Otto Skall: Zarah Leander (Titelbild, 1936)
Faksimiliertes Autogramm (1938)

Zarah Leander ​/⁠ˌt͡sɑːra leˈandəɹ⁠/​[1] oder ​/⁠ˌsɑːra leˈandəɹ⁠/​ (bürgerl. Sara Stina Leander; * 15. März 1907 in Karlstad; † 23. Juni 1981 in Stockholm), verheiratete Sara Stina Hülphers, war eine schwedische Schauspielerin und Sängerin. Sie wirkte als Filmschauspielerin überwiegend im nationalsozialistischen Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete sie verstärkt als Bühnensängerin und gab Konzerte in Schweden, Deutschland und Österreich.

Leben

Familie und Jugend

Zarah Leander wurde als Sara Stina Hedberg als Tochter des Kaufmanns und Grundstücksmaklers Anders Lorentz Sebastian Hedberg (1872–1929) und seiner Frau Mathilda Ulrika, geb. Wikström (1872–1959), in Karlstad geboren. Sie hatte zwei ältere Brüder (Jonas und Ante) und drei jüngere (Sigvard, Gustaf und Bror). Sigvard starb kurz nach seiner Geburt. Gustaf wurde ebenfalls Schauspieler und Sänger.[2] Eine Urgroßmutter aus der väterlichen Linie stammte aus Hamburg.

Ihr Vater hatte in Leipzig Orgelbau und Musik studiert. Durch den Einfluss ihres deutschen Kindermädchens und ihres deutschen Klavierlehrers war sie bereits früh mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut. Ab 1911 erhielt sie Unterricht in Violine sowie Klavier und trat mit sechs Jahren bei einem Chopin-Wettbewerb auf. Bis 1922 besuchte Zarah Leander ein Gymnasium und ging anschließend nach Riga, wo sie fließend Deutsch zu sprechen lernte.[3]

Zarah Leander hatte nie Gesangs- oder Schauspielunterricht.[4]

Beginn der Karriere als Sängerin und Schauspielerin

Bereits 1926 bemühte sich Leander erfolglos um die Aufnahme in die Königliche Schauspielschule Stockholm. Bei dieser Gelegenheit lernte sie ihren späteren ersten Ehemann, den Schauspieler Nils Leander, kennen. Nils Leander half ihr, an einige zunächst recht unbedeutende Theaterrollen zu kommen. 1928 stand sie in einer Operette gemeinsam mit ihrem Mann auf der Bühne.[5]

Im Jahr 1929 sang sie bei dem schwedischen Revuekönig Ernst Rolf mit ihrer prägnanten Kontra-Alt-Stimme vor. Am 27. Oktober sprang sie für die erkrankte Margit Rosengren mit dem Lied Wollt ihr einen Star sehen ein. Ernst Rolf kündigte mit folgenden Worten seinen neuen Star an:

„Sie ist so talentiert, dass ich nicht die Kraft hatte, nein zu sagen. Sie heißt Zarah Leander, und diesen Namen muss man sich merken.“[6]

Mit der Schallplattenfirma Odeon schloss sie einen Vertrag ab und nahm bis 1936 80 Lieder auf. Von 1929 bis 1935 wirkte Zarah Leander gemeinsam mit Karl Gerhard in zahlreichen Revuen mit und drehte in Schweden drei Spielfilme.[7]

Von 1926 bis 1932 war sie mit dem Schauspieler Nils Leander verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder (die Tochter Boel, 1927–2022, und den Sohn Göran, 1929–2010). In zweiter Ehe war Leander von 1932 bis 1948 mit dem Journalisten Vidar Forsell verheiratet, der beide Kinder adoptierte, die somit seinen Nachnamen annahmen. 1956 schließlich heiratete sie in dritter Ehe den Kapellmeister Arne Hülpers.

