Ein Tonsystem umfasst den in einer Musikkultur verwendeten Tonvorrat und die Ordnungsprinzipien, die den Tonbeziehungen zugrunde liegen und die Funktionen einzelner Töne bzw. Tonstufen bestimmen. Tonsysteme sind somit ein zentraler Gegenstand der Musiktheorie bzw. Musikwissenschaft und stellen ein Mittel dar, verschiedene Musikkulturen miteinander zu vergleichen.

Viele Kulturen, besonders bei indigenen Völkern, haben aber selbst oft keine eigentliche Musiktheorie. Ein Tonsystem kann hier durch den die jeweilige Musikkultur untersuchenden Musikforscher bzw. Musikethnologen durch empirische Beobachtungen der praktizierten Musik und eventuell verwendeter Musikinstrumente abgeleitet werden.[1]

Eine den meisten Tonsystemen gemeinsame Eigenschaft ist z. B. die Ähnlichkeits- bzw. Identitätsempfindung von Tönen im Abstand einer Oktave. Bei diesem Intervall stehen zwei Töne im Frequenzverhältnis 2:1 zueinander. Sie werden als unmittelbar verwandt empfunden und können als tonig beziehungsweise äquivalent aufgefasst werden.

Das neuzeitliche Tonsystem der westlichen Musik

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Trotz vielfältiger neuer Alternativexperimente ist das bis heute in der westlichen Musik der Neuzeit dominierende Tonsystem das diatonisch-chromatisch-enharmonische Tonsystem,[2][3] wie es sich in der allgemein üblichen Notenschrift darstellt. Obwohl dessen Tonvorrat prinzipiell beliebig erweiterbar ist, wird es durch die Notenschrift scheinbar auf 35 Stufen beschränkt, indem zu jedem der sieben diatonischen Stammtöne vier Varianten durch einfache und doppelte Erhöhung bzw. Erniedrigung hinzutreten. Damit ergibt sich folgender Tonvorrat, der den Anforderungen der musikalischen Praxis in der Regel mehr als genügt und nur selten voll ausgeschöpft wird:

doppelt erhöht cisis disis eisis fisis gisis aisis hisis
einfach erhöht cis dis eis fis gis ais his
Stammton c d e f g a h
einfach erniedrigt ces des es fes ges as b
doppelt erniedrigt ceses deses eses feses geses asas heses

Zur theoretischen Begründung dieses Tonsystems können verschiedene Konstruktionsprinzipien, die gleichzeitig Stimmungssysteme sind, herangezogen werden. Die beiden wichtigsten sind:

  1. Das pythagoreische Prinzip der Quintenschichtung, nach dem sich die diatonische Stammtonreihe aus der Quintenfolge f-c-g-d-a-e-h ergibt. Da wegen des Fehlens eines einheitlichen Stimmtons beim Zusammenspiel transponiert werden musste, fügte man Halbtonschritte durch Anfügen weiterer Quinten nach oben und unten ein. Hierauf basiert die Pythagoreische Stimmung.
  2. Das Prinzip der reinen Stimmung, die mit dem Aufkommen der Mehrstimmigkeit in Westeuropa in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Bedeutung erlangte. Hier wird gefordert, dass bei Dur- und Molldreiklängen neben den Quinten (mit dem Frequenzverhältnis 3:2) auch die große und kleine Terz (mit den Frequenzverhältnissen 5:4 und 6:5) rein erklingen. Dabei tritt jedoch das Problem auf, dass bei Modulationen sich Töne nicht nur sichtbar mit Vorzeichenwechsel ändert, sondern andere auch geringfügig um ein syntonisches Komma.

Insbesondere bei Tasteninstrumenten ist die praktische Umsetzung des Tonsystems mit Problemen bezüglich der reinen Intonation verbunden. Das Archicembalo etwa, das mit seinen 36 Tasten pro Oktave als gute Abbildung des Tonsystems der reinen Stimmung verstanden werden kann, erwies sich wegen seiner unhandlichen Komplexität als wenig praxistauglich. Deshalb war man bestrebt, die Anzahl der Tasten auf das unbedingt Erforderliche zu reduzieren. Ermöglicht wurde diese Reduktion durch den Umstand, dass viele Töne (z. B. das a von C-Dur und das um ein Komma höheres a von G-Dur) sehr nahe beieinander liegen. Solche eng benachbarten Töne lassen sich durch bewusste möglichst kleine Verstimmungen (Temperierung genannt) auf eine Taste zusammenlegen. Unter den vielen Stimmungssystemen, die zur Lösung des Problems ersonnen wurden, setzte sich schließlich die heute allgemein übliche zwölfstufig-gleichtemperierte Stimmung durch.

