Roland Hardenberg

Roland Josef Hardenberg (* 1967 in Münster, Westfalen) ist ein deutscher Ethnologe. Von 2009 bis 2016 war er Direktor der Abteilung für Ethnologie[1] an der Eberhard Karls Universität Tübingen und von 2013 bis 2017 Stellvertretender Sprecher des SFB 1070 "RessourcenKulturen: Sozio-kulturelle Dynamiken im Umgang mit Ressourcen"[2]. Im Oktober 2016 wechselte er auf eine Professur für Sozial- und Kulturanthropologie an die Goethe-Universität Frankfurt am Main und übernahm 2017 die Leitung des Frobenius-Instituts.[3] Von 2017 bis 2020 war er zudem Geschäftsführender Direktor des Instituts für Ethnologie an der Goethe-Universität. Zusammen mit Holger Jebens gibt er die wissenschaftliche Zeitschrift Paideuma: Zeitschrift für kulturanthropologische Forschung heraus.[4] Er ist außerdem Mitherausgeber der Reihe Studien zur Kulturkunde.[5]

Biographie

Roland Hardenberg studierte Ethnologie, Neuere Geschichte, Politikwissenschaft und Südostasienwissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster von 1988 bis 1990 (Grundstudium), an der Oxford Polytechnic (heute Oxford Brookes University) von 1990 bis 1991 (Diploma of Advanced Studies) und an der Freien Universität Berlin von 1991 bis 1994 (Magister). Im Jahr 1998 wurde er an der Freien Universität Berlin mit einer Doktorarbeit zum Thema Die Wiedergeburt der Götter: Ritual und Gesellschaft in Orissa promoviert und war anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Ethnologie.

Im Jahr 2001 wechselte er, weiterhin als wissenschaftlicher Mitarbeiter, an das Südasien-Institut der Universität Heidelberg, wo er bis 2005 tätig war. 2006 habilitierte er sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Der Titel seiner Habilitationsschrift lautet Children of the Earth Goddess: Society, Marriage and Sacrifice in the Highlands of Orissa.

Von 2006 bis 2007 war er Vertretungsprofessor an den ethnologischen Instituten der Freien Universität Berlin und der Eberhard Karls Universität Tübingen. Von 2007 bis 2009 leitete er das Forschungsprojekt „Bestattungskulturen in Kyrgyzstan“.[6]

2009 folgte er dem Ruf als W3-Professor (Nachfolge Lehrstuhl Irmtraud Stellrecht) an die Abteilung für Ethnologie der Eberhard Karls Universität Tübingen, wo er bis September 2016 lehrte und die Abteilung leitete. Im Jahre 2010 erteilte ihm die Freie Universität (FU) Berlin einen Ruf auf eine W3-Professur für Ethnologie (Nachfolge Lehrstuhl Prof. Dr. Georg Pfeffer),[7] den er ablehnte.

Im Oktober 2016 nahm er den Ruf auf eine W3-Professur für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main an und wurde im Januar 2017 als Nachfolger von Karl-Heinz Kohl der neue Direktor des Frobenius-Instituts.[8]

Forschungsschwerpunkte

Roland Hardenberg befasst sich mit der Erforschung sozio-kultureller Strukturen in Süd- und Zentralasien mit einem Schwerpunkt auf Kosmologien und religiöse Praxis.[9] Sein Interesse gilt kulturspezifischen Ideen und Werten, die den Rahmen für soziale und religiöse Dynamiken bilden. Ausgehend von ethnographischen Untersuchungen in Indien und in Kirgisistan zielt seine Forschung auf das Verstehen lokaler Praktiken, welche Ausdruck geteilter sozio-kosmischer Vorstellungen sind.

Sein besonderes Augenmerk gilt jenen kulturellen, insbesondere religiösen Phänomenen, die aus Sicht lokaler Gemeinschaften besonders eng mit eigener Identität und Weltsicht verknüpft sind. In Indien und Kyrgyzstan gehören dazu insbesondere religiöse Praktiken wie Rituale, Opfer, Pilgerschaften und Bestattungen sowie Austausch, die auf spezielle Konzeptionen von „Verwandtschaft“, „Freundschaft“, „Nachbarschaft“ etc. schließen lassen. Hardenbergs Ansatz ist vergleichend, mit dem Ziel, kulturelle Differenzen und Gemeinsamkeiten zu verstehen.

In methodischer Hinsicht arbeitet Hardenberg mit Techniken der empirischen Feldforschung im Rahmen langfristiger stationärer Aufenthalte vorwiegend in ländlichen Gebieten Süd- und Zentralasiens. Hardenbergs systematische Beiträge zur Ethnologie umfassen Themen wie Opfer, Kulturvergleich, Gabentausch, Hierarchie, Hausgesellschaften und ‚New Kinship‘.

Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 1070 an der Universität Tübingen hat Roland Hardenberg zusammen mit anderen Wissenschaftlern kulturwissenschaftliche Ansätze zu Ressourcen, vor allem religiöse Ressourcen[10], entwickelt und Konzepte wie "Ressourcen-Komplexe" und "Ressourcen-Kulturen" erarbeitet.[11] Auf der Grundlage vergleichender Studien zu rituellen Ökonomien hat er den Begriff des "sozio-kosmischen Feldes" geprägt.[12]

Sein derzeitiges Forschungsinteresse richtet sich zum einen auf religiöse Dynamiken, zum Beispiel in Zusammenhang mit religiösen Reden, zum anderen auch auf Prozesse im Umgang (Produktion, Distribution und Konsum) mit verschiedenen Hirsesorten und auf die Frage, welche Faktoren zum Aufstieg und Niedergang von Hirse als Grundnahrungsmittel in Indien und Afrika beitragen.[13]

Feldforschungen

Publikationen (Auswahl)

Monographien

Herausgeber

Aufsätze

Einzelnachweise

  1. Abteilung für Ethnologie
  2. SFB 1070 „RessourcenKulturen“
  3. https://www.frobenius-institut.de/hardenberg
  4. Paideuma - Frobenius-Institut Frankfurt am Main. Abgerufen am 15. August 2019.
  5. Studien zur Kulturkunde - Frobenius-Institut Frankfurt am Main. Abgerufen am 15. August 2019.
  6. „Bestattungskulturen in Kyrgyzstan“
  7. 11 | Universität Tübingen. Abgerufen am 30. Oktober 2020.
  8. Forschungsprofil. Abgerufen am 11. Januar 2017.
  9. Kosmologien und religiöse Praxis. Abgerufen am 2. Januar 2024.
  10. C04 | Universität Tübingen. Abgerufen am 2. Januar 2024.
  11. Martin Bartelheim, Roland Hardenberg, Thomas Knopf, Anke. K. Scholz, Joern Staecker: ‘ResourceCultures’ - A concept for investigating the use of resources in different societies. In: A. Danielisová, M. Fernández-Götz, K. Kowarik (Hrsg.): Persistent economic ways of living - Production, distribution, and consumption in Iron Age and Early Medieval period. Archaeolingua, Budapest 2015, S. 33–43.
  12. Roland Hardenberg (Hrsg.): Approaching Ritual Economy: Socio-Cosmic Fields in Globalized Contexts. SFB 1070 Publications, Tübingen 2016.
  13. Band 64 (2018) - Frobenius-Institut Frankfurt am Main. Abgerufen am 15. August 2019.