Durchbruch in Wien und erster Film in Österreich

Fotoreportage von Otto Skall zu den Aufnahmen von Premiere in Der Sonntag, Beilage zu Der Wiener Tag, 6. Dezember 1936

Durch Max Hansen kam Zarah Leander nach Wien. Ihren Durchbruch hatte sie dort am 1. September 1936 anlässlich der Uraufführung des Singspiels Axel an der Himmelstür von Ralph Benatzky im Theater an der Wien.[8] Leander spielte und sang darin die weibliche Hauptrolle, Gloria Mills, eine Persiflage auf Greta Garbo. Leander erntete hymnische Kritiken, ihr wurde von Franz Lehár gratuliert, mehr als 62 Mal wurde sie vor den Vorhang gerufen. Als Partner Leanders und Hansens in dieser Inszenierung waren Paul Morgan, Otto Wallburg und Heidemarie Hatheyer zu sehen. Für Leander war dies das vorerst letzte Bühnenengagement, erst 1958 war sie – erneut in Wien – wieder am Theater zu sehen.

Parallel zu ihrem Theaterengagement drehte sie ihren ersten österreichischen und zugleich ersten deutschsprachigen Film. Unter der Regie von Géza von Bolváry spielte sie in Premiere, einem im Revuemilieu spielenden Krimimelodram, eine Hauptrolle. Leanders Partner waren dabei unter anderen Karl Martell, Theo Lingen, Attila Hörbiger, Carl Günther, Maria Bard und Walter Steinbeck.

Karriere als Filmstar und Sängerin in der NS-Zeit

Am 28. Oktober 1936 unterzeichnete Leander einen Vertrag mit der deutschen Filmproduktionsfirma UFA zu günstigen Konditionen: So durfte sie ihre Drehbücher selbst auswählen, und mehr als die Hälfte jeder Gage wurde in schwedischen Kronen ausgezahlt. Ihre Kontra-Alt-Stimme faszinierte und irritierte die Kritiker gleichermaßen, wie etwa den folgenden Äußerungen zu entnehmen ist: „dunkel […] fast ein Bariton“;[9] eine „Stimme von fast männlicher Färbung“;[10] „sie kann so wuchtig klingen wie der Ton einer Orgel“,[11] eine „unsagbar weiche Stimme, die wie ein tiefer, warmer Strom die Hörer umfließt“.[12]

Kinostar!, 1937. Zarah Leanders bekannteste Aufnahmen entstanden unter der Schutzmarke Odeon.
Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n, 1942

Von 1937 bis 1943 entstanden ihre bekanntesten Filme, Zu neuen Ufern (1937), La Habanera (1937), Heimat (1938), Es war eine rauschende Ballnacht (1939), Die große Liebe (1942, Regie: Rolf Hansen), Der Weg ins Freie (1941), Damals (1943), einige davon unter der Regie von Carl Froelich.

Zarah Leander stieg zum höchstbezahlten weiblichen Filmstar im nationalsozialistischen Deutschland auf, und ihre Filme wurden eine wesentliche Stütze der nationalsozialistischen Filmpolitik. Der Reichspropagandaminister, Joseph Goebbels, schrieb am 6. Oktober 1937 in sein Tagebuch: „Die Geschäftserfolge mit ihr sind enorm.“ Auch Adolf Hitler mochte sie sehr, wie sein Leibdiener im Interview erzählte. Fotos, die sie mit ihm zusammen bei einem öffentlichen Anlass zeigen, gibt es jedoch nicht, und die höchste Ehre für eine Darstellerin im Deutschen Reich, zur Staatsschauspielerin ernannt zu werden, lehnte sie ab. Sie blieb schwedische Staatsbürgerin und bezeichnete sich, obwohl sie unter anderem in dem NS-Propaganda-Film Die große Liebe mitgewirkt hatte, nach Ende des Zweiten Weltkrieges stets als unpolitische Künstlerin. Lange Zeit gab es Gerüchte, dass sie eine Spionin gewesen sei.[13] Laut Dokumenten des schwedischen Geheimdienstes könnte sie eine sowjetische Spionin gewesen sein.[14] Nach ihrem letzten Drehtag am 10. November 1942 verließ sie Deutschland und kehrte auf ihr Gutshaus Lönö nach Schweden zurück. Auch in Schweden hatten ihre deutschen Filme eine gewisse Popularität.

