Matschinsky-Denninghoff war ein Bildhauer-Ehepaar, das durch seine monumentalen abstrakten Skulpturen aus Chromnickelstahl-Röhren bekannt wurde.

Leben

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Berlin, 1987

Brigitte Matschinsky-Denninghoff

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Brigitte Matschinsky-Denninghoff (geborene Meier-Denninghoff; * 2. Juni 1923 in Berlin; † 11. April 2011 ebenda) ist bei der Mutter und den Großeltern aufgewachsen. Der Großvater ist Maschinenbau-Ingenieur und gibt sein Wissen an sie weiter. Ihr Großonkel ist der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe. Nach dem Abitur besuchte sie die Berliner Kunsthochschule. Aufgrund eines Bombenangriffs auf Berlin 1943 kann in der Akademie nur die Steinklasse fortgesetzt werden und Meier-Denninghoff zieht nach München, wo sie die Klasse von Toni Stadler an der dortigen Kunstakademie besucht. Sie lernte den Kunstkritiker John Anthony Thwaites kennen, der ihr ein Buch über Henry Moore schenkt, das sie nachhaltig beeinflusst. 1948 reist sie nach Paris und hat dort Kontakt mit Hans Hartung. Anschließend reist sie nach England, um bei Henry Moore zu assistieren. Meier-Denninghoff gründete mit sechs anderen Künstlern 1949 in München die Künstlergruppe ZEN 49.[1] Ein Stipendium der Solomon Guggenheim Foundation auf Vermittlung von Hilla von Rebay ermöglicht ihr einen neun monatigen Aufenthalt in Paris bei Antoine Pevsner. Von 1952 bis 1954 arbeitete sie als Bühnenbildnerin am Theater Darmstadt.[2] Dort lernte sie Martin Matschinsky kennen und zog mit ihm 1954 nach München.[3]

Martin Matschinsky

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Martin Matschinsky (* 4. Juli 1921 in Grötzingen (Baden); † 24. Januar 2020[4] in Berlin) absolvierte von 1938 bis 1940 eine Fotografenlehre.[2] Nach seinem Kriegsdienst in Russland im Zweiten Weltkrieg und anschließender dreijährigen Kriegsgefangenschaft kehrte er Ende 1947 in die Heimat zurück.[2] Ein Jahr später war er Mitbegründer der Theaterschule Otto-Falckenberg-Schule in München, die er zwei Jahre besuchte. Während eines Schauspielengagements am Staatstheater Darmstadt bei Gustav Rudolf Sellners Experimentiertheater lernte er 1952 die damalige Bühnenbildnerin Brigitte Meier-Denninghoff kennen.[1] Nachdem Matschinsky die Schauspielerei aufgab, folgte 1953 eine erste gemeinsame Reise nach Paris, wo sie Kontakt zu Hans Hartund und Antoine Pevsner hatten. 1954 zogen sie nach München und besuchte einen Schweißerkurs der Handwerkerinnung. Durch Meier-Denninghoff wandte sich Matschinsky der Bildhauerkunst zu.[5]

Werk des Künstlerpaares

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Brigitte Meier-Denninghoff und Martin Matschinsky datierten den Beginn ihrer Zusammenarbeit auf das Jahr 1955. Die Künstlerin verfügte zuvor bereits über ein eigenständiges künstlerisches Werk. Auch die bis 1970 entstandenen Werke wurden unter dem Namen Brigitte Meier-Denninghoff gezeigt. 1970 entschieden sie sich, die Werke unter dem gemeinsamen Namen „Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff“ zu signieren.

