30. März: Der populäre kommunistische Obermaschinist und Gewerkschafter Wilhelm Sült wird von Polizeibeamten der Abteilung I A aus einer Vertrauensleuteversammlung heraus „in Schutzhaft genommen“. Zwei Tage später stirbt er an den Folgen einer im Berliner Polizeipräsidium Alexanderplatz erlittenen Schussverletzung.
11. Mai: Die deutsche Reichsregierung unter Reichskanzler Joseph Wirth befolgt das unter der Drohung einer Ruhrgebietsbesetzung stehende Londoner Ultimatum der Alliierten vom 5. Mai, das Anlass zum Rücktritt des Kabinetts Fehrenbach war. Die deutschen Reparationen sollen 132 Milliarden Goldmark ausmachen, wie auf der Londoner Konferenz von den Siegern gegen starken deutschen Protest geregelt.
23. Mai: Deutsche Truppen stürmen unter Generalleutnant Karl Hoefer und britischer Aufsicht den von polnischen Aufständischen besetzten Wallfahrtsort St. Annaberg in Oberschlesien.
8. Juni: Der Zeppelin LZ 121 Nordstern macht seine Jungfernfahrt, bevor er an Frankreich ausgeliefert wird.
3. Juli: Der Zeppelin LZ 120 Bodensee wird, wie von den Alliierten gefordert, als Reparation an Italien überführt.
29. Juli: Adolf Hitler wird durch Mitgliederversammlung zum Parteivorsitzenden der NSDAP gewählt. Er bekommt diktatorische Macht und propagiert die Durchsetzung politischer Ziele mitunter auch mit Gewalt.
12. August: In Berlin wird nach einem Hilfeaufruf Lenins die KPD-nahe Internationale Arbeiterhilfe gegründet, die in Notlagen aus ihrem Spendenaufkommen Unterstützungen leistet.
Ende März: Zu Ostern unternimmt der frühere Kaiser Karl I. von seinem Exil in der Schweiz aus einen Restaurationsversuch im Königreich Ungarn. Er fährt auf Anraten von Oberst Anton Lehár incognito mit dem Auto durch Österreich nach Budapest und fordert Reichsverweser Miklós Horthy zum Rücktritt auf. Erst nach einem Aufenthalt von einer Woche in Szombathely in Westungarn kann er von der Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen überzeugt werden und reist zurück in die Schweiz.
24. April: Volksabstimmung in Tirol: 98,5 % Stimmen für den Anschluss an das Deutsche Reich. Die Abstimmung hat jedoch keine Folgen.
29. Mai: Volksabstimmung in Salzburg: 99,5 % Stimmen für den Anschluss an das Deutsche Reich. Die Abstimmung hat jedoch keine Folgen.
4. Oktober: Ungarische Freischärler proklamieren die Republik Lajtabánság. Sie existiert bis zum 5. Dezember.
20. Oktober: Karl I. unternimmt einen zweiten Restaurationsversuch in Ungarn. Er fliegt mit seiner Familie nach Sopron, wo er von Freischärlertruppen unter Julius von Ostenburg-Morawek erwartet wird. Der Abmarsch nach Budapest verzögert sich jedoch, was Horthy Zeit gibt, ebenfalls Truppen zusammenzuziehen. Nach einem Scharmützel am 23. Oktober, bei dem 19 Soldaten ums Leben kommen, gibt Karl seine Restaurationsversuche auf. Nach einer kurzen Internierung in der Abtei Tihany am Balaton wird er am 1. November mit seiner Frau Zita an Bord des britischen Donauschiffes Glowworm bis zum Schwarzen Meer und dann über Gibraltar auf die portugiesische Insel Madeira gebracht.
6. November: Mit der Entthronung der Habsburger aufgrund eines Parlamentsbeschlusses wird Ungarn zum Königreich ohne König. Dem schon 1920 provisorisch bestellten ReichsverweserMiklós Horthy wächst endgültig die Funktion des Staatsoberhauptes zu.
3. Januar: In London wird ein Abkommen, das die Rückgabe beziehungsweise Vergütung von britischem Eigentum sicherstellt, das während des Ersten Weltkriegs beschlagnahmt wurde, vom deutschen Botschafter Friedrich Sthamer und dem britischen Außenminister Lord Curzon unterzeichnet.
28. Februar: Ein Freundschaftsvertrag zwischen der RSFSR und Afghanistan wird geschlossen, der militärische und politische Abkommen mit Dritten ausschließt. Kabul erhält von Moskau finanzielle und technische Hilfe.