Nachkriegszeit und weitere Karriere

Zarah Leanders Karriere nach dem Krieg setzte sich 1947 zuerst in der Schweiz fort. Der Komponist Ralph Benatzky vermittelte ihr Auftritte beim Genfer Rundfunk, dort entstanden auch die ersten Nachkriegs-Schallplattenaufnahmen. Weitere Konzertauftritte in Bern, Basel und Zürich folgten. 1948 traf sie Michael Jary wieder und unternahm mit ihm und seinem Filmorchester 1948 und 1949 eine Deutschland-Tournee, die großen Anklang fand. 1949 trat sie in Malmö auf und damit auch zum ersten Mal wieder in ihrer schwedischen Heimat.

Im Jahr 1950 drehte Zarah Leander nach siebenjähriger Pause erstmals wieder einen Film. Unter der Regie von Géza von Cziffra entstand das Mutter-Tochter-Drama Gabriela mit vielen Anleihen aus ihren früheren Spielfilmen, wodurch es ein typischer Zarah-Leander-Film wurde. An der Kinokasse war der Film ein Erfolg, auch wenn er Leander nicht gefiel. 1951 begab sie sich erneut auf eine internationale Tournee. Auch die anschließenden Kinofilme, Cuba Cabana (1952) mit O. W. Fischer als Liebhaber an ihrer Seite und Ave Maria (1953), waren finanziell einträglich, aber von der Qualität ihrer früheren Filme entfernt.

Im Januar 1956 heiratete sie in dritter Ehe den schwedischen Kapellmeister und Jazzpianisten Arne Hülphers, der sie seit 1952 musikalisch begleitete.

Nach den eher enttäuschenden Ergebnissen ihrer Filmarbeit widmete sich Leander fortan hauptsächlich musikalischen Darbietungen. Peter Kreuder komponierte für sie die Musicals Madame Scandaleuse und Lady aus Paris mit Texten von Ernst Nebhut und Karl Farkas. In Schweden und Deutschland entstanden in den frühen 1960er Jahren Fernsehshows mit ihren Evergreens. Außerdem folgte ein Auftritt in dem Musical Das Blaue vom Himmel von Friedrich Hollaender.

Ron Kroon: Zarah Leander, 1967

Am 5. September 1958 kehrte Leander am Wiener Raimundtheater auf die Bühne zurück: In Madame Scandaleuse, einem Musical von Ernst Nebhut und Peter Kreuder, spielte sie die Hauptrolle und gastierte damit 1959 auch in München, Berlin und Hamburg. Zwei Jahre später gab es die nächste Premiere am Raimundtheater, als sie unter der Regie von Karl Farkas in der Operette Eine Frau, die weiß, was sie will von Oscar Straus die Hauptrolle gab (Regie: Alfred Walter). Ein Gastspiel führte Leander mit dieser Aufführung 1961 ans Stora Teatern nach Göteborg. Erneut unter der Regie von Karl Farkas sowie am Raimundtheater spielte Leander 1964 in der Uraufführung des Musicals Lady aus Paris von Farkas und Kreuder. Partner Leanders waren unter anderen Paul Hörbiger und Friedl Czepa. Diese Inszenierung gastierte 1965 im Berliner Theater des Westens. 1968 nahm Zarah Leander noch einmal eine Single auf, Abenteuer sind am Abend teuer / Wo deine Wiege stand. Mit ihrer tiefen ausdrucksstarken Stimme konnte sie ihr musikalisches Können noch einmal beweisen. Einen Hit in den Charts landete sie damit nicht, aber es kam zur Neuvorstellung in einigen Schlagerparaden.

