Im Zweiten Weltkrieg fanden vom 24. Februar 1944 bis zum 3. April 1945 zahlreiche Luftangriffe auf Gotha durch die 8th Air Force der United States Army Air Forces (USAAF) statt. Sie zerstörten in Gotha die Waggonfabrik Gotha AG (die Kampfflugzeuge, Eisenbahnwaggons und LKW produzierte), Reichsbahnanlagen, Wohn- und Geschäftsviertel und Kulturbauten. 552 (wahrscheinlich mehr) Menschen starben, 330 Häuser mit 775 Wohnungen wurden zerstört und weitere 2.594 Gebäude mit 5.320 Wohnungen beschädigt.

Angriffsplanungen

In der britischen Liste mit Fisch-Decknamen für Bombardierungsziele in Deutschland war Gotha als „Anchovy“ (Anchovis) vertreten. Luftmarschall Arthur Harris hatte im Sommer 1942 Gotha zusammen mit Eisenach, Erfurt, Jena und Weimar für einen Tausend-Bomber-Angriff vorgesehen. Marschall Charles Portal hatte im November 1942 auch Gotha auf einer Liste mit „Einäscherungsbombardements“ deutscher Städte. Im Januar 1945 befand sich Gotha auf einer aktualisierten Städte-Angriffsliste der alliierten Luftstreitkräfte.[1]

Die einzelnen Luftangriffe

B-24 „Liberator“ der USAAF
B-17 „Flying Fortress“ der USAAF
Eingang zu Kasematten des Schlosses (Luftschutzräume im Krieg) (2016)
Hochbunker Bauart Leo Winkel in Bahngelände Gotha (2015)

Am 4. April wurde Gotha kampflos durch US-Truppen besetzt.

Für den Fall der militärischen Verteidigung, die wegen der geringen deutschen Kräfte in Gotha ohnehin illusorisch war, hatten die Alliierten offenbar einen Vernichtungsangriff auf die Stadt vorgesehen. Auf einer Tafel am Schloss Friedenstein, die die geplante Übergabe durch den „Kampfkommandanten“ Gadolla würdigt, heißt es: „Gadollas mutiges Handeln bewahrte tausende Menschen und die Stadt Gotha vor der Vernichtung“.

Opferzahlen und materielle Verluste

Die Zahl der Toten als Folge der Luftangriffe wird meist mit 552 oder 542 angegeben, ausländische Arbeitskräfte eingeschlossen.[12][13][14] Addiert man die Zahlen aus anderer Quelle[2], so ergeben sich alleine aus drei Angriffen 794 Tote. In den niedrigeren Zahlen sind offenbar die 183 am 6. Februar 1945 umgekommenen Bahnreisenden nicht enthalten. 330 Häuser mit 775 Wohnungen wurden zerstört, weitere 2594 Häuser mit 5320 Wohnungen beschädigt.[13]

Verluste und Schäden an Kulturbauten

Diese Angaben stammen ganz überwiegend aus dem Standardwerk Götz Eckardt (Hrsg.)Schicksale deutscher Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg, darin Rudolf Zießler Gotha. Band 2, S. 486–488. Zitat: „Die Luftangriffe (auf Gotha) … fügten der Stadt erheblichen Schaden zu“.

Stadttheater (Modell), ausgebrannt bei Luftangriff am 3. April 1945, in den 1950er Jahren abgerissen

Leichtere Schäden erlitten unter anderen: Die Augustinerkirche, die Friedrichskirche, die katholische Pfarrkirche, die Christkönigskirche, das Schloss Friedenstein (das Hauptportal schwer beschädigt), das Schloss Friedrichsthal, der Parktempel im Schlosspark Gotha, das Haus Königsaal (Brühl), sowie die Häuser Schloßberg 2 und 12.

Begräbnis- und Gedächtnisstätten

Auf dem Gothaer Friedhof wurden Gräberfelder für Kriegstote angelegt und nach der Wiedervereinigung durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge neu gestaltet. Das größte Gräberfeld wird überragt von einem hohen Holzkreuz mit der Inschrift auf einer Metalltafel: „Auf dieser Kriegsgräberstätte ruhen 309 deutsche Soldaten, gestorben im II. Weltkrieg, und 210 zivile Opfer von Bombenangriffen und Kriegseinwirkungen“ (Richtig muss es heißen: gestorben im und nach dem II. Weltkrieg). Daneben befindet sich ein Gräberfeld mit 86 lettischen, aus Liepāja/Libau stammenden Opfern des schweren Bombenangriffs auf Gotha am 6. Februar 1945, darunter Frauen und Kleinkinder. Ein Kreuz trägt die Inschrift: „In ewigem Gedenken an die Kriegsopfer vom 6. Februar 1945 aus Liepaja / Lettland. Ruhet in Frieden. Dusiet Dieva miera.“

Literatur

Einzelnachweise

  1. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. Berlin 1990. S. 35, 69, 74
  2. a b c Weltkriegsopfer Gotha Archivierte Kopie (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive)
  3. Lothar Günther: Missionen und Schicksale. Untermaßfeld 2014. S. 108–127
  4. Lothar Günther: Missionen und Schicksale. Untermaßfeld 2014. S. 239–242
  5. Gotha, ein Fotoalbum [1]
  6. Matthias Wenzel: Gotha 1933–1945 in Fotografien. Sutton-Verlag 2016. S. 119
  7. Rudolf Zießler: Gotha. In: Götz Eckardt Schicksale deutscher Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg. Berlin 1978. S. 486
  8. Lothar Günther: Missionen und Schicksale. Untermaßfeld 2014. S. 312–318
  9. Matthias Wenzel: Gotha 1933–1945 in Fotografien. Sutton-Verlag 2016. S. 120
  10. Gotha: ein Fotoalbum [2]
  11. Rudolf Zießler: Gotha. In: Götz Eckardt: Schicksale deutscher Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg. Berlin 1978. S. 486–488
  12. Lothar Günther: Missionen und Schicksale. Untermaßfeld 2014. S. 123
  13. a b Heiko Stasjulevics: Gotha, die Fliegerstadt. Gotha 2001. S. 87
  14. Gotha, ein Fotoalbum [3]