Goethe

Leben des Benvenuto Cellini ist Goethes Übersetzung der Autobiographie des italienischen Renaissance-Künstlers Benvenuto Cellini. Zusätzlich zur Kopie des Originals, die durch den Florentiner Antonio Cocchi 1728 herausgegeben worden war, stand Goethe noch die Übertragung ins Englische von Thomas Nugent (London 1771) zur Verfügung. Goethes Version erschien 1803 im Druck. Seine Ausgabe ist eine sehr freie, ungenaue Übersetzung mit Auslassungen.[1] Das Gewicht liegt bei ihm auf dem literarischen Interesse an der Figur des Autors.

Aufzeichnungen

1557 begann der 57-jährige Florentiner Goldschmied und Bildhauer Benvenuto Cellini, seine Lebenserinnerungen niederzuschreiben. An dieser Autobiographie hat Cellini etliche Jahre gearbeitet. Die letzten Aufzeichnungen stammen aus dem November 1566.

Schreibabsicht

Benvenuto schreibt, um von seiner „Kunst zu reden“. Daneben geht er auch auf Begegnungen mit Zeitgenossen wie Michelangelo Buonarroti in Florenz, Tizian und Jacopo Sansovino in Venedig ein. Außerdem erwähnt Benvenuto seine Bekanntschaft mit Luigi Pulci, „Sohn desjenigen Pulci, dem man den Kopf abschlug, weil er sich seiner eignen Tochter nicht enthielt“.

Lebenslauf

Benvenuto Cellini

Benvenuto heißt Er sei willkommen! Cellini, der gewandte Dialogpartner, spielt mit der Bedeutung seines Vornamens. Als der Herzog ihn einmal mit den Worten Du bist unwillkommen (Malvenuto)! „begrüßt“, entgegnet Benvenuto schlagfertig: Gnädiger Herr, das ist mein Name nicht, denn ich heiße Benvenuto.

Cellini, von florentinischen Bürgern abstammend, wächst in der Vaterstadt behütet auf. Schließlich kann er sich vom besorgten Vater lösen und geht über Siena und Bologna nach Rom. Später reist er zurück nach Florenz, sucht Venedig, Ferrara und immer wieder seinen Geburtsort Florenz auf. Der anschließende Frankreich-Aufenthalt führt ihn an den Hof König Franz I. nach Fontainebleau. Er pendelt zwischen Italien und Paris. Auf einer seiner zahlreichen Reisen kommt Benvenuto nahe bei Lyon in ein Hagelwetter mit Hagelkörnern so groß wie dicke Zitronen. Es gibt Verletzte unter Mensch und Tier.

Meist kann sich Cellini in der Gunst des Herrschers sonnen, für den er gerade arbeitet. Benvenuto sagt von sich: Ich bin ein armer Goldschmied, ich diene jedem, der mich bezahlt.

Verschiedene Dinge im Leben packt Benvenuto einfach richtig an. So weicht er (~ anno 1527) vor der Pest, an der sein Vater in Florenz stirbt, rechtzeitig nach Mantua aus. Und er hat mehrfach Glück. So übersteht er ein großes Augenübel und eine Krankheit, bei der sein Körper mit roten Bläschen, so groß wie Pfennige, überdeckt ist. Nichts bleibt ihm erspart. Während einer Krankheit erbricht er einmal einen haarigen Wurm, wohl eine Viertelelle lang. Anno 1545 leidet er ein wenig an der Nierenkrankheit. Als er an seinem Perseus arbeitet, springt ihm ein Splitter vom feinsten Stahl ins rechte Auge. Der Chirurgus träufelt Taubenblut aufs Auge und der Splitter geht heraus.

Mit 37 Jahren muss Benvenuto das erste Mal ins Gefängnis. Einer seiner Gesellen hatte ihn verleumdet. Es hatte geheißen, Benvenuto solle Juwelen besitzen, die eigentlich der Kirche angehörten.

Charakter

An seinen Vater erinnert sich Cellini mit der Liebe des Sohnes. Benvenuto soll ein großer Musikus werden. Der Vater lässt den Sohn über Jahre hinweg regelmäßig Flöte blasen. Der Junge bläst sogar zum Entzücken des Papstes Clemens VII. bei Tafel die geübten Motetten und probiert 15-jährig, gegen den väterlichen Willen, eigene Wege: Benvenuto will Goldschmied werden. Von Jugend an löst Cellini Probleme selbstständig; wenn es sein muss, mit Waffengewalt. Cellini arbeitet nicht nur als Goldschmied und Bildhauer für seinen jeweiligen Herrscher. Er arbeitet auch als Zeichner und Miniaturmaler. Schon als junger Mann übt er sich in Rom für den Papst als Festungsbaumeister und stellt dann später sein praktisches Wissen auf diesem Sektor in den Dienst seiner Vaterstadt, als der Herzog mit Siena Krieg beginnt. Cellini nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn einer seiner Auftraggeber – und sei es der Papst, der französische König oder ein italienischer Herzog – Schwierigkeiten macht.

Cellini beschreibt sich als guten Kerl, der, von Natur zur Melancholie geneigt, zwar mitunter – gereizt durch einen garstigen Widerpart – ein wenig jähzornig sein kann, aber ansonsten doch sehr lebenstüchtig, äußerst kunstfertig und meist erfolgreich in seinen Berufen wirkt. Stets stellt er sich als den besseren Goldschmied bzw. Bildhauer gegenüber der fast immer neidischen, bösartigen Konkurrenz heraus. Heute würden wir sagen – ein erfolgreicher Unternehmer stellt sich in diesen Erinnerungen selbst dar. Das hervorstechende Charaktermerkmal Cellinis, neben seiner unübertrefflichen Vitalität, seiner anpackenden Art, ist seine Respektlosigkeit. Die äußert sich über den sehr umfangreichen Text hinweg kontinuierlich in der nicht sehr zart fühlenden Beschreibung von Herrschern und zahllosen Zeitgenossen.