Das Künstlerpaar lernte sich 1952 am Darmstädter Experimentiertheater von Gustav Rudolf Sellner kennen. 1955 heirateten sie und begannen gemeinsam in München zu arbeiten. Ihren künstlerischen Durchbruch erlangten sie 1959 mit dem Prix Bourdelle und der ersten Teilnahme an der documenta II (1959) in Kassel. Sie nahmen 1962 an der Biennale in Venedig teil, wurden 1967 zur EXPO in Montreal eingeladen und in Deutschland und international mit zahlreichen Ausstellungen gewürdigt. So zeigten das Folkwang Museum in Essen (1967), die Nationalgalerie Berlin (1970), die Berliner Akademie der Künste (1985) und das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg (1985) schon früh retrospektive monografische Ausstellungen. In den 1950er Jahren verwendete das Paar meist Messingstäbe und Zinn. Sie verbanden diese zu konstruktiven, strahlenförmigen oder tuchartig gefalteten und dennoch naturhaft wirkenden Gebilden. Variantenreich loteten sie das Wechselspiel zwischen Licht und Schatten, Hülle und Raum aus. 1961 bezogen sie in Paris ein Atelierhaus. In den 1960er Jahren entwickelten sie ihre Technik, Stahlrohre zu elegant gewellten Bündeln zusammenzuschweißen.[6] Später bevorzugten sie vorgefertigte Drahtstäbe, Bleche und Rohre aus Chromnickelstahl und montierten sie durch Löten oder Schweißen zu den charakteristischen organisch wirkenden Rohrkörpern. Ab Mitte der 1980er Jahre entstanden auch kleinformatige, fragile Skulpturen. Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987, wurde ihr berühmtestes Werk „Berlin“ auf dem Mittelstreifen der Tauentzienstraße am Europa-Center aufgestellt. Ihre Skulptur „Dreiheit“ (1993) auf dem Museumsvorplatz der Berlinischen Galerie wurde zum Wiedererkennungszeichen des Landesmuseums.

Ab 1969 arbeiteten sie in Berlin, wo sie später auch hinzogen. Von 1970 an signierten sie ihre gemeinsamen Kunstwerke nur noch mit Matschinsky-Denninghoff.[1] Ab 1994 lebten und arbeiteten sie in den Sommermonaten in Schönfeld nahe der Elbe.[7] Dort bauten sie zwei Vierseithöfe zu einem Sommersitz und -atelier aus, in dem sich heute eine Metallwerkstatt und ein Malatelier befinden. Einen großen Garten wandelten sie allmählich zu einem Skulpturenpark um.[1][7]

Die ikonischen, monumentalen Edelstahlskulpturen von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff prägen vielfach den öffentlichen Raum, auch über Europa hinaus. Im Bereich der Nachkriegsmoderne und des Informel nimmt das Künstlerpaar eine prominente, international bekannte bildhauerische Position ein und erweitert damit den Schwerpunkt der Art Estate in diesem Bereich.[8]

Zu ihren bekanntesten Werken zählt die vierteilige und acht Meter hohe Plastik Berlin auf dem Mittelstreifen der Berliner Tauentzienstraße zwischen den Berliner Landmarken Europa-Center und Kaufhaus des Westens. Diese Skulptur schufen sie anlässlich der vom Neuen Berliner Kunstverein (NBK) veranstalteten Ausstellung Skulpturenboulevard, die im Jahr 1987 zur 750-Jahr-Feier Berlins realisiert wurde;[9] sie galt bald als ein Symbol für die geteilte Stadt. Nach der Wende wandelte sich die Wahrnehmung und die Metallskulptur wurde als Symbol der Wiedervereinigung gedeutet.[5] Nach Ende des Skulpturenboulevard-Projekts erwarb die Sammlung Deutsche Bank die Skulptur; wegen Sanierungsarbeiten an dem unter der Tauentzienstraße verlaufenden U-Bahn-Tunnel musste sie 2011 abgebaut und zwischengelagert werden.[10]

In den letzten Jahren wurden ihre Metallskulpturen filigraner und auch kleinteiliger. Das Künstlerpaar wird mit anderen Künstlerehen wie Christo und Jeanne-Claude oder Bernd und Hilla Becher verglichen.[1]

Ausstellungen (Auswahl)

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Einzelausstellungen

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Gruppenausstellungen

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Werke (Auswahl)

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Werke in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)