Seitdem wird das diatonisch-chromatisch-enharmonische Tonsystem akustisch durch eine Skala mit zwölf Stufen pro Oktave (chromatische Tonleiter) repräsentiert, die bei gleichstufiger Stimmung durch Halbtonintervalle fester Größe getrennt sind.

Die zwölf Töne sind prinzipiell gleichrangig – jeder Ton kann im die westliche Musik dominierenden Dur-Moll-System zum Grundton einer Tonart werden. Die Tonarten des Dur-Moll-Systems sind dabei in ihrer Struktur aber immer gleich; d. h. als Dur oder Moll erkennbar. Die westliche Musik unterscheidet mit Dur und Moll zwei Tongeschlechter. Die Bezeichnungen C-Dur, Fis-Dur, a-Moll, b-Moll usw. geben an, auf welchem Ton aus dem Tonsystem sich die Dur- oder Mollstruktur aufbaut und welche diatonischen Töne zu der jeweiligen Tonleiter gehören. Wenn man die grundsätzliche Tonfolgestruktur beibehält, kann eine Melodie prinzipiell auf jedem beliebigen Grundton gesungen bzw. gespielt werden. Melodien bzw. ganze Musikstücke sind somit transponierbar. Den einzelnen Tonarten werden aber mitunter über die Tonartencharakteristik unterschiedliche Bedeutungen beigemessen, doch sind diese Zuordnungen subjektiv und historisch variabel und insgesamt umstritten.

Die zwölftönige Skala stellt eine Materialtonleiter dar, während C-Dur oder a-Moll usw. Gebrauchstonleitern sind. Eine Ausnahme bilden in der westlichen Musik die Atonalität und die freie Tonalität – hier decken sich Material- und Gebrauchsleiter.

Durch Vorzeichen gekennzeichnete Töne sind Ableitungen bzw. Alterationen der ursprünglich diatonischen Tonstufen und werden in der Notenschrift als entweder erhöhte (, "Kreuz") oder erniedrigte (, "Be") Varianten notiert. Darauf deuten auch die Benennungen, die Abwandlungen der Tonbezeichnungen durch angehängte Buchstaben oder Buchstabenkombinationen sind.

Beide Töne sind aber in der gleichstufigen Stimmung physikalisch identisch. Weil nun die musikschriftliche Grammatik des Dur-Moll-Systems bzw. der Funktionsharmonik nach - und -Tonarten unterscheidet, müssen zur Wahrung der Folgerichtigkeit im Notenbild Tonbezeichnungen verwendet werden, die zur jeweiligen Tonart passen.

Das gilt für diatonische, also tonleitereigene, als auch tonartfremde Töne, die z. B. im Falle von Modulationen eingeführt werden. Die Möglichkeit der verschiedenen Notation nennt man enharmonische Verwechslung. Echte enharmonische Verwechslungen treten in Notenbildern auf, in denen sich der Wechsel von einer -Tonart in eine -Tonart, bzw. umgekehrt, aufgrund besserer Lesbarkeit oder Sing-/Spielbarkeit für die Musiker anbietet.
In der Reinen und auch mitteltönigen Stimmung hingegen sind z. B. as und gis auch tatsächlich physikalisch verschiedene Töne. Diese werden auch als Spalttöne bezeichnet, da sie den Ganztonschritt zwischen g und a eben in zwei verschiedene Halbtondistanzen teilen. Der Unterschied zwischen as und gis gilt dann als eigentliche Enharmonik, weil eine Verwechslung wie unter Zugrundelegung der gleichstufigen Stimmung ausgeschlossen ist. Diese Enharmonik spielt z. B. bei A-cappella-Chören, Streichquartetten oder guten Orchestern eine ausschlaggebende Rolle – insbesondere, wenn beabsichtigt wird, dem Klang der Musik zwischen Mittelalter und Klassik möglichst nahe zu kommen.

