Werkdaten
Titel: Der Pirat
Originaltitel: Il pirata

Titelblatt des Librettos, Mailand 1827

Form: Oper in zwei Akten
Originalsprache: Italienisch
Musik: Vincenzo Bellini
Libretto: Felice Romani
Literarische Vorlage: Bertram or the Castle of St. Aldobrand von Charles Robert Maturin
Uraufführung: 27. Oktober 1827
Ort der Uraufführung: Teatro alla Scala, Mailand
Spieldauer: ca. 3 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Sizilien, 1266
Personen
  • Ernesto, Herzog von Caldora, Parteigänger des Hauses Anjou (Bariton)
  • Imogene, Gattin von Ernesto, ehemalige Geliebte Gualtieros (Sopran)
  • Gualtiero, einst Graf von Montalto und Parteigänger Konig Manfredis, jetzt Anführer aragonesischer Piraten (Tenor)
  • Itulbo, Gefolgsmann Gualtieros (Tenor)
  • Goffredo, früher Gualtieros Erzieher, jetzt Eremit (Bass)
  • Adele, Gesellschafterin Imogenes (Sopran)
  • ein kleiner Sohn Imogenes und Ernestos (stumme Rolle)
  • Fischer, Fischerinnen, Piraten, Höflinge, Damen (Chor, Statisten)

Il pirata (deutsch: Der Pirat) ist eine romantische Oper in zwei Akten von Vincenzo Bellini. Das Libretto hat Felice Romani auf Grundlage des Romans Bertram or the Castle of St. Aldobrand von Charles Robert Maturin verfasst. Bellinis dritte Oper war eine Auftragsarbeit für die Mailänder Scala, an der am 27. Oktober 1827 die Uraufführung stattfand.

Inhalt

Erster Akt

Schiffbrüchige und besiegte Piraten, darunter ihr Anführer Gualtiero und sein Gefährte Itulbo, landen während eines Sturmes an der sizilianischen Küste nahe Caldora. Gualtiero trifft den Mönch Goffredo, in dem er seinen ehemaligen Lehrer wiederfindet, und fragt auch nach seiner geliebten Imogene (die er aus politischen Gründen verlassen musste, nachdem die Anjou die Staufer aus Sizilien vertrieben haben und jetzt die Aragonesen Ansprüche auf die Herrschaft stellen). Der Mönch verschweigt die wahren Sachverhalte, die Gualtiero erst ahnt, als die Fürstin von Caldora – die Gattin des jetzigen Fürsten Ernesto – kommt, die die Schiffbrüchigen – von denen sie noch nicht weiß, dass sie Piraten sind – im Land aufnimmt. In ihr erkennt Gualtiero seine ehemalige Geliebte. Aber noch verhindern Goffredo und Itulbo eine Begegnung, obwohl auch die Fürstin den geheimnisvollen Fremden gesehen hat. Der Mönch fürchtet ein bitteres Ende, wenn sich beide wirklich begegnen.

Die Piraten feiern ihre Rettung. Doch das Interesse der Fürstin an dem geheimnisvollen Fremden und ihr Mitleid sind geweckt. Sie lässt ihn vorladen. Dabei gibt Gualtiero seine wahre Identität preis und erfährt, dass Imogene den Fürsten Ernesto heiraten musste, um ihren gefangenen Vater vor dem Tod zu retten. Gualtiero fühlt sich von seiner ehemaligen Geliebten betrogen. Als Imogenes Kind, das sie von Ernesto hat, herbeigebracht wird, ist er sogar nahe daran, dieses zu ermorden, tut es aber aus Liebe zur Mutter nicht. Nach dieser Begegnung ist Imogene äußerst verstört, während Ernestos Seeleute ihren Seesieg gegen die – wie sie glauben – besiegten Piraten feiern. Ernesto fällt Imogenes Verstörung auf, er will sich genauer über die angekommenen Schiffbrüchigen informieren und lädt deren Anführer sowie den Einsiedler vor. Als Kapitän gibt sich jetzt Gualtieros Gefährte Itulbo aus, um Gualtiero zu schützen, der sich vor Wut kaum halten kann. Zuerst beabsichtigt der Fürst, die Seeleute in Gefangenschaft nehmen, bis er mehr über sie weiß, aber auf Imogenes Bitten will er sie am nächsten Tag frühmorgens abfahren lassen. Zuletzt verlangt der wütende Gualtiero heimlich eine weitere Aussprache von Imogene.