Respektlosigkeit

In direktem Zusammenhang mit Cellinis Respektlosigkeit steht seine Streitbarkeit.

Streitbarkeit

Degen und Dolch sitzen locker bei Benvenuto. Er kauft sich sogar einen Spieß in Ferrara und seine Arbeitnehmer rüstet er in späteren Jahren ebenso – für alle Fälle – mit Spießen aus.

Familiensinn

Benvenuto ist seinem Vater ein gehorsamer Sohn. Wenn sein Bruder sich in einer Gasse von Florenz schlägt, kommt Benvenuto eilends herzu und mischt kräftig mit. Trotzdem – einen ausgeprägten Familiensinn zeigt Benvenuto nur gelegentlich.

Benvenuto Cellini: Perseus mit dem Haupt der Medusa

Neben den oben genannten mehr negativen Eigenschaften tritt uns in Cellini natürlich ein herausragender Mann mit positivem Persönlichkeitsbild entgegen.

Kunstfertigkeit
Unternehmerische Energie

Goethes Anhang

Goethe führt Künstler auf, die 1500, im Geburtsjahr Benvenutos, lebten: Gentile Bellini, Giovanni Bellini, Leonardo da Vinci, Perugino, Andrea Mantegna, Fra Bartolommeo, Albrecht Dürer, Baldassare Peruzzi, Giorgione, Raffael, Andrea del Sarto, Romano Giulio, Correggio, Polidoro da Caravaggio und Holbein

Goethe hebt „das allgemeine technische Talent, das unserm Benvenuto angeboren war“.

Goethe schreibt

„Da ich mich in meinem Leben vor nichts so sehr als vor leeren Worten gehütet und mir eine Phrase, wobei nichts gedacht oder empfunden war, an andern unerträglich, an mir unmöglich schien, so litt ich bei der Übersetzung des Cellini, wozu durchaus unmittelbare Ansicht gefordert wird, wirkliche Pein. Ich bedauerte herzlich, daß ich meine erste Durchreise, meinen zweiten Aufenthalt zu Florenz nicht besser genutzt, mir von der Kunst neuerer Zeit nicht ein eindringlicheres Anschauen verschafft hatte.“

Goethe in den Tag- und Jahresheften anno 1803

„Ich bin bey dieser Gelegenheit auch wieder an des Cellini Lebensbeischreibung gerathen, es scheint mir unmöglich einen Auszug daraus zu machen, denn was ist das menschliche Leben im Auszuge? alle pragmatische biographische Charakteristik muß sich vor dem naiven Detail eines bedeutenden Lebens verkriechen. Ich will nun den Versuch einer Übersetzung machen, die aber schwerer ist als man glaubt.“

Brief Goethes an Johann Heinrich Meyer vom 8. Februar 1796

„Es geht mit der Übersetzung eines Buchs wie Sie von dem Copieren eines Gemäldes sagen, man lernt beyde, durch die Nachbildung erst recht kennen. Cellini, mit seiner Kunst und mit seinem Lebenswandel, ist für uns ein trefflicher Standpunct, von dem man, in Absicht auf neue Kunst vorwärts und rückwärts sehen kann.“

Brief Goethes an Johann Heinrich Meyer vom 3. März 1796

Entstehung und Rezeption

Hans-Georg Dewitz und Wolfgang Proß haben in ihrem Kommentar unter der Überschrift „Dokumente zu Entstehung und Rezeption“[2] den Zeitraum 1795–1844 dokumentiert:

Neuere Äußerungen

Literatur

Quelle
Andere Ausgaben
Cellinis Original
Goethes Übersetzung
Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. Straightwashing von Künstlern - Die historische Forschung tut sich schwer mit Homosexualität. 6. März 2022, abgerufen am 21. April 2022.
  2. Dewitz und Proß, S. 896–947
  3. Dewitz und Proß, S. 896–897
  4. Dewitz und Proß, S. 897, 899, 902, 906
  5. Dewitz und Proß, S. 915 oben
  6. Dewitz und Proß, S. 915 unten, 918, 919
  7. Dewitz und Proß, S. 915 unten, 922, 923, 925
  8. Dewitz und Proß, S. 927 Mitte
  9. Dewitz und Proß, S. 932
  10. Dewitz und Proß, S. 937 Mitte
  11. Dewitz und Proß, S. 940 Mitte
  12. Dewitz und Proß, S. 944 oben
  13. Dewitz und Proß, S. 944 unten
  14. Dewitz und Proß, S. 945 oben
  15. Dewitz und Proß, S. 945 Mitte
  16. Dewitz und Proß, S. 946 Mitte
  17. Dewitz und Proß, S. 946 unten
  18. Vossler, zitiert bei Dewitz und Proß, S. 847, 10. Z.v.u.
  19. Vossler, zitiert bei Dewitz und Proß, S. 850, 21. Z.v.o.
  20. Vossler zitiert Herman Grimm, wiedergegeben bei Dewitz und Proß, S. 849, 8. Z.v.o.
  21. Wilpert S. 173, 20. Z.v.u.
  22. Boyle S. 436, 4. Z.v.o.
  23. Conrads Übertragung, zitiert bei Dewitz und Proß, S. 860–868
  24. Semeraus Übertragung, zitiert bei Dewitz und Proß, S. 851–859
  25. Dewitz und Proß, S. 1503, 2. Eintrag v.u.
  26. Dewitz und Proß, S. 1497–1507