Spiele der XVI. Olympiade
Logo der Olympischen Sommerspiele 1956
Austragungsort: Melbourne (Australien)
Eröffnungsfeier: 22. November 1956
Schlussfeier: 8. Dezember 1956
Eröffnet durch: Philip, Duke of Edinburgh
Olympischer Eid: John Landy (Sportler)
Disziplinen: 20 (16 Sportarten)
Wettkämpfe: 145
Länder: 72[1]
Athleten: 3314 (2931 Marssymbol (männlich), 376 Venussymbol (weiblich))[1][2]
Stockholm 1956 (Reiterspiele)
Rom 1960
Medaillenspiegel
Platz Land G S B Ges.
1 Sowjetunion 1955 Sowjetunion 37 29 32 98
2 Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 32 25 17 74
3 Australien Australien 13 8 14 35
4 Ungarn 1956 Ungarn 9 10 7 26
5 Italien Italien 8 8 9 25
6 Schweden Schweden 8 5 6 19
7 Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch 1956 Deutschland 6 13 7 26
8 Vereinigtes Konigreich Großbritannien 6 6 11 23
9 Rumänien 1952 Rumänien 5 3 5 13
10 Japan 1870Japan Japan 4 10 5 19
34 Osterreich Österreich 2 2
35 Schweiz Schweiz 1 1
Vollständiger Medaillenspiegel

Die Olympischen Sommerspiele 1956 (offiziell Spiele der XVI. Olympiade genannt) fanden vom 22. November bis zum 8. Dezember 1956 in der australischen Stadt Melbourne statt. Es waren die ersten Olympischen Sommerspiele in der südlichen Hemisphäre. Wegen der strengen Quarantänebestimmungen für Pferde wurden die Reiterspiele jedoch fünf Monate früher vom 10. bis 17. Juni in Stockholm (Schweden) ausgetragen.

Vergabe

Melbourne wurde auf der 43. Sitzung des IOC am 28. April 1949 in Rom zum Austragungsort gewählt. Im letzten Wahlgang setzte sich die Stadt mit einer Stimme Vorsprung gegen Buenos Aires durch. Andere Bewerberstädte waren Mexiko-Stadt sowie mit Los Angeles, Detroit, Chicago, Minneapolis, Philadelphia und San Francisco sechs US-amerikanische Städte.

Ergebnisse der Wahlgänge:

Ort Land Runde 1 Runde 2 Runde 3 Runde 4
Melbourne Australien Australien 14 18 19 21
Buenos Aires Argentinien Argentinien 9 12 13 20
Los Angeles Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 5 4 5
Detroit Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 2 4 4
Mexiko-Stadt Mexiko 1934 Mexiko 9 3
Chicago Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 1
Minneapolis Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 1
Philadelphia Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 1
Montreal Kanada 1921 Kanada 0
San Francisco Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 0

Zeremonien

Eröffnungsfeier

Offiziell eröffnet wurden die Spiele durch Philip, Duke of Edinburgh. Den Athleteneid sprach der australische Leichtathlet John Landy. Letzter Fackelträger war der australische Leichtathlet Ron Clarke.

Schlussfeier

Vor 1956 liefen die Sportler bei der Schlussfeier, wie bei der Eröffnung, nach Nationen getrennt ein. In Melbourne kamen nach einem Vorschlag des 17-jährigen Melbourners John Wing als Symbol globaler sportlicher Verbundenheit zur Schlussfeier alle gemischt ins Stadion. Nachdem Wing die Eröffnungsfeier gesehen hatte, wandte er sich mit einem Brief an die Organisatoren, in dem er vorschlug, dass die Athleten bei der Schlussfeier nicht mehr nach Nationen getrennt einmarschieren, sondern sich frei bewegen können sollten. Damit stellten die Athleten sich als Mitglieder einer großen olympischen Familie dar, in der es keine Nationen und Grenzen gebe. Der Vorschlag und die daraufhin ungezwungen abgelaufene Abschlussfeier fanden großen Anklang, sodass dies seither als olympische Tradition gilt.