Zweiter Akt

Alessandro Sanquirico: Bühnenbild der zweiten Szene des zweiten Akts

Während Imogene in der Nacht darauf wartet, kommt überraschend Ernesto, um sie wegen ihres neuerdings so reservierten und distanzierten Verhaltens ihm gegenüber zur Rede zu stellen. Im Laufe der Unterredung kommt die ganze Wahrheit ans Licht, weil auch eine Nachricht gebracht wird, dass Piraten und Gualtiero im Land seien. Vor Wut schlägt Ernesto alle Warnungen Imogenes in den Wind, dass Gualtiero ihn und den Sohn töten könnte. Als sich dann Gualtiero und Imogene treffen, gibt es für Gualtiero nur zwei Alternativen: Entweder Imogene flüchtet mit ihm oder er bringt Ernesto um und übergibt sich selbst der Todesstrafe. Fast kann sie ihn dennoch zur Abfahrt bewegen, da tritt Ernesto dazwischen. Der Streit führt zu einem Zweikampf (in dem Ernesto getötet wird). Gualtiero stellt sich, um seine Verurteilung und Bestrafung zu erwarten. Beides folgt unausweichlich in Anwesenheit Imogenes, obwohl Gualtieros Getreue vor ihrer Flucht ganz am Schluss noch einmal versuchen, ihn zu befreien. Das will er nicht. Imogene ihrerseits ist über dem ganzen Seelenleid wahnsinnig geworden und erwartet den eigenen Tod.

Gestaltung

Instrumentation

Die Orchesterbesetzung der Oper enthält die folgenden Instrumente:[1]

Musiknummern

Erster Akt

Zweiter Akt

Geschichte

Il pirata gilt als Prototyp der romantischen Oper in Italien, ähnlich wie Webers Freischütz in Deutschland oder Meyerbeers Robert le diable in Frankreich. Darüber hinaus gilt die abschließende Wahnsinnsszene der Imogene als ein Paradebeispiel mit Vorbildcharakter für die weitere Entwicklung dieses Genres.[2][3]

Bei der Uraufführung am 27. Oktober 1827 im Teatro alla Scala in Mailand sangen Antonio Tamburini (Ernesto), Henriette Méric-Lalande (Imogene), Giovanni Battista Rubini (Gualtiero), Lorenzo Lombardi (Itulbo), Pietro Anzilioni (Goffredo) und Maria Sacchi (Adele). Das Bühnenbild stammte von Alessandro Sanquirico.[4]

Die Oper war Bellinis internationaler Durchbruch. An die Uraufführung schlossen sich Aufführungen in Wien 1828, Dresden 1829, London 1830, Madrid 1830, Paris 1832, New York 1832, Havanna 1834, Petersburg 1843 und Buenos Aires 1850 an. Dann fiel die Oper in Vergessenheit.

Nach ersten Wiederbelebungsversuchen in Rom 1935, Catania 1951 und Palermo 1958 gelang es erst Maria Callas durch ihre Interpretation der Imogene in der Neueinstudierung des Werkes an der Mailänder Scala 1958, das Werk dauerhaft zurück ins Bewusstsein der Opernwelt zu bringen. Erfolge als Imogene feierte auch Montserrat Caballé. Renée Fleming sang diese Rolle 2002 an der New Yorker Metropolitan Opera und Sonya Yoncheva 2018 an der Mailänder Scala.

Diskografie (Auswahl)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Friedrich Lippmann: Il pirata. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 1: Werke. Abbatini – Donizetti. Piper, München / Zürich 1986, ISBN 3-492-02411-4, S. 240.
  2. Stephen A. Willier: Early nineteenth-century opera and the impact of the gothic, University of Illinois, 1987, S. 430
  3. Esther Huser: „Wahnsinn ergreift mich – ich rase!“ – Die Wahnsinnsszene im Operntext, Universität Freiburg, 2006, S. 52
  4. Il pirata (Vincenzo Bellini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.