Tristan Murail (* 11. März 1947 in Le Havre) ist ein französischer Komponist.
Murails Mutter war Journalistin, sein Vater Dichter. Seine Geschwister Lorris (1951–2021), Marie-Aude (geb. 1954) und Elvire (geb. 1958) waren bzw. sind Schriftsteller.[1]
Tristan Murail studierte zunächst Arabistik und Wirtschaftswissenschaften und machte entsprechende Abschlüsse. Schon mit 19 Jahren wandte er sich der Musik zu und studierte von 1966 bis 1971 Ondes Martenot bei Jeanne Loriod (Schwester von Yvonne Loriod) und Maurice Martenot,[2] sowie von 1967 bis 1971 Komposition bei Olivier Messiaen am Pariser Konservatorium (CNSM). Er erhielt 1971 einen ersten Preis für Komposition und im selben Jahr den Prix de Rome. Zwei Jahre verbrachte er daraufhin in der Villa Medici, wo er mit Giacinto Scelsi zusammentraf.[3] Wichtige Komponisten für ihn waren während seiner Lehrjahre Iannis Xenakis, Giacinto Scelsi und vor allem György Ligeti.
Bei seiner Rückkehr aus Rom 1973 gründete er mit Gérard Grisey, Michaël Levinas und Hugues Dufourt das Ensemble l’Itinéraire, das zu einer Werkstätte der Live-Elektronik und der computergestützten Komposition wurde. Im selben Jahr schrieb er La Dérive des Continents und Les Nuages de Magellan, die seinen ersten eigenen, aus einem ununterbrochenen klanglichen Magma bestehenden Stil begründeten. Sables (1974) und Mémoire/Èrosion (1975–1976) markierten anschließend eine Reduktion der Mittel.
1980 nahmen die Itinéraire-Komponisten an einem IRCAM-Lehrgang teil. Murail begann, mit Hilfe des Computers akustische Phänomene noch genauer zu erforschen. Er schrieb Désintégrations (1982–1983), in dem er zum ersten Mal Instrumentalklänge und synthetische Klänge gleichzeitig benutzte. Mit Serendib (1992) und anderen Stücken dieser Zeit erreichte seine Musik eine extreme Durchartikuliertheit und formale Unvorhersehbarkeit. Von 1987 bis 1990 lehrte er musikalische Informatik am Pariser Konservatorium und von 1990 bis 1997 Komposition am IRCAM und war an der Entwicklung des Kompositions-Hilfsprogramms Patchwork beteiligt. Außerdem unterrichtete er bei den Darmstädter Ferienkursen, in Royaumont und beim Centre Acanthes.
Tristan Murail lehrte von 1997 bis 2011 als Professor für Komposition an der Columbia University New York. Danach war er drei Jahre Gastprofessor am Salzburger Mozarteum. Derzeit ist er Gastprofessor an der Musikhochschule Shanghai. Seit 2001 ist er assoziiertes Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique.[4]