28. Februar: Matrosen der Schlachtschiffe Petropawlowsk und Sewastopol beschließen die Petropawlowsk-Resolution, woraufhin sich einen Tag später 16.000 Aufständische dem Kronstädter Matrosenaufstand anschließen.
15. März: Talât Pascha, ehemaliger Großwesir des Osmanischen Reichs und ein Verantwortlicher des Völkermords an den Armeniern, wird im Berliner Exil erschossen.
20. Oktober: Mit dem Vertrag von Ankara legen Frankreich und die Türkei ihre Streitigkeiten in Bezug auf Kilikien bei. Im Gegenzug erkennt die türkische Nationalregierung die französische Vorherrschaft in Syrien an.
Am 23. Mai übernimmt Tomé José de Barros Queirós vom konservativen Partido Unionista die Regierungsgeschäfte. Seine kurze Regierung ist von finanziellen Problemen gekennzeichnet. Um die dramatische Schieflage des Etats auszugleichen, versucht Finanzminister Afonso Costa, Portugal einen Kredit von 50 Millionen US-Dollar zu verschaffen. Als dieser Kredit jedoch nicht zustande kommt, gerät die gesamte Regierung in Misskredit, so dass Barros Queirós bereits am 30. August sein Amt an seinen Parteifreund António Granjo abgeben muss.
5. November: Carlos Maia Pinto wird portugiesischer Ministerpräsident. Bereits am 16. Dezember übergibt er sein Amt an Francisco Pinto da Cunha Leal, der sich erfolglos bemüht, die revolutionäre Stimmung der Lissabonner Blutnacht zu beenden.
24. April: Am Bozner Blutsonntag greifen rund 400 italienische Faschisten, angeführt von Francesco Giunta und Achille Starace, mit Knüppeln, Pistolen und Handgranaten einen traditionellen Südtiroler Trachtenumzug an. Ein Mann wird getötet, rund 50 Personen werden zum Teil schwer verletzt. Das nun einschreitende Militär beschränkt sich darauf, die Aggressoren zum Bahnhof zu eskortieren, wo sie unbehelligt abreisen können.
16. August: Nach dem Tod von König Peter I. wird sein Sohn Alexander I. neuer Herrscher im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Im Gegensatz zu seinem Vater, der sich vor dem Krieg weitgehend aus der Tagespolitik herausgehalten und dadurch im Königreich Serbien die Herausbildung eines parlamentarischen Regierungssystems ermöglicht hat, mischt sich Alexander von Anfang an unmittelbar in die Regierungspolitik ein. Dabei tritt er ebenso wie die führenden serbischen Politiker für eine zentralistische und monarchische Staatsordnung ein, wie sie durch die Vidovdan-Verfassung vom 28. Juni festgeschrieben ist. Gleichzeitig versucht er jedoch auf deren Kosten, seine eigene Machtposition auszubauen und dazu die Stellung der wichtigsten serbischen Partei, der vom mehrmaligen Ministerpräsidenten Nikola Pašić geleiteten Radikalen Volkspartei, zu schwächen. Dabei stützt er sich vor allem auf Kreise des serbischen Offizierskorps, mit denen er aus seiner Armeezeit persönlich bekannt ist.
30. September: In Genf kommt ein internationales Übereinkommen zustande, das den Frauen- und Kinderhandel eindämmen soll.
September: Karlsbader Tagung des Zionistischen Weltkongresses: Das jüdische Volk hat den Willen, mit den Arabern „im Geist der Verbundenheit und des gegenseitigen Respekts“ in Palästina zusammenleben zu wollen.
23. Juli bis 2. August: In Abwesenheit von Chen Duxiu und Li Dazhao findet der Gründungskongress der Kommunistischen Partei Chinas im französischen Konzessionsgebiet von Shanghai statt. Nach der Auflösung der Versammlung durch die örtliche Polizei wird der Rest der Veranstaltung auf einem Ausflugsboot auf dem See Nan Hu im Süden der Stadt Jiaxing abgehalten. In das dreiköpfige Zentralkomitee werden Chen Duxiu, Zhang Guotao und Li Da gewählt.
23. August: Faisal ibn Husain wird als Faisal I. zum König des Irak ausgerufen.
4. November: Ein fanatisierter Marineoffizier ersticht den japanischen Ministerpräsidenten Hara Takashi im Hauptbahnhof von Tokio.