Herleitung und Geschichte

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Nach der Oktave prägen das westliche Tonsystem zuvorderst die Quinte und die Quarte. Auf Pythagoras von Samos bzw. die Pythagoräer geht die philosophisch begründete Überzeugung zurück, dass die einfachsten, ganzzahligen Teilungsverhältnisse die harmonischsten Proportionen wiedergeben. Das gelte etwa für die Geometrie, die Architektur als auch für physikalische Schwingungszustände wie z. B. Töne. Die Frequenzverhältnisse der Oktave (Frequenzverhältnis 1:2), der Quinte und Quarte (Frequenzverhältnisse 2:3 und 3:4) betragen in genau dieser Reihenfolge 1:2:3:4. Diese Zahlenfolge – gewissermaßen die „Weltformel“ der Pythagoräer; genannt Tetraktys – gebe dabei treffend die Abstufungen menschlichen Konsonanzempfindens zweier oder mehrerer Töne wieder. Physikalische und mathematische Grundprinzipien treffen die menschliche Sinnesperzeption.
In Anlehnung an die pythagoreische Lehre leitet sich der erste Ton eines Tonsystems also aus der Oktave ab. Die Ableitung der weiteren Töne des Systems geschieht durch Quintenschichtung. Dem liegt zugrunde, dass die Quinte die erste Konsonanz ist, die eine Tonleiter, d. h. distinkte diatonische Tonstufen, ableiten lässt. Töne im Abstand einer Quinte sind im ersten Grade, im Abstand zweier Quinten im zweiten Grade usw. verwandt wie dies mittels Quintenzirkel ersichtlich wird. Die Quinte sowie ihr Komplementärintervall, die Quarte, konstituieren als rein und haben als feste Größen 702 Cent bzw. 498 Cent.

Quintenschichtung: c – g – d – a – e – h. Aus der ersten auf c folgenden Quinte gewinnen wir den Ton g (1200 Cent × log2(3:2) = 702 Cent). Die zweite Quinte führt zum d (1404 Cent – 1200 Cent = 204 Cent). So fährt man mit den übrigen Tönen fort, wobei immer zu beachten ist, wie häufig durch die Quintenschichtung der Oktavbereich gewechselt wird. Der entsprechende Ton wird dann nämlich in den richtigen Oktavbereich „zurück-oktaviert“, die Oktaven also wieder abgezogen. Eine Quinte tiefer von c ist F und eine Oktave über F das f. Nebenstehende Abbildung zeigt, wie mittels Quintenschichtung der Ton e, also die dritte Stufe (Terz) in einer Leiter auf c, gewonnen wird.
Gewinnung des Tones e in einer Leiter auf c mittels Quintenschichtung. Es werden 4 Quinten (4 × 702 Cent = 2808 Cent) und zwei Oktaven (2 × 1200 Cent = 2400 Cent) durchschritten. Die Differenz führt zur großen Terz mit 408 Cent.

Diese ursprüngliche Konstruktion des abendländischen Tonsystems nimmt jedoch zunächst nur Rücksicht auf die pythagoreische Stimmung, die auch als Quintenstimmung bezeichnet wird. Das im nebenstehenden Beispiel bestimmte Intervall ist die pythagoreische große Terz (64:81, 408 Cent), die um das syntonische Komma (21,51 Cent) größer ist als die reine große Terz (4:5, 386 Cent).
Die Quintenschichtung gilt gewissermaßen als die erste Theorie zu Erklärung des westlichen Tonsystems, da sich, in Einklang mit dem pythagoreischen Ideal, mit ihr der Tonvorrat der Pentatonik und Heptatonik am besten herleiten lässt. Pentatonische und heptatonische Tonleitern gelten, in der Entwicklung in dieser Reihenfolge, als die Urtonleitern des westlichen Tonsystems. Bereits das Tonsystem der griechischen Antike vollzog eine Entwicklung von einem fünfstufigen (pentatonischen) zu einem siebenstufigen (heptatonischen) System. Die Pentatonik herrscht z. B. noch bis in unsere Zeit in gut erhaltenen Volksmusiktraditionen. Grundsätzlich gelten diese Tonleitern als diatonische Skalen. Sie geben einzig die Tonstufen wieder, die sich aus der Schichtung von vier bzw. sechs Quinten ergeben. Beispiel:

c – d – f – g – a
c – d – e – f – g – a – h – c mit zwei Halbtonschritten.