Herausragende Sportler

Erwähnenswertes

Briefmarke der Deutschen Bundespost (1956): Olympisches Jahr 1956
Nach den Spielen wurden die ungarischen Olympiasieger zu einer Gastspielreise in die USA eingeladen, womit der Gedanke einer Emigration verbunden war. Sechs der Sportler nahmen das Angebot an, kehrten aber bis auf Ervin Zádor früher oder später in ihre Heimat zurück. 2006 wurde die Geschichte der ungarischen Wasserballmannschaft unter dem Titel Children of Glory verfilmt. Allerdings verließen bereits in Melbourne einige des ungarischen Teams ohne Bekanntgabe des Reiseziels bzw. es entschlossen sich auch sehr viele, in Australien zu bleiben.[7]

Teilnehmer

Karte der teilnehmenden Nationen. Grün markierte Länder waren bereits vor Melbourne Teilnehmer. Blau markiert sind Länder, die ihre Olympiapremiere hatten. Dunkelgrün markierte Länder boykottierten die Spiele in Melbourne.
Anzahl der Athleten

An den Spielen insgesamt nahmen 3348 Sportler aus 72 Nationen teil: in Stockholm 164 Sportler aus 29 Nationen,[8] in Melbourne nur noch 67 Nationen mit 3184 Sportlern (2813 Männer, 371 Frauen).[9] Äthiopien, Fidschi, Kenia, Liberia, Malaya und Nord-Borneo – heute sind beide Länder Teile Malaysias – und Uganda hatten ihr olympisches Debüt.

Liste der Teilnehmer

Teilnehmer der Olympischen Reiterspiele 1956 in Stockholm

Europa (1.595 Athleten aus 24 Nationen)
Amerika (641 Athleten aus 17 Nationen)
Asien (509 Athleten aus 17 Nationen)
Ozeanien (350 Athleten aus 3 Nationen)
Afrika (104 Athleten aus 6 Nationen)
(Anzahl der Athleten) *erstmalige Teilnahme an Sommerspielen

Das damals geteilte Deutschland nahm, wie auch später bei den Olympischen Spielen 1960 und 1964, mit einer gesamtdeutschen Mannschaft teil. Sie vereinte Sportler aus der Bundesrepublik, der DDR sowie dem 1956 noch autonomen Saarland. Dieses erste gesamtdeutsche Team trat unter der Fahne Schwarz-Rot-Gold (ohne Wappen) an, die bis September 1959 die offizielle Fahne sowohl der Bundesrepublik als auch der DDR war.[10] Für die Aufstellung der gesamtdeutschen Mannschaft bei den Winter- und Sommerspielen 1956 erhielten die Nationalen Olympischen Komitees der beiden deutschen Staaten 1958 vom IOC die Alberto-Bonacossa-Trophäe.

Boykotte

Drei Staaten (Spanien, Niederlande, Schweiz) boykottierten die Spiele wegen des Einmarsches der Staaten des Warschauer Pakts in Ungarn (Ungarischer Volksaufstand) nur wenige Wochen vor den Spielen.[11][12][13] Zwar hob das Nationale Olympische Komitee der Schweiz am 11. November den Boykottbeschluss auf, nachdem das IOC interveniert hatte, aber auch nominierte Schweizer Olympiakandidaten protestiert hatten, doch nur wenige Tage später wurde die Nichtteilnahme definitiv. Der Grund war, dass es den Verantwortlichen nicht mehr gelungen war, eine Transportmöglichkeit nach Melbourne aufzutreiben.[14][15] Es gab auch einen Zwischenfall im olympischen Dorf wegen der kommunistischen Symbole auf der ungarischen Nationalflagge.[16] Drei weitere Staaten (Ägypten, Libanon, Irak) boykottierten die Spiele wegen der Sueskrise. An den vorgezogenen Reiterspielen im Juni hatten Spanien, die Niederlande, die Schweiz und Ägypten noch teilgenommen. Die Volksrepublik China gab zwei Wochen vor den Spielen bekannt, dass sie nicht teilnehmen werde, weil die Republik Taiwan zugelassen wurde.

Wettkampfprogramm

Es wurden in Melbourne 145 Wettbewerbe (114 für Männer, 26 für Frauen und 5 offene Wettbewerbe) in 16 Sportarten/20 Disziplinen ausgetragen. Wegen der Quarantänebestimmungen von Australien für Pferde fand der Reitsport in Stockholm (1 Sportart, 3 Disziplinen, 6 Wettbewerbe (2 für Männer und vier offene Wettkämpfe)) statt. Das waren 2 Wettbewerbe, aber gleich viele Sportarten/Disziplinen wie in Helsinki 1952. Nachfolgend die Änderungen im Detail:

Olympische Sportarten/Disziplinen

Anzahl der Wettkämpfe in Klammern

Zeitplan

Zeitplan
Disziplin Do.
22.
Fr.
23.
Sa.
24.
So.
25.
Mo.
26.
Di.
27.
Mi.
28.
Do.
29.
Fr.
30.
Sa.
1.
So.
2.
Mo.
3.
Di.
4.
Mi.
5.
Do.
6.
Fr.
7.
Sa.
8.
Ent-
schei-
dungen
Zuschauer
November Dezember
Eröffnungsfeier 87.733
Basketball 1 1 60.556
Boxen 10 10 35.628
Fechten 1 1 1 1 1 1 1 7 20.767
Fußball 1 1 194.270
Gewichtheben 2 2 3 7 9.374
Hockey 1 1 40.560
Kanu 4 5 9 2.569
Leichtathletik 3 5 5 4 5 2 3 6 33 661.231
Moderner Fünfkampf 2 2 3.908
Radsport Bahn 1 3 4 29.572
Straße 2 2
Reitsport siehe Olympische Reiterspiele in Stockholm
Ringen Freistil 8 8 29.718
Griech.-röm. 8 8 29.718
Rudern 7 7 25.974
Schießen 1 1 2 3 7 1.407
Schwimmsport Schwimmen 2 2 1 1 2 3 2 13 90.835
Wasserball 1 1
Wasserspringen 1 1 1 1 4
Segeln 5 5
Turnen 15 15 47.390
Schlussfeier 86.716
Demonstrationswettbewerbe
Australian Football
Baseball
Entscheidungen 6 7 9 13 8 3 11 34 2 5 11 16 21 1 147
Do.
22.
Fr.
23.
Sa.
24.
So.
25.
Mo.
26.
Di.
27.
Mi.
28.
Do.
29.
Fr.
30.
Sa.
1.
So.
2.
Mo.
3.
Di.
4.
Mi.
5.
Do.
6.
Fr.
7.
Sa.
8.
November Dezember

Farblegende

  • Eröffnungsfeier
  • Wettkampftag (keine Entscheidungen)
  • Wettkampftag (x Entscheidungen)
  • Schlussfeier
  • Demonstrationssportarten

    Wie schon bei den Olympischen Sommerspielen 1952 konnte das Organisationskomitee zwei Demonstrationswettbewerbe in das Programm aufnehmen: eine nationale Sportart und eine ausländische Sportart.[17] Das OK entschied sich für

    Das Spiel im Australian Football fand am Freitag, 7. Dezember, zwischen zwei australischen Teams im Hauptstadion statt. Aufnahme in das olympische Programm hat diese Sportart, wie auch die US-amerikanische Variante, die 1932 Demonstrationssportart war, bisher nicht gefunden.

    Das Baseballspiel fand sechs Tage zuvor, am Samstag, 1. Dezember, ebenfalls im Hauptstadion statt. Eine US-amerikanische Auswahl besiegte die australische Auswahl klar mit 11:3. Baseball war noch mehrfach Demonstrationssportart und gehörte von 1992 bis 2008 zum olympischen Programm.

    Sonstiges

    In dem deutschen Spielfilm Sein letztes Rennen von 2013 versucht der Altersheimbewohner Paul (Dieter Hallervorden), fiktiver Goldmedaillengewinner im Marathon in Melbourne 1956, an seine ehemalige Form anzuknüpfen, um so dem tristen Heimalltag zu entkommen.

    Einzelnachweise

    1. a b Seite des IOC zu den Olympischen Sommerspielen 1956 (englisch). Abgerufen am 4. April 2013.
    2. Teilnehmerzahlen unklar, vgl. Diskussionsseite
    3. Über Alaska setzte ein Motor aus. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 17. November 1956, S. 8.
    4. Melbourne von heute an Mittelpunkt der Sportwelt. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 22. November 1956, S. 8.
    5. Die Olympischen Sommerspiele haben begonnen. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 23. November 1956, S. 10.
    6. Das Dorf, das in allen Farben schillert. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 16. November 1956, S. 10.
    7. Die Olympischen Spiele sind beendet; Untertitel: Mindestens 45 Ungarn blieben in Australien. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 11. Dezember 1956, S. 8.
    8. Offizieller IOC Report 1956 Reiten (PDF; 52,7 MB) S. 23.
    9. Offizieller IOC Report 1956 (PDF; 34,1 MB) Analysis of Competitors S. 260 ff.
    10. CRW flags
    11. Die olympischen Spiele gefährdet? In: Arbeiter-Zeitung. Wien 7. November 1956, S. 8.
    12. Auch Holland sagt ab. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 8. November 1956, S. 8.
    13. Auch die Schweiz sagt ab. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 9. November 1956, S. 8.
    14. Das Schweizer Team doch nach Melbourne. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 13. November 1956, S. 8.
    15. Die Schweiz nun doch nicht nach Melbourne. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 15. November 1956, S. 8.
    16. Zwischenfall im olympische Dorf. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 13. November 1956, S. 8.
    17. Offizieller IOC Report 1956 (PDF; 34,1 MB) Demonstrations S. 713 ff.