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Deutschland

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International

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Nachlass

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Der künstlerische sowie der schriftliche Nachlass befinden sich seit 2021 in der Berlinischen Galerie. Hierfür wurde die Stiftung Matschinsky-Denninghoff gegründet. Dem Wunsch von Matschinsky-Denninghoff entsprechend, verfolgt die Stiftung neben der Aufarbeitung des künstlerischen Nachlasses das Ziel, Kunst und zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler zu fördern.[16] In Kooperation mit der Berlinischen Galerie/ Stiftung Matschinsky-Denninghoff übernahm 2022 VAN HAM Art Estate die Vermarktung von Teilen des künstlerischen Nachlasses.[17]

Siehe auch

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Literatur (Auswahl)

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Commons: Matschinsky-Denninghoff – Album mit Bildern
Commons: Matschinsky-Denninghoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Christina Tilmann: Brigitte Matschinsky-Denninghoff. Stählerne Liebe. In: Tagesspiegel, 15. April 2011, Nachruf.
  2. a b c Matschinsky-Denninghoff-Ausstellung 1996 in der Villa Wessel, Artikel am Seitenende von Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung (IKZ), aufgerufen am 30. Januar 2020.
  3. VAN HAM Art Estate, offizielle Website des Künstlerpaares, Biografie Matschinsky-Denninghoff
  4. dpa: Bildhauer Martin Matschinsky gestorben. In: Die Welt, 29. Januar 2020.
  5. a b Sabine Vogel: Schaut auf das Einheitsdenkmal von West-Berlin! Zum Tod von Brigitte Matschinsky-Denninghoff. In: Berliner Morgenpost, 14. April 2011.
  6. dpa: Bildhauerin Matschinsky-Denninghoff gestorben. In: Zeit online, 13. April 2011.
  7. a b Michael Türschmann: Kunstspaziergänge. Spaziergänge in Berlin und Umgebung. (Memento vom 1. Februar 2013 im Webarchiv archive.today). In: radio-weblogs.com, 23. Juni 2005, Bilder aus dem Skulpturenpark Schönfeld.
  8. VAN HAM Art Estate, offizielle Website des Künstlerpaares, Matschinsky-Denninghoff
  9. Liste von Ausstellungen: Skulpturenboulevard Kurfürstendamm Tauentzien: Kunst im öffentlichen Raum Berlin 1987. (Memento vom 14. Mai 2014 im Internet Archive) In: Neuen Berliner Kunstverein, aufgerufen am 30. Januar 2020.
  10. Berlin ist zurück. Ein Wahrzeichen der Hauptstadt wieder am vertrauten Ort. (Memento vom 21. November 2011 im Internet Archive). In: Deutsche Bank, ArtMag, November 2011.
  11. Foto: Hauptgebäude der UB. Kunstwerke. Außen. In: Universitätsbibliothek Tübingen, aufgerufen am 30. Januar 2020.
  12. Mondrian Graf Lüttichau: Früherer Standort im Amtsgericht Heidelberg. In: Flickr, fotografiert am 23. Juni 2009.
  13. SeeKunstweg (SK): Landmarke. In: kunstweg.eu, aufgerufen am 30. Januar 2020.
    Faltblatt: Standorte am Bodensee. Infos zur Anreise. In: Bodensee-Wasserversorgung, 2016, (PDF; 376 kB), aufgerufen am 30. Januar 2020.
  14. Datenbank: Dreiheit [2 Fotos]. In: bildhauerei-in-berlin.de (BiB), aufgerufen am 30. Januar 2020.
    Dreiheit 1992–93. Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff. (Memento vom 19. Juli 2012 im Webarchiv archive.today). In: bildhauerei-in-berlin.de (BiB), 2005.
  15. Datenbank: Elemente [3 Fotos]. In: bildhauerei-in-berlin.de (BiB), aufgerufen am 30. Januar 2020.
    Elemente, 1997. Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff. (Memento vom 20. Juli 2012 im Webarchiv archive.today). In: bildhauerei-in-berlin.de (BiB), 2005.
  16. Berlinische Galerie Nachlass, Matschinsky-Denninghoff
  17. VAN HAM Art Estate, offizielle Website des Künstlerpaares, Matschinsky-Denninghoff