacholders Juniperus ab, wobei manchmal die auf Englisch so genannten juniper berries als Namensgeber genannt werden, meist aber das niederländische Vorläufergetränk Genever.

Weitere Bestandteile wechseln von Hersteller zu Hersteller, beispielsweise Ingwer, Muskat, Orangenschalen (Flavedo) oder Paradiesapfel-Kerne (Calville-Äpfel). Insgesamt können bei der Gin-Herstellung etwa 120 verschiedene Zutaten als Aromen und Wirkstoffe zum Einsatz kommen.

Die Aromatisierung kann sowohl während der Destillation als auch nachträglich geschehen. Es gibt je nach Aromaträger zwei übliche Destillationsverfahren, die nebeneinander oder gleichzeitig angewendet werden: Entweder werden die Alkoholdämpfe direkt über die Gewürze geleitet und nehmen dabei die Aromen mit oder die Gewürze werden in den Rohalkohol eingelegt und mit diesem destilliert (Mazeration).

In der Europäischen Union und der Schweiz muss Gin einen Alkoholgehalt von mindestens 37,5 Volumenprozent besitzen.[1][2]

Geschichte

Die ältesten Quellen Mitte des 17. Jahrhunderts berichten vom Wacholderschnaps namens Genever des Arztes Franciscus Sylvius.[3] Als Wilhelm III. von Oranien-Nassau 1689 den englischen Thron bestieg, brachte er den Genever aus seiner Heimat mit. Er stellte die Produktion von Wacholder-Schnaps steuerfrei und belegte gleichzeitig den Import französischer Alkoholika mit hohen Steuern. Auch englische Soldaten, die die Holländer im Holländisch-Spanischen Krieg unterstützten, brachten diesen Schnaps auf die Britische Insel, wo er den Namen Gin erhielt.[4] Durch einen Erlass wurde 1690 festgelegt, dass der Gin nur aus englischem Getreide produziert werden darf.[5] 1697 wird erstmals schriftlich eine Gin-Destillerie in England in einem ehemaligen Kloster in Plymouth erwähnt.[6]

Ab 1769 produzierte die Gordon Co. im Norden Londons einen in der Britischen Marine verbreiteten dreifach gebrannten Gin. Zu dieser Zeit destillierte man in England viele raue, harte Brände mit wechselndem Alkoholgehalt unter der Bezeichnung Gin. Als durch die großen Anbaugebiete in Nordamerika die Anbaufläche für Getreide größer wurde und damit auch der Preis sank, wurde es auch günstiger, Alkohol zu produzieren. Der billige und hochprozentige Gin wurde vor allem in den unteren Gesellschaftsschichten sehr beliebt, da ein Rauschzustand schon nach wenigen Drinks eintrat. Der Ginkonsum stieg so stark an, dass die Regierung sich gezwungen sah, im Zuge der Gin-Krise einzugreifen. Durch hohe Steuern und verschärfte Qualitätskontrolle sollte Gin für die unteren Schichten künstlich verteuert werden.

1791 regulierte der sog. Gin Act nicht nur Qualität und Herstellung, sondern brachte ihn in die Kreise der Oberschicht. An der Destillationsmethode und Rezeptur wurde innerhalb dieser Grenzen in den zahlreichen Destillerien im Londoner Bloomsbury-Viertel und im Vorort Finsbury während dieser Gin-Ära von vielen weiter getüftelt. Gerade in Finsbury mit seinem klaren Quellwasser entwickelte sich auch der London Dry Gin zwar nicht als Herkunftsbezeichnung (etwa für Gin aus London) doch aber als eine bestimmte Vierfach-Destillation in Kupferkesseln, mit der im Vergleich zum kontinentalen Genever ein besonders runder und trockener Geschmack der Spirituose erreicht wird.

Der Vorgänger ist der sogenannte Old Tom Gin, ein leicht gesüßter Gin, der im 18. und 19. Jahrhundert sehr populär war. Er eignet sich vor allem (aber nicht nur) zum Mixen von Longdrinks wie Tom Collins und kann als Verbindung zwischen Genever und dem London Dry Gin verstanden werden.[7]

Sorten

Gemäß der Verordnung (EU) 2019/787 gibt es die lebensmittelrechtlichen Kategorien Gin, Destillierter Gin und London (Dry) Gin. Darüber hinaus gibt es weitere Kategorien wie Old Tom Gin und fassgereiften Gin, die aber lebensmittelrechtlich nicht definiert sind. Kein Gin, aber Wacholderspirituosen sind Genever und Steinhäger. Kein Gin, sondern ein Likör ist der im Englischen als Sloe Gin bezeichnete Schlehenlikör.

London Gin

London Gin wird in der EU-Verordnung von 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen wie folgt definiert: London Gin ist ein destillierter Gin,

London Gin darf neben den pflanzlichen Stoffen keine anderen zugesetzten Zutaten außer Wasser enthalten. Der Mindestalkoholgehalt von London Gin beträgt 37,5 % vol. Die Bezeichnung London Gin kann durch den Begriff Dry ergänzt werden, wenn keinerlei süßende Erzeugnisse zugesetzt werden.

Destillierter Gin

Bei destilliertem Gin müssen die verschiedenen pflanzlichen Zutaten vor der Destillation hinzugegeben worden sein.

Dry Gin

Die Bezeichnung als Dry Gin besagt lediglich, dass das Fertigerzeugnis nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter beinhaltet. Ein London Gin ist immer ein Dry Gin und kann, wenn keinerlei süßende Erzeugnisse zugesetzt werden, auch als London Dry Gin bezeichnet werden.

Andere

Trivia

Das Kartenspiel Gin Rummy ist nach dem Getränk benannt: Elwood T. Baker, der Erfinder des Spiels, gab ihm diesen Namen, “in order to keep the liquor in the family”, da damals auch Kartenspiele namens Rum und Whiskey gespielt wurden.

Der teuerste Gin der Welt ist der Bombay Sapphire „Revelation“, der auf 5 Stück limitiert in handgefertigten und diamantenbesetzten Kristallglas-Flaschen abgefüllt für 200.000 € je Flasche versteigert wurde.[14]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Verordnung (EU) 2019/787 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019, Anhang I, 20. Gin; Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008, Anhang II, 20. Gin.
  2. Mindestalkoholgehalt von Spirituosen (Memento vom 22. Oktober 2012 im Internet Archive) – Die Bundesbehörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
  3. ADLER GIN. Abgerufen am 25. Juni 2021.
  4. vgl. Ray Foley: Das Bar-Handbuch, ISBN 978-3-88472-468-2
  5. vgl. Tobias Pehle: Aperitifs & Digestifs, ISBN 978-3-89555-297-7.
  6. Armin Kübler: Der „Gin Craze“ in London. Eine Stadt im Rausch. In: Damals, Heft 8/2022, S. 58–62, hier S. 58.
  7. CocktailDB: old tom gin
  8. Review of Gordon's Distillers Cut Gin by the GIN is IN. Abgerufen am 18. Januar 2018 (amerikanisches Englisch).
  9. Saffron Gin Besprechung auf nicks.com.au, abgerufen am 13. Juni 2016
  10. Saffron Gin Besprechung auf drinkhacker.com, abgerufen am 13. Juni 2016
  11. laut Herstellerangabe kommt hier die Ugni Blanc zur Verwendung.
  12. Vergleich von bisherigem und neuem Recht
  13. Was ist eigentlich ein Machandel auf www.gin-aholic.de, abgerufen am 2. April 2021
  14. Die teuersten Gins der Welt für bis zu 200.000€! 20. März 2019, abgerufen am 5. Mai 2022 (deutsch).