19. Mai: In den USA wird der Emergency Quota Act verabschiedet, ein Gesetz, das die starke Einwanderung in die Vereinigten Staaten nach dem Ersten Weltkrieg eindämmen soll. Das Gesetz regelt, wie viele Personen pro Jahr aus welchen Herkunftsländern einreisen dürfen. Der Act benachteiligt vor allem Menschen aus Süd- und Osteuropa, die zu dieser Zeit in großer Zahl in die Vereinigten Staaten strömen.
31. Mai: Ein Zeitungsbericht über einen angeblichen Vergewaltigungsversuch löst schwere Rassenunruhen in Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma aus, in deren Verlauf ein weißer Mob das afroamerikanische Wohn- und Geschäftsviertel Greenwood völlig niederbrennt. Bis zu 300 Menschen werden ermordet.
6. Januar: In Buenos Aires erklärt der argentinische Staatspräsident Hipólito Yrigoyen, dass sein Land den Völkerbund verlassen habe. Er bemängelt damit, dass nicht alle Länder der Welt in diesen Verbund aufgenommen wurden.
30. Juli: In Kapstadt, Südafrika, beginnt der Gründungskongress der Communist Party of South Africa. Der in England geborene William H. Andrews wird erster Sekretär und C. B. Tyler erster Vorsitzender der neuen Partei.
11. September: Die erste Wiener Messe wird nach nur vier Monaten Planung eröffnet. Sie hat das Ziel, Österreich aus der wirtschaftlichen Isolation nach dem Ersten Weltkrieg zu führen. Die (dem Publikum nicht zugänglichen) Ausstellungen sind auf mehrere Standorte in Wien aufgeteilt und haben als Leitbild die drei Jahre zuvor wieder ins Leben gerufene Messe Frankfurt. Das größte Areal umfasst Teile des Geländes der Wiener Weltausstellung von 1873 im Prater. Das zentrale Gebäude ist die zur Ruine verfallene Rotunde samt deren Freiflächen.
Unternehmensgründungen
15. März: Der Heeresflieger Giorgio Parodi und sein Freund der Flugzeugtechniker Carlo Guzzi gründen mit der finanziellen Unterstützung von Giorgios Vater Emanuele Vittorio Parodi, in der italienischen Stadt Mandello del Lario die „Aktiengesellschaft Moto Guzzi“.
5. April: Auf Initiative von Oskar von Miller wird in Bayern das staatliche Stromversorgungsunternehmen Bayernwerk gegründet.
Benelli beginnt die Serienfertigung von Motorrädern.
Sonstiges
10. Januar: Die Kaufmännische Schule Tauberbischofsheim wird durch Erlass des Kultusministeriums gegründet, indem die Trennung der Handelsschule von der Gewerbeschule in zwei selbstständige Schulanstalten erfolgt.
1. Januar: Die NC-5, ein US-Marineflugzeug hergestellt von der Naval Aircraft Factory nach den Plänen von Glenn Curtiss, fliegt mit 5 Passagieren an Bord eine Strecke von 702 Meilen (1129,5 km) in einer Rekordzeit von 9 Stunden 15 Minuten. Sie erreicht damit eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 123,44 km/h.
24. Februar: Bei Aufräumarbeiten auf einem Hügel findet der Bauer Peder Platz in Jütland einen Baumsarg. Darin wird nach Untersuchungen dänischer Wissenschaftler das Mädchen von Egtved entdeckt, das in der Nordischen Bronzezeit (1800–530 v. Chr.) bestattet wurde.
Es gelingt das Isolieren von Acetylcholin als erstem Botenstoff im Gehirn.
Kultur
Bildende Kunst
6. Januar: Das Rembrandt-Gemälde Abziehendes Gewitter in Herbstlandschaft wird in Hamburg aus dem Kontor der Privatbank Heckscher gestohlen. Es hat einen Wert von 2 Millionen Mark.
21. Januar: In New York City hat Charles Chaplins Tragikomödie The Kid seine Uraufführung. Der sechsjährige Jackie Coogan spielt die Titelrolle und wird damit zu einem der ersten Kinderstars der Filmgeschichte. Chaplins spätere Ehefrau Lita Grey hat in dem Film eine Nebenrolle.
Februar: Der heute als verschollen geltende Film Sehnsucht von Friedrich Wilhelm Murnau nach dem Manuskript Der nie geküßte Mund von Carl Heinz Járosy mit Conrad Veidt und Gussy Holl in den Hauptrollen hat seine Uraufführung in Deutschland.