Die letzte Hauptrolle spielte Leander in dem Musical Wodka für die Königin von Peter Thomas, Ika Schafheitlin und Helmuth Gauer (Regie: Werner Saladin). Die Uraufführung fand am 14. November 1968 am Operettenhaus Hamburg statt; die Produktion gastierte von September bis November 1969 am Wiener Raimundtheater.

Leanders letzte Theaterpremiere führte die Künstlerin 1975 wieder an jenes Theater zurück, an dem sie beinahe vierzig Jahre zuvor ihren Durchbruch erlebt hatte: Im Musical Das Lächeln einer Sommernacht von Stephen Sondheim und Hugh Wheeler (nach dem Film von Ingmar Bergman) gab sie am Theater an der Wien unter der Regie von George Martin die Madame Armfeldt. Partner Leanders waren hier unter anderen Susanne von Almassy und Dagmar Koller. Ab September 1978 folgte ein Gastspiel am Folkteatern in Stockholm. Während einer Aufführung im Frühjahr 1979 kollabierte Leander und erlitt in Stockholm einen Schlaganfall, dem weitere folgten.[15]

Zarah Leanders Grab in Häradshammar
Zarah-Leander-Museum in Schweden seit 2007

Im Juni 1979 gab Zarah Leander ihren Abschied von der Bühne bekannt. Sie zog sich auf ihr Landgut in Lönö zurück. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten starb sie 1981 an einer Hirnblutung und wurde neben ihrem dritten Ehemann, Arne Hülphers (1904–1978), auf dem Kirchfriedhof in Häradshammar (Gemeinde Norrköping, Östergötland) beigesetzt.[16]

Zarah-Leander-Museum

Leanders langjährige deutsche Haushälterin und Sekretärin Brigitte Pettersson (geb. Anhöck) aus Erfurt gründete gemeinsam mit der Zarah-Leander-Gesellschaft im Jahr 2007 ein Zarah-Leander-Museum in Häradshammar.[17]

Filmografie

Diskografie

Operetten und Musicals

Autobiografien

Biografische Theaterstücke

Fernsehdokumentationen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Die Künstlerin selbst sprach im österreichischen Fernsehen ihren Namen mit [t͡s] aus (bei 3:50 min). youtube; abgerufen am 3. Juli 2016.
  2. Jutta Jacobi: Zarah Leander – Das Leben einer Diva, Verlag Hoffman und Campe, 2006
  3. Paul Seiler: Biografie der Zarah Leander. Abgerufen am 14. Juni 2020.
  4. Paul Seiler: Biografie der Zarah Leander. Abgerufen am 14. Juni 2020.
  5. Paul Seiler: Biografie der Zarah Leander. Abgerufen am 14. Juni 2020.
  6. Paul Seiler: Biografie der Zarah Leander. Abgerufen am 14. Juni 2020.
  7. Heiko Luckey: Nicht »Volksgenossin«, aber Diva: Zarah Leander, Filmstar des Dritten Reiches, in: Sybille Steinbacher (Hrsg.): Volksgenossinnen: Frauen in der NS-Volksgemeinschaft, Göttingen: Wallstein-Verlag 2007, S. 156.
  8. Vgl. im Folgenden Thomas Karny: Kontra-Alt mir rollendem „R“. In: Wiener Zeitung extra, 10. März 2007, S. 9.
  9. Berliner Tageblatt, 2. September 1937.
  10. Deutsche Allgemeine Zeitung, 27. Februar 1937.
  11. Berliner Lokalanzeiger, 2. September 1937.
  12. BZ am Mittag, 21. Dezember 1937.
  13. Rolf Giesen: Hitler’s Third Reich of the Movies, Albany (GA): BearManor Media 2020, S. 97.
  14. Paul Roland: The Nazis – The Rise and Fall of History’s Most Evil Empire, London: Arcturus, 2018, S. 383.
  15. Thomas Karny: Kontra-Alt mit rollendem „R“. In: Wiener Zeitung extra, 10. März 2007, S. 9.
  16. Zarah Leander in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 8. September 2017 (englisch).
  17. Zarah Leander-Museum in Häradshammar