Jacques Gaillot, 2007

Jacques Jean Edmond Georges Gaillot (* 11. September 1935 in Saint-Dizier; † 12. April 2023 in Paris) war 13 Jahre lang römisch-katholischer Bischof von Évreux. Nach seiner Amtsenthebung war er ab 1995 Titularbischof von Partenia und Internetseelsorger.

Leben

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Anfänge

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Jacques Gaillot wurde am 11. September 1935 in Saint-Dizier in der südlichen Champagne als Sohn einer Weinhändlerfamilie geboren und besuchte nach der Mittelschule das Priesterseminar von Langres. Von 1957 bis 1959 leistete er in Algerien den Militärdienst, der ihn mit der Gewalt des Krieges konfrontierte. Diese Erfahrung weckte in ihm die Bereitschaft zur Gewaltlosigkeit und rief eine tiefe Freundschaft mit den Algeriern hervor.

Von 1960 bis 1962 hielt er sich zum postgradualen Theologiestudium in Rom auf, um das Lizenziat zu erwerben. Im März 1961 empfing er die Priesterweihe. Von 1962 bis 1964 erfolgten weitere Studien in Paris am Institut supérieur de Liturgie. Gaillot unterrichtete am Grand Séminaire von Châlons-en-Champagne. Von 1965 bis 1972 lehrte er am Regionalseminar von Reims im Zusammenhang der Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils.

1973 wurde er in seiner Heimatstadt Saint-Dizier zum Pfarrer ernannt. Gleichzeitig trug er Mitverantwortung für die Schulung der Priesterausbilder in Paris am Institut de formation des éducateurs du clergé (IFEC). 1977 wurde er Generalvikar der Diözese Langres, 1981 wurde er zum Kapitularvikar gewählt.

Bischof von Evreux

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Am 5. Mai 1982 wurde Gaillot zum Bischof von Évreux ernannt. Die Bischofsweihe vollzog am 20. Juni 1982 der Bischof von Langres, Léon Aimé Taverdet, assistiert von den Mitkonsekratoren Jean Vilnet, Bischof von Lille, und Erzbischof Joseph Duval von Rouen.

Jacques Gaillot setzte sich öffentlich für verschiedene Personen und Themen ein:[1]

Am 13. Januar 1995 wurde Gaillot unter anderem angeblich auf Druck der französischen Regierung, insbesondere des Innenministers Charles Pasqua, von Papst Johannes Paul II. als Bischof von Évreux abgelöst und auf den Titularsitz von Partenia versetzt. Zu seinem Abschiedsgottesdienst in Évreux reisten etwa 50.000 Katholiken aus ganz Frankreich in 300 Bussen und drei Sonderzügen an.[4]

Nach der Absetzung

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Bischof Gaillot kündigte zunächst an, sich tatsächlich an diesen im heutigen Algerien gelegenen Ort zu begeben und seine Arbeit von dort aus fortzusetzen; aufgrund der politischen Situation Algeriens nahm er davon jedoch bald Abstand. Darauf ließ er die im 5. Jahrhundert untergegangene Diözese als „Diözese ohne Grenzen“ im Internet wiederaufleben. Mit Hilfe der modernen Kommunikationsmittel kommunizierte er bis zum Erreichen seines 75. Lebensjahrs 2010 von seinen Klosterräumen in Paris aus über das Internet mit Menschen in aller Welt.[5][6]

Bischof Gaillot arbeitete in Paris für Ausländer, die keine gültigen Aufenthaltspapiere besitzen („sans-papiers“), für obdachlose Familien sowie für junge Arbeitslose.

Anlässlich der Einladung zu einer ökumenischen Begegnung mit den Bischöfen im Mai 2000 schrieb der Präsident der französischen Bischofskonferenz in einem offenen Brief an Gaillot: „Es ist wichtig, dass die Katholiken und auch die Öffentlichkeit im Allgemeinen wissen, dass uns sehr wohl ein brüderliches Band vereint, wenn diese Verbundenheit auch auf besondere Art gelebt wird.“

Im Jahr 2004 wurde Gaillot von Joachim Kardinal Meisner zweimal mit einem Auftrittsverbot in seiner Diözese belegt, dem sich Gaillot insofern fügte, als er zwar bei mindestens einem der beiden Termine anwesend war, aber keinen Vortrag hielt.[7] 2012 hielt Gaillot auf Einladung der Kölner Karl-Rahner-Akademie einen Vortrag im Museum Schnütgen.[8]

Am 1. September 2015 fand eine Privataudienz für Gaillot bei Papst Franziskus statt. Das Treffen wurde bezeichnet als ein „persönliches Treffen zweier Männer, die durch ihre Empfindung und ihr Engagement für die Armen“ verbunden seien. Bischof Gaillot hatte ein Jahr zuvor den Papst in einem Schreiben um Unterstützung gebeten.[9]

Er starb am 12. April 2023 im Alter von 87 Jahren in Paris.[10][6]

Schriften

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Literatur

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Commons: Jacques Gaillot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Video

Einzelnachweise

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  1. Wer ist Jacques Gaillot? partenia.org, abgerufen am 13. April 2023.
  2. Joseph Limagne: Le coup de théâtre des évêques français. In: L’Actualité religieuse dans le monde, Jg. 1983, Heft 7, S. 40–43, hier S. 41.
  3. Er war 1988 der erste Bischof, der ein schwules Paar segnete, Queer.de, veröffentlicht und abgerufen am 13. April 2023.
  4. Reimar Oltmanns: Beide Beine fest in den Wolken. In: taz, 5. August 1995, S. 23.
  5. Partenia – Aktuelles, abgerufen am 13. April 2023
  6. a b Von Papst Franziskus rehabilitiert gefühlt: Jacques Gaillot ist tot. katholisch.de, 13. April 2023, abgerufen am 13. April 2023
  7. Bischof Gaillot wurden schon zwei Auftritte von Meisner verboten, Handelsblatt, 25. Oktober 2004, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  8. Der leise Rebell. Amtsenthobener Bischof Jaques Gaillot in Köln. Domradio, 25. Mai 2012, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  9. Radio Vatikan: Suspendierter Bischof Gaillot bei Papst Franziskus
  10. Jacques Gaillot, ancien évêque et figure contestataire de l’épiscopat, est mort. In: Le Monde. 12. April 2023, abgerufen am 12. April 2023 (französisch).
VorgängerAmtNachfolger
Jean HonoréBischof von Evreux
1982–1995
Jacques David
José Luis Lacunza MaestrojuánBischof des Titularbistums Partenia
1995–2023
Joaquim Proença Dionísio
Personendaten
NAME Gaillot, Jacques
ALTERNATIVNAMEN Gaillot, Jacques Jean Edmond Georges (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG französischer Geistlicher, Titularbischof von Partenia und Bischof von Évreux
GEBURTSDATUM 11. September 1935
GEBURTSORT Saint-Dizier
STERBEDATUM 12. April 2023
STERBEORT Paris