Die Musik des Mittelalters verwendete grundsätzlich ein heptatonisches System, kannte darin aber bereits Hierarchisierungen, so dass einzelne Tonstufen nur eine geringere Bedeutung erfuhren. Das gregorianische System mit den Kirchentonarten bzw. Modi ordnete den grundsätzlichen Tonvorrat in Skalen mit verschiedener Struktur und folglich verschiedenen Charakters.[A 1]
Mit der Mehrstimmigkeit, besonders aber seit dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, fügte die Musikpraxis die Möglichkeit alterierter Tonstufen ein. Damit hielten in der Notenschrift die Vorzeichen und Einzug. Alterierte Tonstufen änderten aber zunächst noch nicht das Tonsystem. Sie hatten ausschließlich klanglichen Charakter und fungierten so „nur“ als Zwischentöne bzw. Leittöne in Schlussformeln bzw. Kadenzen oder bei Wechsel des Hexachordes (siehe hierzu: Musica ficta).

Im Zuge der hochkomplexen Mehrstimmigkeit seit dem 15. Jahrhundert, besonders aber mit der rasant zunehmenden Entwicklung von Tasteninstrumenten in der Zeit des Barock und der Etablierung des Dur-Moll-Systems, wurde jedoch die Stimmung ein ernstes Problem. Das Tonsystem hatte sich infolge der musikalischen und kompositorischen Praxis erweitert. Unter dem Aspekt der auftretenden Stimmungsprobleme ließ sich dieses auch nicht mehr allein über die pythagoräische Quintenschichtung erklären. Weitere Erklärungsmodelle für das westliche Tonsystem sind so z. B. die Zerlegung der Oktave in große und kleine Terzen. Gerade an der Festlegung der Terzen entzündet sich aber das Problem der Stimmung. Die Quinte teilt sich in große und kleine Terz (4:5 und 5:6). Die große Terz besteht demnach aber aus einem großen und einem kleinen Ganzton (8:9 und 9:10), deren Differenz 21,51 Cent, das sogenannte syntonische Komma, beträgt. Wie oben gezeigt, bestimmt aber die Quintenprogression den großen Ganzton (8:9, 204 Cent) als den authentischen. Nun besteht wiederum eine Oktave aus sechs Ganztönen – sechs große Ganztöne überschreiten aber den Oktavrahmen um 23,46 Cent, das sogenannte pythagoräische Komma.
Ferner kann das abendländische Tonsystem auch durch die Obertonreihe erklärt werden, die alle zwölf Töne und ihre Verhältnisse zueinander angibt. Aber auch hier ergeben sich Schwierigkeiten mit der Stimmung.

Im Laufe der Zeit wurden so verschiedene Stimmungssysteme erprobt und entwickelt, wobei eines der Hauptprobleme das der Terz darstellte.

Die lange Zeit vorherrschenden mitteltönigen Stimmungen mit vielen reinen Terzen nähern die reine Stimmung hervorragend an, allerdings nur (in der 1/4-Komma mitteltönigen Stimmung) in den Tonarten B-, F-, C-, G-, D- und A-Dur, sowie g-, d-, a-, e-, h- und fis-moll. Um die Tonarten des gesamten Quintenzirkels spielbar zu machen, wurden die mitteltönigen Stimmungen über die wohltemperierten Stimmungen schließlich zur gleichstufigen Stimmung so erweitert, dass die Tonarten des gesamten Quintenzirkels spielbar wurden. Dieses wurde aber nur ermöglicht, indem man die reinen Terzen wieder den pythagoreischen Terzen annäherte (schärfte). Bei der gleichstufigen Stimmung werden die zwölf Quinten in den Oktavraum mit zwölf Tönen angepasst, so dass alle zwölf Halbtöne das gleiche Distanzmaß von 100 Cent zueinander haben. So hat man die ursprünglich reine Quinte von 702 Cent, die der Quintenschichtung zugrunde lag, zugunsten der Gleichstufigkeit mit der Quinte von 700 Cent etwas verkleinert.