14. März: Der Kurzfilm Hard Luck von Buster Keaton hat seine Uraufführung in den Vereinigten Staaten.
7. April: Der deutsche Horrorfilm Schloß Vogelöd von Friedrich Wilhelm Murnau nach dem gleichnamigen Kriminalroman von Rudolf Stratz wird uraufgeführt.
12. April: Die Komödie The High Sign, Buster Keatons Erstlingswerk als Produzent, kommt mit einjähriger Verspätung in die Kinos und erhält trotz Keatons Skepsis gute Kritiken.
15. Mai: Die Kurzfilmkomödie The Scapegoat (Die Ziege) mit Buster Keaton und Virginia Fox wird in den Vereinigten Staaten uraufgeführt. Für Drehbuch und Regie ist Keaton gemeinsam mit Malcolm St. Clair verantwortlich.
verm. August: Der ungarische Stummfilm Drakula halála (Draculas Tod) mit dem Österreicher Paul Askonas in der Titelrolle gilt als der erste Dracula-Film der Filmgeschichte.
22. Oktober: Harold Lloyds letzte Kurzfilmkomödie Never Weaken (Nur nicht schwach werden) hat mit großem Erfolg ihre Uraufführung in den Vereinigten Staaten. Lloyd wendet sich anschließend dem abendfüllenden Spielfilm zu.
2. Januar: Erhöhung der Arbeitslöhne für Strafgefangene im Deutschen Reich: Zuchthausgefangene bekommen von nun an 1 Mark statt 20 Pfennig, andere Gefangene 1,50 Mark statt 30 Pfennig, ausgezahlt.
5. September: Roscoe Arbuckle, der Regisseur, Komiker und Entdecker von Buster Keaton, feiert am Labor Day mit Freunden eine Party im St.-Francis-Hotel in San Francisco. Dabei erkrankt die junge Schauspielerin Virginia Rappe ernsthaft und stirbt vier Tage später in einer Klinik. Durch eine Reihe von Umständen wird Fatty Arbuckle der Vergewaltigung und des Mordes bezichtigt. In drei Prozessen erweist sich schließlich seine Unschuld, doch seine große Hollywood-Karriere ist mit dem Skandal zu Ende.
2. Januar: 244 Menschen kommen beim Untergang des spanischen Dampfschiffes Santa Isabell vor Gilla Garcia ums Leben.
31. Januar: Auf den Sandbänken vor Cape Hatteras an der Ostküste der Vereinigten Staaten wird ein Fünfmaster, der in schwerem Sturm gestrandete Frachtsegler Carroll A. Deering, gesichtet; von der elfköpfigen Besatzung und den Rettungsbooten wird nie eine Spur gefunden.
23. August: Das von der United States Navy in Großbritannien in Auftrag gegebene StarrluftschiffR38 stürzt bei der vierten Testfahrt nahe Hull ab. Von den britischen und amerikanischen Besatzungsmitgliedern überleben fünf den Absturz, 44 sterben. Der britische Luftschiffbau wird durch das tragische Ereignis für etwa zehn Jahre unterbrochen.
19. Januar: Der portugiesische Fußballverein Sporting Braga entsteht.
8. März: Der Verein für Rasenspiele Aalen wird gegründet. Ein Vorgängerverein mit identischem Namen existierte bereits vor dem Ersten Weltkrieg.
24. März: In Monte-Carlo starten die Ersten Olympischen Frauenspiele; veranstaltet werden sie von der Internationalen Frauen-Sport-Föderation. An der bis zum 31. März dauernden Veranstaltung nehmen rund 100 Frauen aus England, Frankreich, der Schweiz und Italien teil. Ausgetragen werden Laufwettbewerbe (zwischen 60 und 800 Metern, Hürden- und Staffelsprints), Hoch- und Weitsprung, Speerwurf und Kugelstoßen. Dazu kommen ein Basketballturnier sowie Demonstrationen der Sportgymnastik und des Push-Ball-Spiels.
12. Juni: Durch einen 5:0-Sieg gegen den Berliner FC Vorwärts 1890 wird der 1. FC Nürnberg in Düsseldorf nach 1920 zum zweiten Mal deutscher Fußballmeister.
30. Oktober: Beim Fußballwettbewerb Campeonato Sudamericano in Buenos Aires schlägt der Gastgeber Argentinien im letzten Spiel des Turniers die Elf Uruguays mit 1:0 und wird zum ersten Mal Südamerikameister.