Ingeborg Drewitz 1981

Ingeborg Drewitz (* 10. Januar 1923 in Berlin als Ingeborg Neubert; † 26. November 1986 in West-Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

Ingeborg Neubert absolvierte ihr Abitur 1941 an der Königin-Luise-Schule in Berlin-Friedenau und arbeitete zunächst in einem Betrieb. Danach nahm sie ein Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie auf und promovierte am 20. April 1945 an der Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin über den Dichter Erwin Guido Kolbenheyer.[1]

Sie heiratete 1946 ihren Jugendfreund Bernhard Drewitz, mit dem sie drei Töchter bekam.

Als Autorin sah sie sich der Aufklärung verpflichtet und setzte sich mit der Nachkriegsgeschichte Deutschlands ebenso auseinander wie mit der gesellschaftlichen Stellung der Frau in Vergangenheit und Gegenwart. Laut Knaurs Lexikon der Weltliteratur (3. Auflage 1995) „gestaltet sie in ihrem literarischen Werk die Verlassenheit des modernen Menschen und sein Unvermögen, auf den Mitmenschen einzugehen, sowie die Problematik, die Individualität im genormten Leben zu bewahren. Dabei stehen in ihrem Werk Probleme der Frau im Mittelpunkt.“ Ihr Drama Alle Tore waren bewacht, das 1955 seine Uraufführung hatte, befasste sich als erstes deutsches Theaterstück mit den Bedingungen in Konzentrationslagern.[2] Als ihr erfolgreichster Roman gilt Gestern war heute: Hundert Jahre Gegenwart (1978), der drei Frauengenerationen des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt stellt.

Neben zahlreichen Lesereisen durch Europa, Afrika und den USA nahm sie u. a. auch von 1973 bis 1980 Lehraufträge an dem Institut für Publizistik der Freien Universität Berlin wahr. 1981 schrieb sie die Einführung von Gunther Tietz’ Lyrikband Die Verteidigung der Schmetterlinge. Ein Jahr vor ihrem Tod war sie noch Jury-Mitglied beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.

Grab von Ingeborg Drewitz auf dem Friedhof Zehlendorf in Berlin

Für ihr literarisches Werk wurde sie mit höchsten Auszeichnungen und auch postumen Ehrungen bedacht.

Ingeborg Drewitz starb 1986 im Alter von 63 Jahren in Berlin an den Folgen eines Krebsleidens.[3] Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof Zehlendorf.[4] Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Ingeborg Drewitz (Feld 31-W-247) seit 1990 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde im Jahr 2016 um die übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[5]

Die Privatbibliothek von Ingeborg Drewitz befindet sich in der Akademie der Künste Berlin.[6]

Gesellschaftspolitisches Engagement

Von ihrer Sozialkritik als Autorin leitete sie ihr gesellschaftspolitisches Engagement ab. 1966 wurde sie zur Vorsitzenden des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller (SDS) gewählt.[3] Sie war Mitbegründerin des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) und mit einer Unterbrechung von 1969 bis 1980 dessen stellvertretende Vorsitzende.[2] In dieser Funktion war sie 1973 Mitbegründerin des Berliner Autorenvereins Neue Gesellschaft für Literatur und organisierte 1977 in Berlin den ersten Kongress Europäischer Schriftstellerverbände.[2] Als Vizepräsidentin des deutschen P.E.N.-Zentrums sowie als VS-Vorsitzende trat sie u. a. für die innerdeutsche Entspannung ein. Dabei arbeitete sie mit dem Präsidiumsmitglied des P.E.N.-Zentrums, Hanns Werner Schwarze, zusammen.[7] Des Weiteren war sie Mitbegründerin des PEN-Clubs in Portugal und hielt dort Vorlesungen über deutsche Literatur.[2] Sie war Mitbegründerin der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und einer Autorenbuchhandlung in Berlin.[2] 1979 war sie Jurorin des Dritten Russell-Tribunals in Frankfurt-Harheim, das Menschenrechtsverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland anprangerte.

Besondere Anerkennung fand ihr Engagement innerhalb von amnesty international sowie ihr Einsatz für Literaturprojekte von Inhaftierten, die z. B. durch ihre Herausgebertätigkeit Chancen bekamen, publiziert zu werden.[2] 1985 hat sie sich auf dem evangelischen Kirchentag in Düsseldorf mit Exegesen zu Paulus-Texten aus dem Neuen Testament eingebracht. Kurz vor ihrem Tod ist sie noch dem evangelisch orientierten Radius Verlag als Gesellschafterin beigetreten.

Nach Ingeborg Drewitz sind unter anderem zwei Preisstiftungen benannt.

Werke

Dramen

Hörspiele

Erzählungen

Romane

Autobiographische Prosa

Sachbücher

Herausgeberschaft

Auszeichnungen

Postume Ehrungen

Gedenktafel am Haus Quermatenweg 178 in Berlin-Zehlendorf
In diesem Haus lebte und arbeitete von 1946 bis zu ihrem Tode die Schriftstellerin Ingeborg Drewitz. Ihre Berliner Romane, Erzählungen und dramatischen Werke handeln vom Schicksal der „Kleinen Leute“ und reflektieren die gesellschaftliche Entwicklung. In zahlreichen Gremien engagierte sie sich für die Belange der Literaten.

Benennungen

Preisstiftungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Dissertation von Ingeborg Drewitz: Die dichterische Darstellung ethischer Probleme im Werke Erwin Guido Kolbenheyers. Diss., Berlin 1945
  2. a b c d e f Wer war Ingeborg Drewitz? (Memento vom 13. Mai 2013 im Internet Archive) Bezirksamt Berlin-Mitte, berlin.de
  3. a b ingeborg-drewitz-gesamtschule.de – Reverenz der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule (Gladbeck) an die Namensgeberin der Schule, inkl. ihrem Lebenslauf
  4. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 672.
  5. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 17; abgerufen am 17. März 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin. (PDF, 205 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 17/3105 vom 13. Juli 2016, S. 1 und Anlage 2, S. 3; abgerufen am 17. März 2019.
  6. Dagmar Jank: Bibliotheken von Frauen – Ein Lexikon. Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen; Band 64. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2019. ISBN 978-3-447-11200-0. S. 55.
  7. Hanns Werner Schwarze und Ingeborg Drewitz. (Memento des Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive; PDF; 35 kB)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stiftung-aufarbeitung.de () stiftung-aufarbeitung.de
  8. Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In: Bundesanzeiger. Jg. 25, Nr. 43, 9. März 1973.
  9. Premio Minerva 1986 (Memento vom 2. April 2016 im Internet Archive) – die Preisträgerinnen von 1986; in italienischer Sprache online unter www.minervariviste.com
  10. stadtbibliothek-steglitz-zehlendorf.de – Die Berliner Stadtbibliothek Steglitz-Zehlendorf wurde umbenannt in Ingeborg-Drewitz-Bibliothek
  11. name="dsm2"
  12. humanistische-union.de (PDF) – Der Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis für Gefangene „wurde initiiert von der Gefangeneninitiative Dortmund sowie der Dokumentationsstelle Gefangenenliteratur an der Universität Münster und wird inzwischen von einem breiten Trägerkreis realisiert, dem neben den katholischen und evangelischen Gefängnisseelsorge-Konferenzen, dem Strafvollzugsarchiv an der Universität Bremen auch die Humanistische Union (Landesverband NRW), der Arbeitskreis kritischer Strafvollzug Münster (AKS) e. V. und der Chance e. V. angehören.“
  13. humanistische-union.de - Berliner Landesverband Humanistische Union stiftet Ingeborg-Drewitz-Preis für die Menschenwürde