Diese Rationalisierung des abendländischen Tonsystems, die den Anforderungen der Komponisten und vor allem den Instrumentalisten folgte, geht auf die Versuche Andreas Werckmeisters (zwischen 1681 und 1691) zurück. Johann Sebastian Bachs Werk Das wohltemperierte Klavier demonstriert, wie nun alle - und -Tonarten auf einem Klavier – damals noch jede mit einer eigenen Tonartencharakteristik – spielbar wurden.

Mathematische Beschreibung

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Die Materialtonleitern von Tonsystemen können durch eine Tonstruktur beschrieben werden. Tonstrukturen bauen dabei auf Tönen und Intervallen auf. Diese Tonstrukturen können mit mathematischen Formeln präziser und kürzer beschrieben werden. Der Intervallraum wird je nach System unterschiedlich aufgeteilt, wobei mathematisch kaum mehr zwischen System und Stimmung unterschieden wird. Materialtonleitern und Gebrauchstonleitern nähern sich dabei an, wobei die rein mathematisch-theoretische Beschreibung meist von der realen Stimmung am Instrument, wie zum Beispiel der Stimmung einer akustischen Orgel, mehr oder weniger abweicht.

Historische europäische Tonsysteme

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Historische Tonsysteme lassen sich nicht immer mit der Anzahl der Stufen in einer Oktav und dem Ordnungsprinzip der Tonbeziehungen beschreiben, denn Tonnamen, die in jeder Oktave gleich sind, wurden erst von Guido von Arezzo um ca. 1025 eingeführt. Für die Zeit davor muss der Rahmen für die Beschreibung unter Umständen weiter gefasst werden und erstreckt sich meist über mehr als eine Oktave. Dies wird z. B. am antiken griechischen Systema Téleion deutlich, das zwei Oktaven umspannt.

Dass die Musiktheorie im antiken Griechenland bereits sehr weit gediehen war,[A 2] zeigen u. a. erhaltene Schriften von Aristoxenos, die ca. 320 vor Christus verfasst wurden. Zuvor wird bereits in Platos Spätwerk Timaios das griechische Tonsystem inklusive des pythagoreischen Halbtons Limma zum ersten Mal mathematisch beschrieben.

Für die Musik des Mittelalters wurde eine unterschiedliche Tonordnung erstellt, nämlich das gregorianische System mit Hexachorden und den Kirchentonarten, die darauf aufbauen. Die mittelalterliche christlich-liturgische Musik mit dem Gregorianischen Choral wurde die wesentliche Grundlage für die weiteren Entwicklungen der europäischen Kunstmusik.

Alternative Tonsysteme in modernen Kompositionen

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Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts setzt sich eine Vielzahl von Komponisten mit der Frage nach einem Tonsystem für eigene Werke auseinander. So suchten Komponisten das standardisierte System aus zwölf Tönen zu verlassen und den Halbtonschritt in kleinere Intervalle zu teilen. Hier spricht man von Mikrotonalität. Ferruccio Busoni z. B. ließ sich ein Dritteltonharmonium bauen; es sind aber keine „mikrotonalen“ Werke von ihm überliefert. Wesentliche kompositorische Positionen seit etwa Busoni sind:

Siehe auch

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Literatur

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Anmerkungen

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  1. „Das gregorianische Tonsystem findet man nur im gregorianisehen Gesange vollkommen rein. Nach den ihm eigenthümlichen Merkmalen eignet es sich nur für einstimmige Sätze, daher konnte es im mehrstimmigen Satze nicht mehr zur Anwendung kommen. Man ging wohl bei der Bildung mehrstimmiger Sätze von demselben, als von dem vorhandenen aus, musste aber, gezwungen durch die Gesetze der Harmonie, verschiedene Aenderungen vornehmen. Die Grundsätze, welche für den einstimmigen Satz Geltung hatten, taugten nicht mehr für zwei und mehr Stimmen und mussten andern Grundsätzen, nach welchen die Stimmen verbunden wurden, weichen. Es bildete sich für den mehrstimmigen Satz ein neues Tonsystem, das natürlich nicht gleich vollkommen ausgebildet vorlag, sondern sich nach und nach entwickelte, bis es in unserm modernen seine Vollendung erhielt.“ Österreichischer Cäcilien-Verein: Zeitschrift für katholische Kirchenmusik: Organ d. Österreichischen Cäcilien-Vereines, Volume 4. 1871, S. 11 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. „Wäre es bewährt, was der Pater Martini I0, doch wol nur von Europäern, behauptet, daß nehmlich jeder nicht unterwiesene Mensch, der nur so viel Stimme hat, daß er eine melische Reihe hervorzubringen vermag, sie, sobald er sie aus sich selbst bildet, und nicht nachahmt, stets auf die reine Quarte gründet; so wäre danach das Tonsystem der Griechen unmittelbar aus Anleitung unseres Stimmorgans selber entnommen. Jene drei Intervalle, der Quarte, Quinte und Octave (Diatessaron, Diapente, Diapason), waren, als die Grundbedingungen des Tonsystems überhaupt, streng gefordert und unabänderlich: Verschiedenheit in den Quarten oder Quinten wurde gar nicht angenommen. Sie hießen daher die festen Intervalle. Diejenigen hingegen, in welche ferner die Quarte zerlegt wurde, ließen Verschiedenheiten der Verhältnisse zu, woraus dann die verschiedenen Tongeschlechter entstanden. Sie wurden darum die wandelbaren Intervalle genannt; und weil nur aus dem Verhältniß der Quarte zu dem nächst vor ihm befindlichen Tone, das Geschlecht am vernehmlichsten erkannt werden konnte, so hatte dieser den Namen des Charaktertons erhalten. Wenn man das Intervall, welches von der Quarte zur Quinte gegeben war und einen Ton beträgt, von der Quarte rückwärts zweimal wiederholte, so blieb bis zum Grundton noch das Intervall eines kleinen Halbtones übrig: denn was diesem zum ganzen Tone fehlte, war etwas größer. Dies war die ursprünglichste Eintheilung der Quarte, und gab das älteste Geschlecht, welches darum, weil es in seiner Octave drei ganze Töne hinter einander bot, Diatonon genannt wurde. Rückte man den Charakterton so weit zurück, daß nun von den beiden Intervallen bis zum Grundtone jedes einen Halbton bildete; so erhielt man das zweite Geschlecht, welches den Kamen, Chroma, erhielt. Ließ man endlich den ursprünglichen Charakterton des Diatonon ganz aus, so daß vom Halbton zur Quarte nur ein Intervall war, und theilte dagegen das Intervall Ton jenem zum Grundton in zwei, jedes zu einem Viertelten: so entstand das jüngste Geschlecht, welches die Griechen Enharmonie, auch wol schlechthin Harmonie nannten TI. Bei diesen Verschiedenheiten der Tonleiter blieben jedoch die Griechen nicht stehen. Der Halbton, der in der ersten Theilung gefunden worden, gab wieder einen anderen größeren; diesem gemäß nahm man auch eine Verschiedenheit unter den Vierteltönen an, und selbst unter den ganzen gewann man sie, indem man durch Rückung des Charaktertones den Ditonos ungleich theilte. Dies veranlaßte in den Geschlechtern selbst wieder Abweichungen, die man Chroen nannte Il.“ Hans Christian Genelli: Das Theater zu Athen, hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst überhaupt erläutert. 1818, S. 110 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

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  1. Liberty Manik: Das arabische Tonsystem im Mittelalter.[Mit Tab.] 1969 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Willibald Gurlitt, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musik Lexikon (Sachteil). B.Schott’s Söhne, Mainz 1967, S. 970.
  3. Marc Honegger, Günther Massenkeil (Hrsg.): Das große Lexikon der Musik. Band 8: Štich – Zylis-Gara. Aktualisierte Sonderausgabe. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 1987, ISBN 3-451-20948-9, S. 148 f.
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Wiktionary: Tonsystem – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen