Spaur auch Spaur von Flavon bzw. Spaur von Pflaum und Valör zählt zu den ältesten und führenden Uradelsgeschlechtern Tirols. Die Familie, von den einige Mitglieder in hohe geistliche und weltliche Ämter traten, wurde 1530 in den Freiherrenstand sowie 1633 in den Reichsgrafenstand erhoben. Die jüngere Linie teilte sich im Lauf der Jahrhunderte in mehrere Unterlinien auf und übernahmen von einer älteren 1371 erloschenen Stammsitz, Namen und Wappen. Zweige bestehen bis heute fort.
Der Name Spaur leitet sich aus den beiden im Nonstal liegenden Orten Alt- oder Großspaur (italienisch Spormaggiore) und Neu- oder Kleinspaur (ital. Sporminore) ab. An beiden Orten steht eine Burg, in Spormaggiore das Castel Belfort, im Deutschen auch als Schloss Altspaur bezeichnet, und bei Sporminore das im 17. Jahrhundert aufgegebene und zur Ruine verfallene Castel Sporo Rovina, im Deutschen auch als Schloss Neuspaur bezeichnet.[1] Beide Burgen waren Stammsitz einer Familie Spaur bzw. Sporo, die allerdings nicht miteinander verwandt waren. Das Nebeneinander verschiedener Namensträger macht nach Pamer eine chronologische Rückverfolgung des Familiennamens unmöglich. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Verleihung von ehemaligen Gütern der Familie Spaur/Sporo durch die Landesfürsten auch neue Familien den Namen von Spaur annahmen.[2] Der ursprünglich italienische Familienname Sporo wurde nach Franzoi zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Spaur eingedeutscht.[3]
Der Stammsitz der seit dem 12. Jahrhundert fassbaren älteren „Signori di Sporo“, Dienstmannen der Grafen von Eppan, war Sporo Rovina.[4] Pamer nennt jedoch Altspaur als Stammburg. Seit wann diese Familie mit Sporo belehnt wurde, ist nicht bekannt. Vereinzelte evtl. untereinander nicht verwandte Namensträger standen später in Diensten der Grafen von Tirol wie auch der Bischöfe von Trient. 1165 soll Antonio di Sporo an einem Ritterturnier in Zürich teilgenommen haben. 1185 erscheint Valterio de Spaur als Zeuge. 1282 half Uto von Spaur mit seinen Söhnen beim Überfall und der Gefangennahme des Bischofs von Trient.[5] 1289 tritt ein „Swikerus, gastaldio de Sporo“ auf. Sein vermeintlicher Sohn Randoldo fungierte 1304 als „Hauptmann von Spaur“. 1311 errichtete Tissone di Sporo Castel Belfort,[6] die der Gerichtsbarkeit von Castel Sporo Rovina unterstand. Die später im Nonstal nicht mehr begüterte Familie gab wohl ihre Rechte an die Grafen von Tirol ab und erhielt dafür als Entschädigung Besitzungen in der Umgebung von Meran. 1311 gelangte durch die Heirat Heinrich de Sporo mit Elisabeth Spauregg in Besitz der Familie. 1349 veräußerte er den Ebenhof zu Martschein in Ulten. 1371 ist das Geschlecht mit Hans von Spaur, Besitzer einer Taranthube zu Partschins, im Mannesstamm erloschen. Die Güter in Partschins kamen 1369 an die Lichtenberger und durch die Heirat der Erbentochter Verena von Lichtenberg mit Johann von Spaur an die heutige Grafen von Spaur.
Als Stammvater der Freiherren und Grafen von Spaur gilt Volkmar von Burgstall,[7] die ihre Ahnenliste auf ihn zurückführen. Die Herkunft des aus Dorf Tirol stammenden Volkmar ist nicht zweifelsfrei geklärt.[8] Erstmals urkundlich erwähnt wurde er 1311 als Ritter Volkmar von Tirol und Kommandant der Burg Ehrenberg.[9] Er diente sowohl dem Landesfürsten von Tirol als auch dem Fürstbischof von Trient, weshalb er sich eine Reihe von Ämtern, Besitztümern und Rechten von beiden Seiten aneignen konnte. 1312 wurde er von König Heinrich von Böhmen zum Burghut und Pfleger von Schloss Kleinspaur ernannt.[3] 1317 war er bischöflicher Podestà in Riva am Gardasee und im Jahr darauf Hauptmann von Banale in den Äußeren Judikarien. 1324 wurde ihm auch das Gericht Mölten mit der Burg Burgstall anvertraut.[10] Von da an nannte er sich Volkmar von Burgstall.[8] 1333 erhielt er von König Heinrich von Böhmen als Pfandlehen die Burgen und die Gerichtsbarkeit über Kleinspaur, Visione und Mölten. 1334 wurde er vom König mit der Burg Flavon belehnt und trat die Nachfolge von Ulrich I. von Coredo an.[11] 1335 kam er in den Besitz von Schloss Altmetz (ital. Castel di mezo San Pietro) in Welschmetz.[3] Nach der Übernahme der Regentschaft über die Grafschaft Tirol durch Ludwig dem Brandenburger 1342 fiel er Ungnade und verlor seinen gesamten Besitz an den Tiroler. Er starb unter mysteriösen Umständen im Oktober 1343 nach seiner Einkerkerung auf Burg Straßberg.[12]
Die Söhne von Volkmar von Burgstall wurden 1346 wieder zu Gnaden aufgenommen und erhielten einen Teil der Besitzungen zurück, darunter Castel Sporo Rovina und Castel Flavon. Die Burg Burgstall blieb ihnen jedoch vorbehalten. In der Folgen nahmen sie den Namen von Spaur an.[8] 1349 siegelten die Söhne, statt des Wappen ihres Vaters, in Blau einen weißen Falken, mit dem Wappen der Herren von Spaur, in Silber einen roten Löwen. Der Enkel von Volkmar, Peter I. von Spaur, Begründer der heute noch blühenden Tiroler Linie war 1407 Hauptmann an der Etsch und Burggraf auf Tirol sowie einer der vier Hauptleute des Falkenbundes.[13] 1427 erhielten seine Söhne Johann und Georg von Spaur Gericht und Castel Valer bei Tassullo als Pfandlehen. Die beiden Brüder waren Stammväter der beiden Spaur-Linien der Ober- und Unter-Valer, benannt nach der Aufteilung der Burg in eine Ober- (Johann v. Spaur) und Unterburg (Georg v. Spaur).[14] Seit dem 26. Oktober 1450 bekleideten sie das Amt des Erbmundschenks, worauf der goldene Becher in den Schild aufgenommen wurde. 1472 erscheinen Balthasar, Pankraz und Damian von Spaur im Landadelsverzeichnis an der Etsch. Einige Mitglieder traten in den geistlichen Stand, so Leo von Spaur als erster Bischof von Wien.
Ulrich von Spaur fungierte als Hauptmann des Nons- und Sulzberges und Erbschenk der Grafschaft Tirol. 1530 erfolgte die Erhebung von Ulrich, Leonhard und Sigmund von Spaur in den erblichen Freiherrenstand. Kaiser Ferdinand II. verlieh am 12. Oktober 1633 den kaiserlichen Rat und Kämmerer Johann Anton von Spaur, sowie Kaiser Ferdinand III. am 23. Oktober 1637 den Oberstleutnant und Tiroler Landeshauptmann Dominik Vigil von Spaur,[15] die Reichsgrafenwürde. Die Schwester des Oberst und Tiroler Landeshauptmann Leo von Spaur waren Freiin Katharina von Spaur, Fürstäbtässin von Buchau und Freiin Maria Clara von Spaur, Fürstäbtässin von Essen. Graf Karl von Spaur diente als königlich-bayerischer Gesandter beim Heiligen Stuhl. Dessen Halbbruder Graf Friedrich von Spaur besaß u. a. die Güter in Igling und Roggenburg in Bayerisch-Schwaben. Graf Philipp von Spaur erwarb 1879 Schloss Spaur in der Gemeinde Thalgau im Salzburger Land. Bis zu seinem Tode 2021 nutzte Graf Ulrich von Spaur, Ehrenmitglied des Südtiroler Schützenbundes, Schloss Valer als Hauptwohnsitz.[16]
Die von Wolfgang Amadeus Mozart komponierte Spaur-Messe trägt ihren Namen nach dem Salzburger Domherren und späteren Bischof von Brixen Reichsgraf Ignaz von Spaur.