Marie-Jean-Pierre Flourens

Marie-Jean-Pierre Flourens (* 13. April 1794 in Maureilhan; † 6. Dezember 1867 in Montgeron) war ein französischer Anatom, Physiologe und Neurophysiologe.

Leben und Wirken

Pierre Flourens studierte Medizin an der Universität in Montpellier, wo er insbesondere die Kurse von Augustin-Pyrame de Candolle belegte. Im Jahre 1813 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert. Er beschäftigte sich hiernach aber fast ausschließlich mit Fragen der Naturgeschichte. Im darauffolgenden Jahr ging er mit einem Empfehlungsschreiben versehen nach Paris zu Jean-Baptiste Lamarck, Étienne Geoffroy Saint-Hilaire und Antoine Portal (1742–1832).

Ab 1815 bildete er sich in Physiologie weiter und wurde Mitarbeiter des Naturforschers und Zoologen Georges Cuvier.[1]

Flourens erforschte, unter anderem durch Tierversuche, die Lokalisation von Gehirnleistungen. Er fand auch (vorbereitet durch Luigi Rolando) die Funktion des Kleinhirns als Koordinator von Bewegungen. 1828, das Jahr in dem Flourens den Point vital entdeckte,[2] wurde Flourens in die Académie des sciences aufgenommen und 1855 zum Professor am Collège de France berufen. Unter dem Einfluss von Georges Cuvier[3] wurde Flourens zu einem der größten wissenschaftlichen Gegner der Phrenologie Franz Joseph Galls.

1847 erkannte Flourens in Paris die betäubende Wirkung von Chlorethan und Chloroform. Er konnte zudem im Tierversuch zeigen, dass verschiedene Abschnitte des zentralen Nervensystems unterschiedlich leicht narkotisierbar sind, und beobachtete verschiedene Stadien beim Ablauf von Inhalationsnarkosen.[4][5]

Flourens erlangte nicht nur in der Wissenschaft Bekanntheit: 1837 wurde er Mitglied der Abgeordnetenkammer und 1846 Mitglied der Pairskammer. Bei der Wahl zur Neubesetzung des 29. Sessels der Académie française konnte er sich weiterhin im vierten Wahlgang gegen Victor Hugo durchsetzen, was zu Protesten der literarischen Presse und der Öffentlichkeit führte. 1835 wurde er zum auswärtigen Mitglied (Foreign Member) der Royal Society, 1838 zum Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh,[6] 1841 zum Mitglied der Leopoldina, 1843 zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1853 zum assoziierten Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique,[7] 1856 zum korrespondierenden Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg[8] und 1859 zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[9]

Schriften (Auswahl)

Literatur

Gedenktafel für Pierre Jean Marie Flourens

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Barbara I. Tshisuaka: Flourens, Marie Jean Pierre. 2005, S. 406.
  2. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 31.
  3. @1@2Vorlage:Toter Link/www.academie-sciences.frMarie-Jean-Pierre Flourens: Èloge historique de G. Cuvier. (1834), S. 650 (PDF; 3,6 MB) (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im November 2018. Suche in Webarchiven)
  4. M. Flourens: Note touchant l’action de l’ether sur les centres nerveux. In: Compt. rend. Acad. sc. Band 24, 1847, S. 342 ff.
  5. H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 12 und 14.
  6. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. Royal Society of Edinburgh, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Oktober 2017; abgerufen am 5. Dezember 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rse.org.uk
  7. Académicien décédé: Marie Jean Pierre Flourens. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 14. September 2023 (französisch).
  8. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Flourens, Marie-Jean-Pierre. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. Dezember 2019 (russisch).
  9. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 82.